14.09.2022

Europäische Strommarktdesigns im Vergleich

Präsentation und Vortrag auf der GSM 2022 (04.07.2022–05.07.2022) in Luzern 

Das Energiesystem verändert sich mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, wodurch mehr Flexibilität im System benötigt wird. Diese Flexibilität kann durch kleinteilige flexible Anlagen bereitgestellt werden, wofür allerdings profitable Geschäftsmodelle entstehen müssen. Diese Herausforderung gilt für ganz Europa, jedoch werden Geschäftsmodelle bzw. Vermarktungsstrategien oft explizit nur für ein einzelnes Land entwickelt. Aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen in den verschiedenen europäischen Ländern (z. B. stark unterschiedliche Erzeugungsstrukturen) unterscheiden sich die Strommarktdesigns trotz Harmonisierungsbestrebungen zum Teil stark. Dies führt zu der Frage, ob in Deutschland entwickelte Geschäftsmodelle auf andere europäische Länder übertragbar sind und welche Länder sich besonders eignen. Hierfür wurde ein ganzheitlicher Vergleich der verschiedenen Strommarktdesigns in Europa durchgeführt.

Dazu wurde folgende Methodik entwickelt (siehe Abbildung 1): Zunächst werden die Systemgrenzen – sowohl die geographischen als auch die Marktdesigngrenzen – definiert. Anschließend werden Kennzahlen zur Beschreibung der Marktmechanismen der verschiedenen europäischen Marktdesigns ermittelt. Im letzten Schritt werden die Unterschiede zwischen den Marktdesigns mehrerer europäischer Länder mit dem deutschen Marktdesign verglichen.

Methodik; Strommarktdesign, EU, Europa, NEMO, TSO
Abbildung 1: Methodik

Die geografischen Grenzen basieren zum großen Teil auf den Grenzen der Europäischen Union, wobei die Ländergrenzen zumeist mit den bestimmten Regionsgrenzen übereinstimmen. Allerdings werden kleinere Länder zusammengefasst, was zu 26 Regionen führt. Insgesamt werden 5 Marktmechanismen betrachtet: Spotmärkte, Terminmärkte, Regelenergiemärkte, Kapazitätsmechanismen und die Anzahl der Gebotszonen. Die Marktmechanismen werden mit insgesamt 19 verschiedenen Kennzahlen spezifiziert. Diese Kennzahlen sind unter anderem Preisbildung des Markts, Marktkopplung, Zeit zwischen Handel und Erbringung und minimale Gebotsgröße.

Die Auswertung der gewichteten Kennzahlen für die verschiedenen Regionen führt zu einem Wert zwischen 0 und 1, welcher die Abweichung des Strommarktdesigns im Vergleich zum deutschen Strommarktdesign angibt (siehe Abbildung 2). Die geringsten Abweichungen weisen die Nachbarländer Frankreich, Österreich, Schweiz, Belgien und die Niederlande auf, ebenso wie die Baltischen Länder, die Slowakei und Kroatien. Italien, Irland, Spanien, Großbritannien und die Tschechische Republik zeigen die höchsten Abweichungen. Die hohen Abweichungen resultieren vor allem aus den folgenden drei Aspekten: Geringe Harmonisierung der Regelenergiemärkte, mehr als eine Gebotszone und allgemein wenig Vielfalt beim Marktdesign.

Abbildung 2: Abweichungen des Strommarktdesigns im Vergleich zum deutschen Strommarktdesign