03.08.2023

Beitragsreihe Methoden der Nachhaltigkeitsbewertung: „Scopes 1 – 3“ in der Unternehmensbewertung

Ein effizienter und nachhaltiger Umgang mit Ressourcen sowie Wege zur Erreichung von Klimaneutralität sind zentrale Themen der FfE. Nicht zuletzt durch die Sustainable Finance Strategie der EU gewinnen Methoden zur Bewertung von Klimaneutralität an Relevanz. In der folgenden Beitragsreihe werden Bestandteile und Kriterien der Nachhaltigkeitsbewertung vorgestellt. Der Fokus liegt auf verfügbaren Methoden, deren Einsatzgebiet und Unterschiede. Dies ist der erste Beitrag der folgenden Themen, welche nun sukzessive auf unserer Website erscheinen.

„Scopes 1 – 3“ in der Unternehmensbewertung – Hintergrund

Der Begriff der „Nachhaltigkeit“ ist in den letzten Jahren in den Fokus gerückt – auch Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren und transparent über ihre Nachhaltigkeitsleistungen zu berichten. Dieser Paradigmenwechsel wird insbesondere durch Regularien des Sustainable Finance Frameworks der EU vorangetrieben – der EU Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten, der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), und der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR). Das vorrangige Ziel besteht darin, die Dekarbonisierung der Wirtschaft voranzutreiben und den Fokus verstärkt auf die ökologische und soziale Verantwortung der Unternehmen zu lenken [1].

Eine zentrale Säule dieser Regularien ist die Offenlegung von Umweltkennzahlen, einschließlich der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen). Unternehmen werden dazu verpflichtet, ihre THG-Emissionen untergliedert nach Scope 1, 2 und 3 zu quantifizieren und entsprechend zu berichten. Dieser Schritt ermöglicht es Unternehmen, sich aktiv an der Bewältigung der Klimakrise zu beteiligen, ihre Geschäftsstrategien auf Nachhaltigkeit auszurichten und die Transformation zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft voranzutreiben.

Was sind Scope 1 – 3 Emissionen?

Während die Methode der LCA (Lebenszyklusanalyse) verschiedene Umweltwirkungen von Produkten oder Dienstleistungen bewertet, bezieht sich die THG-Bilanzierung nach Scopes auf die Organisations- bzw. Unternehmensebene. Als international anerkannte Leitlinie für die Bilanzierung der THG-Emissionen privater und öffentlicher Organisationen hat sich das GHG Protocol (Greenhouse Gas Protocol) etabliert. Durch die Einteilung in drei Bereiche („Scopes“) werden sowohl direkte als auch indirekte Quellen von THG-Emissionen erfasst (vgl. Abbildung 1) [2].

Arten der Scope 1 – 3 Emissionen vor- und nachgelagert
Abbildung 1: Übersicht der Scope 1 – 3 Emissionen (eigene Darstellung nach [2])

Scope 1:

Scope 1 Emissionen umfassen direkte THG-Emissionen, die aus Quellen stammen, die dem Unternehmen angehören oder von ihm kontrolliert werden [2,3]. Diese Quellen umfassen die folgenden Bereiche:

  • Verbrennung von Brennstoffen vor Ort (bspw. zum Heizen): Diese Emissionen resultieren aus der Verbrennung von Brennstoffen in stationären Quellen wie Kesseln, Öfen und Turbinen.
  • Geschäftsfahrzeuge/Transport: Die Emissionen aus dem Transport von Materialien, Produkten, Abfällen und Mitarbeitenden entstehen durch die Verbrennung von Brennstoffen in unternehmenseigenen oder kontrollierten mobilen Verbrennungsquellen wie Lastwagen, Zügen, Schiffen, Flugzeugen, Bussen und Autos.
  • Flüchtige Gase: Diese Emissionen entstehen durch absichtliche oder unabsichtliche Freisetzungen, z. B. durch Leckagen in der Ausrüstung oder aus Verbindungen, Packungen und Dichtungen. Hierzu zählen auch Methanemissionen aus Kohlebergwerken und Entlüftung, Emissionen von Fluorkohlenwasserstoffen (HFKW) bei der Verwendung von Kühl- und Klimaanlagen sowie Methanleckagen beim Gastransport.
  • Prozesse: Hierbei handelt es sich um Emissionen, die während der Herstellung oder Verarbeitung von Chemikalien und Materialien entstehen, wie zum Beispiel bei der Zement- oder Aluminiumproduktion, der Herstellung von Ammoniak und der Abfallverarbeitung.

