08.2021 - 01.2025

unIT-e² – Reallabor für verNETZte E-Mobilität

Ein Konsortium, bestehend aus insgesamt 31 Partnern der Bereiche Automobil- und Energiewirtschaft, IT und Ladeinfrastruktur sowie Wissenschaft, beschäftigt sich im Rahmen von vier deutschlandweiten Feldversuchen mit der vernetzten E-Mobilität. Im Fokus steht dabei die nutzerfreundliche, großflächige Umsetzung von intelligenten Ladekonzepten. Ziel ist die Entwicklung ganzheitlicher Lösungen für den weiteren Hochlauf der Elektromobilität und deren Netzintegration. Um das komplexe Thema von allen Seiten anzugehen, beteiligen sich Partner entlang der gesamten Wertschöpfungskette – vom Fahrzeug bis ins Energiesystem – an dem Verbundprojekt. Begleitet wird das Vorhaben von verschiedenen Forschungsinstituten sowohl durch analytische Arbeiten als auch die Konzeptionierung, Umsetzung und Auswertung der Feldversuche. Die Konsortialführung und damit die Steuerung des Projekts liegt bei der FfE. Gefördert wird das dreijährige Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Ein Budget von über 60 Millionen Euro steht dafür bereit.

Die Projektstruktur

Im Zentrum des Projektes unIT-e² stehen vier deutschlandweite Feldversuche, die sogenannten Cluster. In den Clustern werden von den Partnern in Begleitung der FfE Use Cases entwickelt, die im Projektverlauf in Feldversuchen demonstriert werden. Die Realisierung erfolgt in den Stadtgebieten von München und Düsseldorf (cit-E-Life) sowie in ländlich geprägten Gebieten von Ostbayern (sun-E), Niedersachsen (Harmon-E) und Nordhessen (Heav-E). Die Cluster werden über den gesamten Projektverlauf von der FfE und weiteren Forschungsinstituten durch das Teilprojekt (TP) Forschung wissenschaftlich begleitet. Im Rahmen eines TP Grid bringen die Partner Konzepte und Komponenten für die erfolgreiche Integration der Elektrofahrzeuge ins Energiesystem voran. Im Folgenden sind die einzelnen TPs und Cluster kurz beschrieben. Ausführliche Beschreibungen der TP und Clusteraktivitäten zum Stand Dezember 2023 finden sich im unIT-e² Praxisbericht.

Die Projektstruktur

Harmon-E

Im Cluster Harmon-E wird die Prozesskette von den Strom- bzw. Systemdienstleistungs-Märkten bis zur flexiblen Be- und Entladung von Elektroautos entwickelt und demonstriert. Das Ziel ist ein für die Nutzer:innen harmonisches Zusammenspiel innerhalb des energie- und netzwirtschaftlichen Gesamtsystems. Dazu laufen bereits alle Feldversuche, sodass ein erstes Zwischenfazit gezogen werden kann. Im Cluster Harmon-E liegt der Fokus auf dem marktoptimierten und zugleich netz- sowie systemdienlichen Laden von Elektrofahrzeugen. Insgesamt werden in drei Feldversuchen sechs verschiedene Use Cases entwickelt, getestet und demonstriert. Die drei Feldversuche unterscheiden sich durch den Standort, die Einbeziehung verschiedener Flexibilitäten sowie die unterschiedliche Umsetzungspriorisierung der Use Cases. Darüber hinaus werden in einer Laborumgebung die Use Cases nicht nur unidirektional sondern auch bidirektional erprobt.

