17.10.2023

Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) ist in Kraft. Was gibt es zu beachten?

Die Europäische Union hat am 01. Oktober 2023 mit der schrittweisen Einführung des sogenannten CO2-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism – kurz CBAM) gemäß der Verordnung (EU) 2023/956 (im folgenden CBAM-Verordnung genannt) [1] begonnen. Die CBAM-Verordnung soll globalen Wettbewerbs-Nachteilen von innereuropäischen Unternehmen mit hohen CO2-Zertifikatskosten entgegenwirken, indem Importe der außereuropäischen Konkurrenz mit einem vergleichbaren CO2-Preis belegt werden [1][2]. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Unternehmen in CO2-intensiven Industrien ihre Produktion in das europäische Ausland verlagern. Die CBAM-Verordnung ist ein neues Instrument des „Fit for 55“ Pakets der EU-Kommission [3] und entspricht den Vorhaben des Koalitionsvertrags der Bundesregierung für 2021 bis 2025 [4].

In diesem Artikel wird auf folgende Fragen eingegangen:

  • Warum wurde der CBAM eingeführt?
  • Wie unterscheiden sich CBAM und EU-ETS?
  • Welche potenziellen Effekte hat der CBAM?
  • Für welche Waren wird der CBAM relevant?
  • Wie funktioniert die schrittweise Umsetzung des CBAM?
  • Wie werden die grauen Emissionen berechnet?
  • Welche administrativen und rechtlichen Herausforderungen sind mit dem CBAM verbunden?
  • Welche wichtigen Termine und Deadlines sind zu berücksichtigen?

Warum wurde der CBAM eingeführt?

Bislang gibt es keine globale CO2-Bepreisung. Zur Erreichung der Klimaziele innerhalb der europäischen Union wurde 2005 der Europäische Emissionshandel (engl. EU-ETS) als zentrales Klimaschutzinstrument etabliert [5]. Hierbei müssen die betroffenen Unternehmen ihre Emissionen über den Erwerb von europäischen Treibhausgasemissionszertifikaten (EU-ETS-Zertifikat) kompensieren. Ein EU-ETS-Zertifikat umfasst dabei den Preis für eine Tonne emittierte CO2-Äquivalente. Für europäische Unternehmen in CO2-intensiven Branchen ergibt sich aus dieser CO2-Bepreisung ein wettbewerblicher Nachteil gegenüber Unternehmen derselben Branche außerhalb der EU, die keine vergleichbaren CO2-Abgaben leisten müssen.

Zur Kompensation dieser ungleichen Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen und zur Verhinderung einer Verlagerung von CO2-Emissionen in Drittländer wurde die Vergabe von kostenfreien EU-ETS-Zertifikaten an CO2-intensive Unternehmen eingeführt. Ein Sonderbericht des europäischen Rechnungshofs [6] legt jedoch nahe, dass dieses Mittel die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsanlagen hemmt.

Es findet daher nun ein Strategiewechsel innerhalb des gesamten europäischen Wirtschaftsraumes statt und die kostenfreie Vergabe von EU-ETS-Zertifikaten an europäische Unternehmen wird schrittweise reduziert [7]. Ergänzend müssen ab 2026 für nicht-ausgeglichene Treibhausgasemissionen bestimmter importierter Waren CBAM-Zertifikate erworben werden. Diese Maßnahme ahmt für europäische Unternehmen einen globalen CO2-Preis nach. Das Risiko der Abwanderung sowie der Wettbewerbsnachteil gegenüber internationalen Konkurrenten von Unternehmen in CO2-intensiven Industrien in der EU soll so entschärft werden. Zusätzlich soll ein stärkerer Anreiz für umweltfreundlichere Herstellungsmethoden in der EU sowie in Drittländern geschaffen werden, um so den globalen Klimaschutz zu fördern.

Wie unterscheiden sich CBAM und EU-ETS?