Scope 2:

Scope 2 Emissionen sind indirekte THG-Emissionen. Sie entstehen, wenn Unternehmen zugekaufte Energie wie Strom, Dampf, Wärme, Kälte und Druckluft in ihren eigenen oder kontrollierten Anlagen oder Betrieben verbrauchen. Diese Emissionen entstehen physisch in der Anlage, in der der Strom oder die Energie erzeugt wird. Bei allen Scope 2 Emissionsfaktoren ist es wichtig zu beachten, dass die Emissionen aus der Vorkette der verbrannten Brennstoffe nicht enthalten sind, da diese in Scope 3 berücksichtigt werden [2,4].

Scope 2 Emissionen spielen eine bedeutende Rolle bei den indirekten Emissionen vieler Unternehmen. Die „location based“ Emissionen spiegeln die Emissionen des regionalen Strommixes (z. B. deutscher Strommix) wider. Bei der „market based“ Bilanzierung hingegen wird der Strommix des Energieversorgers (z. B. Strom aus Windkraft) berücksichtigt. Sobald ein Unternehmen „market based“ berichten möchte muss es auch die „location based“ Emissionen ausweisen.

Scope 3:

Während Scope 1 und Scope 2 die Emissionen im unmittelbaren Einflussbereich des Unternehmens umfassen, handelt es sich bei Scope 3 um indirekte THG-Emissionen aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten. Diese Aktivitäten stammen aus Quellen, die sich nicht im Besitz oder unter der Kontrolle des Unternehmens befinden [2].

Gemäß GHG-Protocol werden Scope 3 Emissionen in 14 verschiedene Kategorien unterteilt (s. Abbildung 1). Beispiele aus vor- und nachgelagerten Aktivitäten sind die Gewinnung und Produktion eingekaufter Materialien, Transport von eingekauften Brennstoffen, Nutzung von verkauften Produkten und Dienstleistungen, Entsorgung sowie Dienstreisen. Auch die Emissionen in der Wertschöpfungskette von Rohstoffen, die für Scope 1 und Scope 2 Aktivitäten verwendet werden, fallen unter Scope 3.

Vorteile für Unternehmen

Obwohl die Berichterstattung über Scope 1 – 3 Emissionen zunächst mit einem zusätzlichen Aufwand für Unternehmen verbunden ist, bietet die Erfassung auch die Grundlage für gezielte Emissionsreduktionsmaßnahmen. Auf Basis der Emissionsbilanz sowie einer Identifizierung sogenannter „Hotspots“ können individuelle Maßnahmen zur Emissionsminderung abgeleitet werden. Somit kann nicht nur der ökologische Fußabdruck reduziert, sondern auch die langfristige Resilienz des Unternehmens gestärkt werden. Durch eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit Scope 1 – 3 Emissionen können sich Unternehmen auf die verpflichtende Berichterstattung gemäß den Regularien des Sustainable Finance Frameworks der EU vorbereiten. Für Unternehmen ergeben sich zudem folgende Vorteile:

  • Kosten- und Ressourceneffizienz: Die Erfassung und transparente Berichterstattung über Scope 1 – 3 Emissionen ermöglicht es Unternehmen, sowohl ihre direkten als auch vor- und nachgelagerten Umweltauswirkungen besser zu verstehen. Dadurch können Unternehmen nicht nur ihre direkten Emissionen kontrollieren – auch indirekte Emissionen entlang der Lieferkette und Geschäftstätigkeiten können effektiv in Nachhaltigkeitsbemühungen berücksichtigt werden [2, 4]. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks kann zudem mit Kosteneinsparungen einhergehen.
  • Reputation und Stakeholder-Vertrauen: Kund:innen, Investor:innen, Mitarbeitende und andere Stakeholder erwarten zunehmend Transparenz in Bezug auf Emissionen und Nachhaltigkeitsleistung. Durch eine offene Kommunikation über ihre Umweltauswirkungen können Unternehmen das Vertrauen ihrer Stakeholder stärken. Dies kann zu einer gesteigerten Kundenloyalität, einem verbesserten Markenimage und einer erhöhten Attraktivität für Investoren führen.

Wettbewerbsvorteil und Marktpositionierung:
Nachhaltigkeit ist seit einigen Jahren zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden. Unternehmen, die ihre Scope 1 – 3 Emissionen bereits offenlegen und proaktiv nachhaltige Maßnahmen ergreifen, können sich als Vorreiter in ihrer Branche positionieren. Dies eröffnet neue Geschäftsmöglichkeiten und Partnerschaften, erleichtert den Zugang zu nachhaltigkeitsbewussten Märkten und etabliert das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber.

Wie können wir Sie unterstützen?

Die FfE hat bereits langjährige Erfahrung mit der Durchführung von Emissionsbilanzen und dem Aufbau von Methodenkompetenzen in Unternehmen. Ein Auszug aus unseren Projekten zur Lebenszyklusanalyse:

Gerne unterstützen wir auch Ihr Unternehmen bei der Vorbereitung auf die neuen Anforderungen mit:

  • Schulungen und Aufbau der methodischen Expertise im Bereich der Scope 1 – 3 Emissionsbilanzierung und „Life Cycle Assessment (LCA)“-Methodik in Ihrem Unternehmen (Link)
  • Identifizierung der Emissionshotspots & detaillierte Scope 1 – 3 Emissionsbilanzierung
  • Identifizierung individueller Maßnahmen der Emissionsreduzierung
  • Gemeinsame Entwicklung einer Emissionsminderungsstrategie

Kontaktieren Sie uns unverbindlich unter: aregett@ffe.de, +49 (0)89 158121-45 oder info@ffe.de

Literatur:

[1] Europäische Kommission. (2021). DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) …/… DER KOMMISSION zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates durch Festlegung des Inhalts und der Darstellung der Informationen, die von Unternehmen, die unter Artikel 19a oder Artikel 29a der Richtlinie 2013/34/EU fallen, in Bezug auf ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen sind, und durch Festlegung der Methode, anhand deren die Einhaltung dieser Offenlegungspflicht zu gewährleisten ist; https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=PI_COM%3AC%282021%294987 (abgerufen am 20.07.2023)

[2] World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) World Resources Institute (WRI) (2004); The Greenhouse Gas Protocol: A Corporate Accounting and Reporting Standard. Geneva, Washington D.C.: World Business Council for Sustainable Development (WBCSD); https://ghgprotocol.org/sites/default/files/standards/ghg-protocol-revised.pdf (abgerufen am 20.07.2023)

[3] World Resources Institute & wbcsd. (2013). Technical Guidance for Calculating  Scope 3 Emissions; https://ghgprotocol.org/sites/default/files/standards/Scope3_Calculation_Guidance_0.pdf (abgerufen am 20.07.2023)

[4] Umweltbundesamt (2020): Huckestein, Burkhard: Der Weg zur treibhausgasneutralen Verwaltung – Etappen und Hilfestellungen. Dessau-Roßlau; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2021_fb_weg_zur_treibhausgasneutralen_verwaltung_bf.pdf (abgerufen am 20.07.2023)