Heav-E

Das Cluster Heav-E ist in Nordhessen verankert und erforscht im Rahmen des Feldtests unter der Beteiligung vieler regionaler Partner das Ladeverhalten von E-Auto-Nutzer:innen. Neben der Erfassung des Status-Quo der Netzbelastung durch Elektromobilität, d.h. wie E-Autos heute geladen werden, liegt der Schwerpunkt insbesondere auf der Untersuchung, wie sich auftretende Lastspitzen durch Ladevorgänge auf Basis gezielter Anreize für die Nutzer:innen verschieben lassen. Der Feldtest im Cluster Heav-E startete im Juli 2023 mit einer Testgruppe von 68 Personen, die über eine Lademöglichkeit am Wohnort verfügen. Die Akquise der Teilnehmenden sowie die Koordination erfolgt durch die Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Die Durchführung des Feldtests erfolgt unter Beteiligung der EAM Netz GmbH, Flavia IT-Management GmbH, der Universität Kassel und der Volkswagen AG statt.

sun-E

Das Cluster sun-E hat sich zum Schwerpunkt gesetzt unidirektionale, intelligente Ladelösungen mit dem Fokus auf private Eigenheime zu untersuchen. Dabei arbeiten die Firmen Bayernwerk, Lechwerke, TenneT, PPC, Kostal, EEBus, Consolinno und BMW an der technischen und betrieblichen Umsetzung der Use Cases und werden wissenschaftlich von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) sowie der Universität Passau unterstützt. Der Feldtest mit geplanten 20 Pilotfahrzeugen erstreckt sich über das gesamte Netzgebiet von Bayernwerk und deckt somit einen Großteil der Fläche Bayerns ab.

Cit-E-Life

Das Cluster Cit-E-Life zeichnet sich durch ein diverses Partnernetz aus. Neben den Stadtwerken München & Düsseldorf, dem ÜNB TenneT sind ebenfalls die Komponentenhersteller Consolinno und PPC, die EEBus Initiative, die FfE, sowie internationale OEMs, wie Ford und Schneider Electric, vertreten. Breit aufgestellt ermöglicht dieses Cluster diverse Perspektiven auf die Herausforderungen und technischen Lösungsräume der Integration von E-Fahrzeugen in die bestehenden Energieversorgungssysteme. Im zweiten Quartal 2023 wurden zwei weitere assoziierte Partner in das Cluster aufgenommen: die Thüringer Mess- und Zählerwesen Service GmbH (TMZ) und die Trianel GmbH. Die TMZ GmbH übernimmt als Messstellenbetreiber eine zentrale Rolle in den Feldtestversuchen, und mit der Stadtwerke-Kooperation Trianel GmbH konnte ein neuer assoziierter Partner für dieses Cluster gewonnen werden, der über sein Netzwerk an Stadtwerken vor allem auch das Feedback kleiner und mittelgroßer Stadtwerke zu den im Projekt erarbeiteten Lösungen einfließen lässt.

TP Grid

Im Rahmen eines Teilprojektes „Grid“ werden durch die Partner aus der Energiewirtschaft prozessuale und technische Lösungen für die Integration der Elektrofahrzeuge ins Energiesystem erarbeitet. Damit werden Grundlagen für die in den Realtests verwendeten Hard- und Softwarekomponenten sowie für die Steuerungs- und Regelstrategien geschaffen. Zur Integration von dezentralen kleinteiligen Flexibilitäten ins Stromnetz werden außerdem die Schnittstellen zwischen den jeweiligen Stakeholdern, den Prozess zur Erbringung von Systemdienstleistungen und die Weiterentwicklung von netzdienlichen Koordinationsmechanismen untersucht. Hier findet ein enger Austausch mit den FfE-Tätigkeiten im Teilprojekt „Forschung“ statt um wissenschaftliche Erkenntnisse zum einen in die Diskussionen einzubringen und diese zum anderen durch die Praxispartner zu „challengen“. Ziel des TP Grids ist unteranderem die Ableitung grundlegender Handlungsempfehlungen für Politik und Normungsgremien um das Gesamtziel der Interoperabilität zwischen Energie- und Automobilwirtschaft zu erreichen.