Sowohl der CBAM wie auch das EU-ETS sind Instrumente der Europäischen Union zur Reduktion von Treibhausgasemissionen. Das bereits seit 2005 geltende EU-ETS gilt für bestimmte Herstellungsprozesse und Tätigkeiten innerhalb der EU. Übergeordnetes Ziel ist es, die Dekarbonisierung voranzutreiben und gleichzeitig eine Verschiebung der CO2-Emissionen innerhalb der EU zu verhindern. Durch dieses Instrument kann aber die Verlagerung der CO2-Emissionen über die EU-Grenzen hinaus in Drittländer nicht verhindert werden. Hier setzt ab Oktober 2023 schrittweise das CBAM für den Import bestimmter Waren in das Zollgebiet der Union an. Ab der vollständigen Implementierung des CBAM im Jahr 2026 sind die beiden Instrumente vergleichbar strukturiert und über die Preisbildung der EU-ETS-Zertifikate gekoppelt.

Grundlage für die Berechnung der zu erwerbenden Zertifikate ist bei beiden Verordnungen ein abzugebender Bericht, welcher die zu berücksichtigenden grauen Emissionen ausweist. Die Preisbildung der zu erwerbenden EU-ETS-Zertifikate findet dabei über Auktionen statt, welche über knapp gesetzte Zertifikatskontingente Preisanreize zur Treibhausgassenkung geben sollen. Der Preis der CBAM-Zertifikate ist an den durchschnittlichen Kalenderwochenpreis der EU-ETS-Zertifikate gebunden und bildet so die Entwicklungen auf dem europäischen Markt nach, ohne zusätzlich Mechanismen zur Treibhausgasbeschränkung oder Einfuhrbeschränkung zu verwenden, siehe Abbildung 1. Die Handelsströme werden demnach nicht zusätzlich eingeschränkt.

Während die EU-ETS-Zertifikate von den Produzenten erworben werden müssen, werden die CBAM-Zertifikate von den Importeuren der CBAM-Waren in das Zollgebiet der Union erworben. Diese Importeure müssen über das Jahr hinweg sicherstellen zum Quartalsende mindestens 80 % der benötigten CBAM-Zertifikate erworben zu haben. Zum Jahresabschluss kann beantragt werden, dass überzählige CBAM-Zertifikate über das CBAM-Register zurückgekauft werden. Geschieht das nicht, werden die CBAM-Zertifikate zum 1. Juli jeden Jahres gelöscht. Hierdurch soll vermieden werden, dass im Laufe der Zeit die Preise der CBAM-Zertifikate von den Preisen der EU-ETS-Zertifikate durch unbeschränkten Handel zwischen den Importeuren entkoppelt werden. Da diese Instrumente ergänzend wirken, wird angestrebt, bei Novellierungen einer Verordnung die jeweils andere bestmöglich zu berücksichtigen.

Funktion des CBAMs
Abbildung 1: Überblick über die Zusammenhänge von CBAM und EU-ETS (eigene Darstellung)

Welche potenziellen Effekte hat der CBAM?

Die CBAM-Verordnung betrifft auf Grund der berücksichtigten Warengruppen einen Großteil des produzierenden Gewerbes und kann auch für Privatpersonen relevant werden. Demnach ergibt sich hieraus ein Instrument mit großem Einflusspotenzial.

Durch den Abbau der kostenfreien EU-ETS-Zertifikate und durch die Verpflichtung zum Erwerb von CBAM-Zertifikaten ab dem Jahr 2026 werden innerhalb der EU höhere Kosten bei der Produktion wie auch beim Import bestimmter Güter entstehen. Daher sind höhere Endverbraucherpreise innerhalb der EU zu erwarten. Weiterhin könnten Drittländer, die bisher noch keine CO2-Bepreisung einsetzen, dazu angeregt werden, ein solches System ebenfalls zu etablieren oder sich an das EU-ETS anzugliedern.

Die Einnahmen, die durch die CO2-Bepreisung von Importen generiert werden, könnten für die Entlastung besonders betroffener Verbraucher eingesetzt werden oder aber für weitere Klimaschutzinvestitionen. Dies könnte analog zum Innovationsfond geschehen, der über die EU-ETS-Richtlinie zur Unterstützung der Dekarbonisierung der europäischen Industrie eingeführt wurde. Je nachdem, wie sich die EU-Kommission diesbezüglich entscheidet, könnte dies die internationale Akzeptanz und Wahrnehmung des CBAM als Klimaschutzinstrument beeinflussen.