TP Forschung

Die gesamte wissenschaftliche Projekt-Begleitung wird neben der FfE von weiteren Universitäten und Instituten übernommen. Die vier Reallabore erhalten dadurch ein stabiles wissenschaftliches Fundament. Der Fokus der FfE liegt dabei insbesondere auf Energiesystem- und Verteilnetzuntersuchungen, der Weiterentwicklung von Ansätzen für den künftigen Netzbetrieb sowie der wissenschaftlichen Begleitung der Feldversuche.  Die erarbeiteten Ergebnisse werden mit praxisnahen Erkenntnissen aus der wissenschaftlichen Begleitung der Cluster und des TP Grids synthetisiert, um so die relevanten Handlungsoptionen aus Sicht der Forschung zu formulieren.

 

Forschungsinhalte der FfE unIT-e2

Eine detaillierte Aufschlüsselung der Forschungsinhalte der FfE in unIT-e² erfolgt anhand des nachfolgenden Schaubilds (Abb. 2).

Abbildung 2: Die Forschungsinhalte der FfE im Projekt unIT-e²

Im Folgenden werden die fünf Bereiche: Interoperabilität, Verteilnetze, Prognose und Vermarktung, KOALA und Energiesystem genauer unter die Lupe genommen.

Interoperabilität

Im Projekt unIT-e² werden interoperable Lösungen entlang der gesamten Wirkkette erarbeitet, weshalb Partner aus allen Branchen mit Schnittstellen zur Elektromobilität beteiligt sind: Automobilindustrie, Smart-Meter-Gateways (SMGW) Hersteller, Netzbetreiber, Energieversorger, Ladeinfrastrukturhersteller, Aggregatoren, Softwareentwickler, Betreiber von Ladeeinrichtungen und Forschung. Die Schaffung interoperabler Lösungen ohne „Lock-Ins“ oder „Walled Gardens“ fungiert als Türöffner für einen Wettbewerb der Ideen und Dienstleistungen, was eine Grundbedingung für einen erfolgreichen Markthochlauf der Elektromobilität darstellt. Im internationalen Kontext haben die Interoperabilität und eine zielorientierte Standardisierung eine große Bedeutung für den Automobilstandort Deutschland und damit hohe industriepolitische Bedeutung. Ziel der AG Systemarchitektur ist es, hierzu einen Beitrag aus dem unIT-e² Konsortium zu erarbeiten, indem die Verbindung der unterschiedlichen Akteure und Systeme untersucht und eine clusterübergreifende Gesamtarchitektur erarbeitet wird.

Hierzu wird auf die zuvor erarbeiteten Systemarchitekturen der vier Cluster zurückgegriffen und in einem dreistufigen Verfahren eine projektübergreifende Architektur entwickelt. Im Fokus sollen hierbei die im Projekt tatsächlich in den Feldtests erprobten Use Cases stehen.

Um die Interoperabilität zwischen verschiedenen Clusterlösungen zu gewährleisten, wird ein zweitägiges Plugfest veranstaltet. Das Hauptziel dieses Events besteht darin, durch umfassende Interoperabilitätstests die Interoperabilität der Cluster-Lösungen zu demonstrieren. Die Ergebnisse dieser Tests ermöglichen nicht nur eine Bewertung und Verbesserung der Interoperabilität des Gesamtsystems unIT-e², sondern bieten auch wertvolle Einblicke in die Qualität der verwendeten Standards und Normen. Zudem lassen sich Erkenntnisse über die Qualität der verwendeten Standards und Normen und deren möglicher Weiterentwicklungsbedarf ableiten.