In der Vorbereitung der CBAM-Verordnung wurde eine Rückerstattung der geleisteten CO2-Abgaben für europäische Unternehmen, die in Länder exportieren, welche keinen oder einen geringeren CO2-Preis haben, diskutiert [8]. Im Jahr 2022 forderte das europäische Parlament bei der Abstimmung zum EU-ETS und CBAM einen solchen Exportausgleich [9]. In der aktuellen Fassung der CBAM-Verordnung wird diese Problematik noch nicht behandelt. Es soll jedoch eine Evaluierung der Auswirkungen des CBAM bis Ende 2024 durch die EU-Kommission erfolgen und weitere Regelungen abgeleitet werden, falls ein Wettbewerbsnachteil für exportorientierte Unternehmen identifiziert wird [10].

Für welche Waren wird der CBAM relevant?

Ob eine importierte Ware unter den CBAM fällt, hängt davon ab, ob die zugehörigen Zolltarifnummer nach der Kombinierten Nomenklatur (KN) im Anhang I der CBAM-Verordnung aufgeführt ist. Waren aus aktiven Veredelungsprozessen können ebenfalls der CBAM-Verordnung unterliegen.

Vorerst beschränkt sich das CBAM auf bestimmte direkte Treibhausgasemissionen von ausgewählten Warengruppen, welche in Anhang I der CBAM-Verordnung aufgeführt werden. Diese umfassen in reiner wie auch in verarbeiteter Form Zement, Strom, Düngemittel, Eisen und Stahl, inklusive bestimmter Waren, die aus Eisen oder Stahl hergestellt werden (z.  B. Rohre, Konstruktionen, Sammelbehälter, Fässer, Schrauben), Aluminium, ebenfalls inklusive bestimmter Waren, die aus Aluminium hergestellt werden (z. B. Rohre, Konstruktionen, Sammelbehälter, Fässer, Schrauben) und Wasserstoff, siehe Abbildung 2.

CBAM-Waren
Abbildung 2: CBAM-Waren im Überblick (eigene Darstellung)

Wie funktioniert die schrittweise Umsetzung des CBAM?

Der CBAM wird schrittweise eingeführt, daher gilt zwischen dem 01. Oktober 2023 und dem 31. Dezember 2025 ein Übergangszeitraum, in welchem Anpassungen der Regulatorik, der Methodik zur Emissionsberechnung und auch der betroffenen Warengruppen möglich sind. Die erste Spezifikation der CBAM-Verordnung vom Mai 2023 fand durch die Veröffentlichung der ersten Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773 [2] im September 2023 statt. Im Folgenden wird der Inhalt dieser beiden Verordnungen zusammengefasst.

Übergangszeitraum vom 01. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025

In dieser Phase müssen Importeure von CBAM-Waren noch keine CBAM-Zertifikate erwerben, jedoch bereits quartalsweise einen CBAM-Bericht mit Inhalten gemäß der Artikeln 33, 34 und 35 der CBAM-Verordnung (EU) 2023/956 über ihren Zollmelder oder dessen indirekten Vertreter an die EU-Kommission bis spätestens einen Monat nach Quartalsende versenden. Das erste meldepflichtige Quartal begann am 01.10.2023, daher ist der erste CBAM-Bericht bis spätestens zum 31.01.2024 zu übermitteln. Ein bereits eingereichter CBAM-Bericht kann, nach Artikel 9 Absatz der 1 CBAM-Durchführungsverordnung, noch bis einen Monat nach der Abgabefrist geändert werden. Die CBAM-Durchführungsverordnung sieht in Artikel 9 Absatz 2 für die ersten beiden Berichte eine Ausnahmeregelung vor. Die ersten zwei CBAM-Berichte können noch bis zum Ablauf der Vorlagefrist des dritten CBAM-Berichts angepasst werden, also bis zum 31.07.2024. Eine Verlängerung der Änderungsfrist ist innerhalb eines Jahres nach Ende des betreffenden Quartals bei der zuständigen Behörde zu beantragen.

Berichtszeitraum Vorlagefrist Änderungsfrist
Q4 2023 31.01.2024 31.07.2024
Q1 2024 30.04.2024 31.07.2024
Q2 2024 31.07.2024 30.08.2024
Q3 2024 31.10.2024 30.11.2024
Q4 2024 31.01.2025 28.02.2025
Q1 2025 30.04.2025 31.05.2025
Q2 2025 31.07.2025 30.08.2025

Tabelle 1: CBAM Berichtszeiträume und Fristen

Für das abgelaufene Quartal ist die genaue Menge der betroffenen importierten Warenart in Tonnen bzw. Megawattstunden (MWh) zu melden. Ergänzend sind das Herkunftsland, die Produktionsstätten, sowie Spezifikationen zum Produktionsweg und die mit den Waren verbundenen spezifischen grauen Emissionen aus dem Produktionsprozess sowie relevanter Vorläuferstoffe in Tonnen CO2e-Emissionen je Tonne bzw. MWh zu benennen. Die zu beachtenden Warenkategorien sowie deren Produktionswege, Systemgrenzen und relevante Vorläuferstoffe sind in Anhang II der CBAM-Durchführungsverordnung.

Weiterhin sind Angaben zum eventuell bereits im Herkunftsland gezahlten CO2-Preis zu machen, wobei jede verfügbare Ausfuhrerstattung oder andere Form von Ausgleich zu berücksichtigen ist. Einen Überblick über die notwendigen Angaben und deren Detaillierungsgrad gibt der Anhang I CBAM-Durchführungsverordnung.  Da die Abgabe des Berichts verpflichtend ist, sind bei einem Verstoß gegen die Berichtspflicht Sanktionen nach Artikel 16 der CBAM-Durchführungsverordnung vorgesehen.

Die Berichtsabgabe erfolgt über das sogenannte CBAM-Übergangsregister, eine elektronische Datenbank der Europäischen Kommission, und erfordert eine Registrierung über das enthaltene CBAM-Portal für Unternehmen. In Deutschland koordiniert dieses Verfahren inhaltlich die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt). Einen Zugang zum CBAM-Portal erhalten Unternehmen in Deutschland über das Zoll-Portal. Sowohl die DEHSt wie auch das Zoll-Portal stellen hierzu weitere Informationen und Hilfestellungen auf ihren Webseiten zur Verfügung. Zudem wurde von der Europäischen Kommission ein Benutzerhandbuch für das CBAM Portal veröffentlicht.

Vollständige Implementierung des CBAM ab dem 01. Januar 2026

Ab diesem Zeitpunkt können CBAM-Güter nur noch von sogenannten zugelassenen CBAM-Anmeldern in das Zollgebiet der EU eingeführt werden. Zudem tritt das Kernelement des CBAM, die Abgabepflicht von CBAM-Zertifikaten entsprechend der Menge der auszugleichenden grauen Emissionen der importierten Waren in Kraft.

Importeure von CBAM-Gütern sind ab 2026 verpflichtet sich als sogenannte CBAM-Anmelder im CBAM-Register zu registrieren, oder sich durch zugelassene CBAM-Anmelder vertreten zu lassen. Die EU-Kommission stellt hierfür entsprechende Prozesse und Unterlagen bereit. National beauftragte Behörden werden die Einhaltung dieses Prozesses überwachen.

Weiterhin sind CBAM-Anmelder zu jährlichen CBAM-Berichten verpflichtet. Hierin sind für das vergangene Kalenderjahr unter anderem Angaben zu der genauen Menge der importierten CBAM-Güter in Tonnen bzw. MWh zu machen. Die zugehörigen grauen Emissionen müssen nach Vorgaben der CBAM-Verordnung berechnet werden und die Angaben durch eine akkreditierte Prüfstelle verifiziert werden. Von der Gesamtmenge der berechneten grauen Emissionen können die bereits im Herkunftsland tatsächlich gezahlten CO2-Preise und die in der EU kostenfrei ausgegebenen EU-ETS-Zertifikate abgezogen werden, siehe Abbildung 3. Für die verbleibenden noch nicht-ausgeglichenen grauen Emissionen müssen CBAM-Zertifikate erworben und abgegeben werden. Die Gesamtzahl der abgegebenen CBAM-Zertifikate ist im Bericht zu dokumentieren. Es sind Sanktionen vorgesehen, wenn ein CBAM-Anmelder nicht ausreichend CBAM-Zertifikate abgegeben hat. Für jede nicht berichtete Tonne CO2 droht eine Strafzahlung von 10 bis 50 €.