Veröffentlichungen:

Abbildung 3: Fokus Interoperabilität

Verteilnetze

Im Kontext der Analysen zur Energiesystem-Integration bidirektionaler Elektrofahrzeuge adressiert die FfE Forschungsfragen rund um die tatsächliche Schnittstelle des Energiesystems, dem Verteilnetz. Hierbei wird in Simulationen analysiert, ob und wie die Verteilnetze, mit besonderem Fokus auf die Niederspannungsebene, dem Hochlauf flexibler Verbraucher unter verschiedenen Randbedingungen standhalten. Die Analyse des Zusammenspiels von Verteilnetzen und Elektromobilität wird im Projekt im Rahmen von vier Forschungsschwerpunkten analysiert:

  1. Simulation netzdienlicher und marktorientierten Use-Cases bidirektionaler Elektrofahrzeuge
  2. Bewertung der Repräsentativität charakteristischer Verteilnetztopologien für reale Verteilnetze
  3. Analyse von Netzgrenzen im Kontext der maximalen Anzahl integrierbarer Elektrofahrzeuge
  4. Auswertung resultierender Netzausbaubedarfen

Die Durchführung von Use-Case-Simulationen zielt darauf ab, die Auswirkungen unterschiedlicher marktorientierter und netzunterstützender Betriebsstrategien der Flexibilitäten auf die Netzbelastung zu analysieren. Zudem wird erforscht, ob sich die topologische Diversität deutscher Verteilnetze in typischen Netzstrukturen kategorisieren und abbilden lässt und wie genau diese die realen Topologien wiedergeben. Durch Netzgrenzanalysen werden für diverse Sensitivitätslevel die maximalen Kapazitätsgrenzen des aktuellen Verteilnetzes ermittelt, um Richtwerte für die Planung des Netzausbaus zu gewinnen. Ebenso wird der durch die Integration zahlreicher neuer elektrischer Verbraucher entstehende Bedarf an Netzausbau analysiert.

Veröffentlichungen:

Abbildung 4: Fokus Verteilnetze

Prognose und Vermarktung

Im Bereich Prognosen und Vermarktung gibt es folgende drei Kern-Elemente:

  • Prognosen
  • Die Mehrwerte von intelligenten Ladestrategien aus Nutzerperspektive
  • Die Rückwirkungen des Nutzerverhaltens auf das Energiesystem

Prognosen

Im Rahmen von unIT-e² wurden zunächst verschiedene Methoden zur Vorhersage von energiewirtschaftlich relevanten Größen beleuchtet und wie sich Zeitreihen generell charakterisieren lassen. Um anschließend Vorhersagemodelle bewerten und mit einander vergleichen zu können, gibt es verschiedene Metriken. Eine Auswahl an Modellen, unterschiedliche Metriken sowie ein Beispiel inklusive Code sind in drei Websitebeiträgen beschrieben und unter den Veröffentlichungen verlinkt. Für die verschiedenen Anwendungsfälle der Elektromobilität sind vor allem die Vorhersage des kurzfristigen Ladeverhaltens (insbesondere An- und Absteckzeit sowie Energiebedarf) von Elektrofahrzeugen interessant. Hierzu entwickelt die FfE das Vorhersagemodell EVision, welches als Grundlage für die Bestimmung von bereitstellbarer Flexibilität von Ladevorgängen und deren Vermarktung dient. Der Fokus liegt hier auf der Vorhersage von Parkdauer sowie Energiebedarf und deren Kombination an Unternehmensstandorten sowie für privat Kunden basierend auf realen Daten. Darüber hinaus hat die FfE ein Modell zur kurzfristigen Vorhersage von deutschen CO2-Emissionsfaktoren entwickelt. Die Methodik und Ergebnisse sind in folgender Veröffentlichung beschrieben. Ziel ist es innerhalb von unIT-e² die anwendungsbezogenen Modelle in ein generisches Modell zu überführen. Es sind weitere Veröffentlichungen zu dem Thema für das Jahr 2024 in Arbeit und werden hier ergänzt, sobald publiziert.