Berechnung CBAM-Zertifikate
Abbildung 3: Berechnungsverfahren zur Bestimmung der Menge der abzugebenden CBAM-Zertifikate, eigene Darstellung

Der Handel der CBAM-Zertifikate soll über eine zentrale Plattform der EU-Kommission erfolgen. Hierbei ist festgelegt, dass ein CBAM-Zertifikat einer Tonne CO2e an mit einer Ware verbundenen grauen Emissionen entspricht. Der Preis eines CBAM-Zertifikats basiert auf dem durchschnittlichen Kalenderwochenpreis für EU-ETS-Zertifikate.

Die CBAM-Verordnung soll kontinuierlich weiterentwickelt werden. Bis zum Ende des Übergangszeitraumes wird die EU-Kommission bereits an einer Methode für die erweiterte Berücksichtigung indirekter Emissionen arbeiten und die Möglichkeit prüfen, zusätzliche Produkte einzubeziehen. Bis Ende 2027 will die Europäische Kommission eine vollständige Überprüfung der CBAM vornehmen. Einbezogen werden sollen dabei auch mögliche Fortschritte bei den internationalen Verhandlungen über den Klimawandel sowie die Auswirkungen auf die Einfuhren aus Entwicklungsländern, insbesondere aus den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs). Bis 2030 sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen.

Wie werden die grauen Emissionen berechnet?

Im CBAM werden Treibhausgase, welche durch die Warenherstellung in die Atmosphäre freigesetzt werden, als Emissionen bezeichnet. Anhang I der CBAM-Verordnung gibt Aufschluss über die aktuell je Warenart berücksichtigten THG-Emissionen. Diese umfassen CO2 (Kohlenstoffdioxid), N2O (Distickstoffmonoxid) und PFC (Perfluorierte Kohlenwasserstoffe).

Die zu berichtenden grauen Emissionen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen. Berücksichtigt werden zum einen die direkten Emissionen, die beim Herstellungsprozesses einer Ware freigesetzt werden, einschließlich der Emissionen die ortsunabhängig bei der Erzeugung von Wärme und Kälte für den Herstellungsprozess der Ware entstehen. Zum anderen werden indirekten Emissionen, die bei der Erzeugung des zur Warenherstellung benötigten Stroms freigesetzt werden, einbezogen. Die indirekten Emissionen sind nach Anhang II der CBAM-Verordnung für Strom, Zement und Düngemittel zu erfassen.

Außerdem werden die CBAM-Waren in einfache und komplexe Waren unterschieden. In die Herstellung einfacher Waren gehen nur Vorläuferstoffe und Brennstoffe ein, für welche keine grauen Emissionen zu berücksichtigen sind. Komplexe Waren setzten sich dagegen aus Vorläuferstoffen zusammen, für welche graue Emissionen aus deren Herstellungsprozess zu berücksichtigen sind. Diese sind zuerst zu ermitteln und dann den grauen Emissionen der komplexen Waren hinzuzurechnen. Aufschluss über die zu berücksichtigenden relevanten Vorläuferstoffe gibt Anhang II der Durchführungsverordnung.

Die Berechnung der grauen Emissionen erfolgt nach den Vorgaben aus Anhang IV der CBAM-Verordnung und den Spezifikationen in Anhang III Durchführungsverordnung. Es ist vorgeschrieben die beste verfügbare Datenquelle zu wählen. In Anhang III A.3 der Durchführungsverordnung werden hierzu wichtige Leitprinzipien definiert. Grundsätzlich gilt, dass die Ermittlung der direkten und der indirekten Emissionen zunächst anlagenspezifisch erfolgen. Anschließend werden die warenspezifischen Produktionsprozesse zugeordnet, um schlussendlich die spezifischen grauen direkten und indirekten Emissionen je einer Tonne Ware zu berechnen.  Generell wird angestrebt über Primärdaten aus Monitorings vor Ort sogenannte tatsächliche Emissionen zu ermitteln, welche dann zur Berechnung der spezifischen grauen Emissionen verwendet werden.