Veröffentlichungen:

 

Die Mehrwerte von intelligenten Ladestrategien aus Nutzerperspektive

Hier werden die Kosten und Erlöse und daraus resultierenden Gewinnen für Akteur:innen und Kund:innen für verschiedenen Use Cases in unIT-e² / aus den Clustern analysiert. Es werden nicht nur einzelnen Use Cases betrachtet sondern auch die Kombination dieser um weitere Mehrwerte für die Kund:innen zu bestimmen. Die Erlöse werden mit eFlame (Akteursmodell zur Bewertung von Flexibilitäten im Energiesystem – https://www.ffe.de/tools/eflame-electric-flexibility-assessment-modeling-environment/) bestimmt. Hierzu wird eine Multi-Use Case Kombination implementiert die eine sukzessiven Vermarktung an mehreren Spotmärkten und Kombination von zeitlicher Arbitrage/ tarifoptimiertes Laden und PV-Eigenverbrauchsoptimierung erlaubt.
Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit und betriebsbedingten Emissionen intelligenter Ladestrategien werden unter Einbezug relevanter Use Case und deren Kombinationen realistische Szenarien (heute und 2030) simuliert. Neben den möglichen (monetären) Mehrwerten für die Kund:innen ist auch relevant, wie groß das Potenzial des Use Case ist – z. B. wird dieser schnell gesättigt sein, sodass sich der Markteintritt nur als First Mover lohnt. Aufgrund einer möglichen Überlastung der Verteilnetze durch den Markthochlauf der Elektromobilität (siehe auch Kapitel zu VN-Simulationen) gibt es das Notfallelement des dimmen („§14a EnWG“) für die VNBs. Der Einfluss dieses Dimmens auf die Use Cases der Kund:innen wird ebenfalls berücksichtigt um mögliche Mehrwerte der verschiedenen Use Cases möglichst realistisch abzubilden

Veröffentlichungen

Die Rückwirkungen des Nutzerverhaltens auf das Energiesystem

Einfluss Marktdesign auf Erlöse

Um die Potenziale der marktorientierten Use Cases zu ermitteln, sowie für die Bestimmung der Erlöse an den verschiedenen Märkten sind Marktanalysen (sowohl national als auch international) notwendig. Dies betrifft sowohl die mittel- und langfristigen Entwicklungen an den Strombörsen, kurzfristige Preisentwicklungen, insbesondere an den Intraday-Märkten, wie auch die Märkte für Systemdienstleistungen, beispielsweise für Sekundärregelleistung. Zudem fallen hierunter auch potentielle Änderungen im Marktdesign, wie sie beispielsweise in Deutschland aktuell im Hinblick auf Kapazitätsmechanismen diskutiert werden.

Einfluss akteursseitiger Use Cases auf das Energiesystem – z. B. PV Eigenverbrauchsoptimierung

Bei den Analysen der möglichen Wirtschaftlichkeit von Use Cases intelligenter Elektromobilität für die Kund:innen wird zumeist von der Kunden-Perspektive gedacht. Jedoch beeinflusst diese auch das Energiesystem im Ganzen, wodurch sich wiederum Änderungen für die Kund:innen ergeben können. Daher werden in unIT-e² diese Wechselwirkungen genauer für den Use Case PV Eigenverbrauchsoptimierung mittels Elektrofahrzeuge analysiert.

Veröffentlichungen

 

Abbildung 5: Fokus Prognose & Vermarktung

KOALA: Koordinations- und Allokationsalgorithmus

Ein Notfallmechanismus, wie ihn die aktuelle Festlegung der Bundesnetzagentur zum § 14a EnWG vorsieht, soll zwar kurzfristig die Netze stabilisieren, berücksichtigt jedoch keine Opportunitäten auf Seiten der Anschlussnutzer, bietet keine Koordinierungsfunktion und nimmt damit eine ineffiziente Allokation in Kauf. Im Rahmen des Projekts unIT-e² wird daher ein marktbasierter Koordinations- und Allokationsalgorithmus (KOALA) entwickelt, der die nun erschienenen Festlegungen der BNetzA in dieser Hinsicht als freiwilliges Add-On ergänzen soll.

Der Kern des Mechanismus beruht darauf, dass begrenzte Netzkapazität im Engpassfall unter allen betroffenen Anlagenbetreibern (z.B. im selben Niederspannungsstrang) über ein Auktionsverfahren bedarfsgerecht verteilt bzw. allokiert wird. So erklärt sich auch das Projektakronym: „Koordinations- und Allokationsalgorithmus für Flexibilität. Die Auktion führt dazu, dass sich in Engpasssituationen ein Knappheitspreis bildet, der vergleichbar zu dynamischen Netzentgelten den Netzzustand widerspiegelt. Allerdings wird der Preis nicht durch den Netzbetreiber bestimmt, sondern ergibt sich Bottom-up direkt aus den Geboten und somit den Opportunitäten der Anlagenbetreiber. Ein gewisser Grundbedarf von beispielsweise 4,2 kW je steuerbarer Verbrauchseinrichtung (SteuVE) bleibt allerdings auch im Engpassfall reserviert und ist von der Auktionsmenge ausgenommen.

Ebenfalls baut das Konzept darauf auf, dass die Flexibilitätsbereitstellung durch SteuVE im Rahmen des § 14a EnWG grundsätzlich in Form einer Stabilitätsprämie über reduzierte Netzentgelte entschädigt wird. Darüber hinaus ist denkbar, die gesamten Auktionserlöse unter allen Teilnehmenden am KOALA gleichmäßig auszuschütten, um einen finanziellen Teilnahmeanreiz für das Konzept zu schaffen. Dadurch werden besonders flexible Anlagenbetreiber, die ihren Leistungsbezug in engpassfreie Zeiten verschieben, zusätzlich vergütet. Weniger flexible Anschlussnutzer erhalten über die Auktionen ein Werkzeug, um im Bedarfsfall Steuereingriffe durch den Netzbetreiber zu reduzieren, bezahlen dafür jedoch gegebenenfalls einen erhöhten Knappheitspreis.

Der KOALA Mechanismus eröffnet über den Auktionsmechanismus ebenfalls Möglichkeiten für präventives Engpassmanagement. Dabei ist zunächst vorgesehen, dass der Netzbetreiber aufgrund seiner Day-Ahead-Prognosen eine Engpasswarnung aussprechen kann, um Anlagenbetreibern die Möglichkeit zu geben, frühzeitig umzuplanen. Während des angekündigten Engpasszeitraums werden dann sequenziell Kapazitätsauktionen für die kommende 15 min-Zeitscheibe initialisiert. Dies soll Prognoseunsicherheiten minimieren und erlaubt Teilnehmenden gleichzeitig akute Leistungsbedarfe geltend zu machen. Dadurch, dass jedes Gebot an eine Zahlungsbereitschaft gekoppelt ist, erhält die Meldung gegenüber einer reinen Lastprognose zusätzliche Verbindlichkeit.

Veröffentlichungen

Abbildung 6: Fokus KOALA

Energiesystem

In diesem Teilbereich wird das Zukunftsbild der Energiewirtschaft entwickelt. Die Simulation des zukünftigen Energiesystems erfolgt mit der ISaaR (https://www.ffe.de/tools/isaar/) und betrifft sowohl den Energiemarkt als auch Übertragungsnetz-Rückwirkungen. Die Visualisierung erfolgt in ISAaR-Charts (http://www.ffe.de/isaar-charts/), einem interaktivem Dashboard basierend auf Plotly Dash.

Szenarien und Modellerweiterungen:

Das Basisiszenario wird von 2025 bis 2045 in 5 Jahres-Schritten für Europa erstellt. Weiter werden Sensitivitäten im Bereich der Integration von Elektrofahrzeugen ins europäische Energiesystem untersucht. Diese Sensitivsten sind beispielsweise neue Technologien wie 2nd Life Batteriespeicher als Konkurrenz zur intelligenten Elektromobilität oder Use Cases wie PV-Eigeneverbrauchsoptimierung mittels Elektrofahrzeugen.