Da die Einrichtung entsprechender Monitoringsysteme Zeit benötigt, ist eine schrittweise Etablierung der geforderten Verfahren angedacht. Zunächst ist es bis zum 31. Juli 2024 zulässig andere als die in der CBAM-Verordnung und in der Durchführungsverordnung benannten Methoden zur Emissionsbestimmung zu verwenden, falls für die vorgesehenen Methoden benötigte Angaben fehlen. Für diesen Fall werden von der EU Kommission Standardwerte zur Verfügung gestellt, die bereits zum Teil in Anhang III der Durchführungsverordnung enthalten sind. Bis zum 31. Dezember 2024 müssen dann bereits genauere Berechnungsverfahren eingehalten werden, welche sich jedoch noch an den Gegebenheiten der Produktionsstätten vor Ort orientieren können, sofern diese vergleichbar mit den schlussendlich anvisierten Ermittlungsverfahren sind. Bereits ab dem Jahr 2025 sind die spezifischen grauen Emissionen über eine von zwei vorgegebenen Ansätzen zu ermitteln. Diese beruhen entweder auf einer Verrechnung von gemessenen Stoffströmen einer Produktionsanlage mit Berechnungsfaktoren aus Laboranalysen bzw. vorgegebenen Standartwerten der EU-Kommission oder auf Messungen des Abgasstroms sowie der darin enthaltenen Treibhausgase einer Produktionsanlage. Die weitere Spezifikation dieser Methoden wird in Anhang III B der Durchführungsverordnung ausgeführt. Zur Unterstützung der Datenerhebung und Übermittlung stellt die EU-Kommission einen Leitfaden, sowie einen Excel-Tabelle zur Verfügung.

Fristen Emissionswertberechnung
Abbildung 4: Fristen der zulässigen Verfahren zur Emissionswertberechnung, eigene Darstellung

Welche administrativen und rechtlichen Herausforderungen sind mit dem CBAM verbunden?

Große Herausforderungen bei der Umsetzung des CBAM liegen vor allem im administrativen und rechtlichen Bereich. Die EU-Kommission will den administrativen Aufwand durch die Bereitstellung von Vorlagen und die digitale Abwicklung der Vorgänge über eine einheitliche Plattform geringhalten.

Jedoch birgt die detaillierte CO2-Bilanzierung aller betroffenen importierten Waren einige Herausforderungen, besonders da nötige Prozesse zur Datenerhebung über den gesamten Produktionsweg einer Ware erst noch etabliert werden müssen. Hierfür sind nicht nur sprachliche, sondern auch technische und logistische Hürden zu überwinden. Darüber hinaus ist ein grundlegendes Verständnis für die Ermittlung von Treibhausgasen nötig, um die vorgeschriebenen Methoden des CBAM sinnvoll verwenden zu können. Weiterhin ist eine kontinuierliche Aktualisierung der Daten zu etablieren. Die schrittweise Einführung der CBAM-Verordnung und die bereitgestellten Bearbeitungshilfen sollen hierbei maßgeblich unterstützen.

Von Anfang an erfordert die Umsetzung des CBAM den Auf- oder Ausbau von Fachwissen und je nach Datenlage Zeit für die Erhebung und Dokumentation der geforderten Informationen. Zudem erfordert der wirtschaftliche Umgang mit den CBAM-Zertifikaten ab 2026 die Etablierung neuer administrativer Prozesse. Diese sind für den quartalsweisen Kauf der benötigten CBAM-Zertifikate nötig. Auch die korrekte Ermittlung der jährlich abzugebenden CBAM-Zertifikate, erfordert ergänzende Informationen über kostenlos vergebene EU-ETS-Zertifikate. Außerdem muss jedes Jahr bis zum 30 Juni der Rückkauf der überzähligen CBAM-Zertifikate beantragt werden, andernfalls werden diese gelöscht.

Es ist umstritten, ob die Umsetzung des CBAM mit den Grundsätzen der World Trading Organization (WTO) vereinbar ist. Die EU Kommission ist der Meinung, dass der CBAM mit den geltenden Bestimmungen kompatibel ist. Es besteht jedoch die Gefahr, dass Handelspartner der EU die Maßnahme als Handelshemmnis wahrnehmen und mit Gegenmaßnahmen reagieren. Sie könnten zum Beispiel das CBAM-System vor dem WTO-Gremium anfechten. Die Einführung des CBAM könnte deshalb zu handelsrechtlichen und -politischen Auseinandersetzungen führen. Ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten.

Ebenfalls von der EU-Kommission zu beobachten ist inwiefern versucht wird die CBAM-Verordnung zu umgehen. Dies könnte beispielsweise durch kleine Veränderungen bei den importierten Waren erfolgen, sodass sie KN-Codes zugeordnet werden, welche nicht unter das CBAM fallen. Dem könnte mit einer Ausweitung der berücksichtigten Waren entgegnet werden.

Welche wichtigen Termine und Deadlines sind zu berücksichtigen?

  • 10.5.2023: Verordnung (EU) 2023/956 (CBAM-Verordnung) verabschiedet
  • 1.10.2023 CBAM-Verordnung tritt in Kraft
  • 15.8.2023 CBAM-Durchführungsverordnung(EU) 2023/1773 zur Regelung des Übergangszeitraumes
  • Bis 31.01.2024 erster CBAM-Bericht über das 4. Quartal 2023 abzugeben
  • Bis 31.07.2024 erleichterte Berechnungsmethode der grauen Emissionen zulässig
  • Ab 31.12. 2024: Nur autorisierte CBAM-Anmelder dürfen CBAM-Waren in die EU importieren
  • Bis 30.06. 2025 weiteren Durchführungsrechtsakt gemäß Artikel 7 Absatz 7
  • Bis 31.12. 2025 Übergangszeitraum
  • Ab 1.01.2026: Beginn der Vollimplementierung, d. h. Pflicht zum Zertifikatkauf mit phasenweiser Steigerung der Kostenbelastung über die folgenden Jahre
  • Bis 2034: Schrittweiser Abbau der kostenlosen EU-ETS-Zertifikate für CBAM-Waren
Termine und Deadlines
Abbildung 5: Wichtige Termine und Deadlines der CBAM-Implementierung, eigene Darstellung

Literatur

[1] Europäisches Parlament und Europäischer Rat (2023): VERORDNUNG (EU) 2023/956 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. Mai 2023 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R0956 (abgerufen am 11.10.2023).

[2] Europäisches Kommission (2023): DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2023/1773 DER KOMMISSION vom 17. August 2023 mit Vorschriften über die Anwendung der Verordnung (EU) 2023/956 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die im Übergangszeitraum geltenden Berichtspflichten für die Zwecke des CO2-Grenzausgleichssystems.  https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R1773 (abgerufen am 11.10.2023).

[3] Agora Energiewende, Agora Verkehrswende SK (2021): Klimaschutz-Sofortprogramm. https://static.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2021/2021_06_DE_100Tage_LP20/A-EW_229_Klimaschutz-Sofortprogramm_WEB.pdf (abgerufen am 11.10.2023).

[4] SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP (2021): Koalitionsvertrag 2021-2025. Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (abgerufen am 11.10.2023).

[5] Europäisches Parlament und Europäischer Rat (2003): RICHTLINIE 2003/87/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32003L0087 (abgerufen am 11.10.2023).

[6] Europäischer Rechnungshof (2020): Emissionshandelssystem: kostenlose Zuteilung von Zertifikaten gezielt vornehmen. https://op.europa.eu/webpub/eca/special-reports/emissions-trading-system-18-2020/de/ (abgerufen am 11.10.2023).

[7] Umweltbundesamt Deutsche Emissionshandelsstelle (2022) (DEHSt): Europäischer Emissionshandel. https://www.dehst.de/DE/Europaeischer-Emissionshandel/Reform-Perspektiven/Carbon-Leakage-Schutz/carbon-leakage-schutz_node.html (abgerufen am 11.10.2023).

[8] Agora Energiewende, Wuppertal Institut (2019): Klimaneutrale Industrie: Schlüsseltechnologien und Politikoptionen. https://www.agora-energiewende.de /veroeffentlichungen/klimaneutrale-industrie-hauptstudie/ (abgerufen am 11.10.2023).

[9] Europäisches Parlament (2022): CBAM: Parliament pushes for higher ambition in new carbon leakage instrument. https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220603IPR32157/cbam-parliament-pushes-for-higher-ambition-in-new-carbon-leakage-instrument (abgerufen am 11.10.2023).

[10] Umweltbundesamt (2023): Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM) in der EU. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/einfuehrung-eines-co2-grenzausgleichssystems-cbam (abgerufen am 11.10.2023).