Übertragungsnetz-Rückwirkungen:

Es werden zudem Netzberechnungen durchgeführt, welche die Netzbelastungen bestimmen. Diese führen zum einen zu Redispatch-Bedarfen und zum anderen können auch alternative Marktdesigns wie nodale Preise und deren Auswirkungen aus Energiesystem untersucht werden. Zusätzlich wird das Netzmodell erweitert um ein Freileitungsmonitoring abzubilden.

Energiesystem-Rückwirkungen:

Mittels der Marktberechnungen kann für ein vorgegebenes Szenario das europäische Energiesystem inkl. erzeugten Emissionen und resultierenden Kosten bestimmt werden.

Umweltwirkungen:

Im Zuge einer Metastudie wurde der ökologische Break-Even von Elektrofahrzeugen mit Verbrennern beleuchtet (https://www.ffe.de/veroeffentlichungen/welche-parameter-beeinflussen-die-oekobilanz-von-elektrofahrzeugen/). Ausschlaggebend ist dabei vor allem der Strommix in der Betriebsphase des Elektrofahrzeugs. Im Projekt wurden daher nicht nur die Emissionen auf Fahrzeugebene, sondern auch Rückwirkungen verschiedener Use Cases auf das Gesamtsystem und somit des Emissionsfaktors der Stromerzeugung untersucht.

Veröffentlichungen:

Abbildung 7: Fokus Energiesystem

Gesamtprojekt Ergebnisse

Nach dem ersten Projektjahr wurden eine Reihe von Herausforderungen identifiziert und spezifiziert, welche in der weiteren Projektbearbeitung adressiert werden. Darüber hinaus wurde auch an verschiedenen Stellen ein rechtlicher oder politischer Anpassungsbedarf festgestellt. Diese Erkenntnisse sind mit Stand November 2022 im unIT-e² Baustellenbericht 2022 für verschiedene Themenfelder innerhalb des Projekts kompakt dargestellt und ausgeführt.

Das Projekt legt als Reallabor einen besonderen Fokus auf die praktische Umsetzung und Erprobung der entwickelten Lösungen zur optimalen Integration von Elektromobilität ins Energiesystem in verschiedenen Feldtests. Diese werden im vorliegenden Praxisbericht  mit Stand Dezember 2023 schwerpunktmäßig vorgestellt und diskutiert. Nach dem Baustellenbericht nach dem ersten Projektjahr ist dieser unIT-e² Praxisbericht damit die zweite übergreifende Zwischendokumentation nach etwa zwei Projektjahren. Neben den Feldtests werden Zwischenergebnisse aus begleitenden wissenschaftlichen und rechtlichen Analysen dargestellt sowie Handlungsoptionen in Bezug auf den politischen und regulatorischen Rahmen abgeleitet.

Abbildung 8: Die Projektpartner

Das FfE-Verbundprojekt

Durch die Zusammenarbeit der FfE mit weiteren Partnern aus der Energiewirtschaft sind zusätzliche Unternehmen in das Forschungsprojekt eingebunden. Für diese Kooperationspartner ergibt sich u.a. die Möglichkeit des direkten Kontakts und des Austauschs mit den Umsetzungspartnern. Des Weiteren bieten regelmäßige Workshops einen umfassenden Wissenstransfer aus dem Projekt.

Folgende Partner unterstützen sowohl finanziell als auch mit Daten und individuellen, praxisnahen Erfahrungen die Forschungsarbeiten der FfE:

  • Energielösung4all GmbH
  • ENERVIE Vernetzt GmbH
  • Illwerke vkw AG
  • N-ERGIE Netz GmbH
  • Netze BW GmbH
  • Stadtwerke Rosenheim Netze GmbH
  • TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co. KG
  • Trianel GmbH
  • TransnetBW GmbH
  • Voralberger Energienetze GmbH

Förderung

Das Forschungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert (Förderkennzeichen: 01MV21UN11 (FfE e.V.), 01MV21UN01 (FfE GmbH)). Träger des auf drei Jahre angelegten Verbundprojekts ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).