13.03.2024

Deutsche Strompreise an der Börse EPEX Spot im Jahr 2023

  • Deutsches Strompreisniveau sinkt nach 2022 wieder deutlich, geringerer Einfluss des Gaspreises als im Vorjahr
  • Über 300 Stunden mit negativen Preisen am Day-Ahead-Markt, wovon 260 Stunden in die „4-Stunden-Regel“ fallen
  • Starke Preisvolatilität, Preisspreads weiterhin auf hohem Niveau

Deutscher Base Strompreis sinkt unter das Niveau von 2021

Nach den extremen Preisanstiegen im Jahr 2022, insbesondere ausgelöst durch eine Reduktion und schließlich ein vollständiges Aussetzen der russischen Gasimporte nach Deutschland, sind die Preise im Jahr 2023 wieder deutlich gesunken. Sie lagen dabei in etwa auf dem Niveau von 2021, in welchem insbesondere im vierten Quartal die Preise durch bereits reduzierte Gaslieferungen deutlich angestiegen waren. Das Niveau der Jahre vor 2021 wurde jedoch noch nicht erreicht. Der Jahresmittelwert der Grundlast (EPEX Base Preis) fiel auf 95,2 €/MWh. Die durchschnittlichen Preise der Spitzenlast (Peak load; durchschnittlicher Preis an den Werktagen Montag bis Freitag von 8 – 20 Uhr) fielen auf 106,2 €/MWh und der Schwachlast (Offpeak load; durchschnittlicher Preis aller Stunden, die nicht im Peak sind) auf 89,1 €/MWh. Abbildung 1 stellt die Entwicklung der Strompreise für Base, Peak und Offpeak für die Jahre 2017 bis 2023 dar. Das Verhältnis von Peak zu Base liegt im Jahr 2023 bei etwa 1,1 und damit etwas geringer, als in den Vorjahren.

Abbildung 1: Entwicklung des Base-, Peak- und Offpeak-Preises am deutschen Day-Ahead-Markt seit 2017 basierend auf Daten der EPEX Spot [1]

Das Absinken der Strompreise lässt sich auf der einen Seite auf die gesunkenen Gaspreise zurückführen. Zudem wurde im Jahr 2023 mit ca. 56 % der Gesamterzeugung mehr Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugt als je zuvor [2]. Dies zeigt sich auch in der geringeren Kopplung von Strom- und Gaspreis als im Vorjahr 2022 (siehe Analyse der Strompreise 2022), in welchem der Strompreis stark durch die Bewegungen des Gaspreises beeinflusst wurde. Im Jahr 2023 bewegten sich beide Preise auf einem deutlich geringeren Niveau als im Vorjahr, der Strompreis wies jedoch eine deutlich höhere Volatilität auf, als der relativ konstante Gaspreis, wie in Abbildung 2 dargestellt. Dabei weist der tägliche Base-Strompreis deutliche Schwankungen auf und liegt an einigen Tages des Jahres, insbesondere zu Beginn und um die Weihnachtsfeiertage Ende des Jahres nahe 0€/MWh. Am 02.07.2023 fällt der mittlere, tägliche Preis mit -53,9 €/MWh deutlich in den negativen Bereich.

Abbildung 2: Brennstoffpreise und CO2-Preis im Vergleich zum täglichen, sowie dem auf die Wo-che gemittelten Base-Strompreis am Day-Ahead-Markt basierend auf Marktdaten aus [1], [3], [4], [5] und [6]

Auch in der Charakteristik der stündlichen (Day-Ahead-Markt) bzw. viertelstündlichen (kontinuierlicher Intraday-Handel) Strompreise des Jahres 2023, dargestellt in Abbildung 3, lassen sich deutliche Preisspreads erkennen. Das Tagesprofil wird wie in den vorherigen Jahren 2019, 2020 und 2021 insbesondere im Sommer geprägt durch die hohe Photovoltaik-Einspeisung während der Tageszeit. 2022 hatten extreme Preisschwankungen diesen Effekt noch überlagert. Insbesondere im Vergleich zum Jahr 2022 trat dabei 2023 jedoch eine deutliche Häufung negativer Preise auf, welche Im folgenden Abschnitt ausführlicher betrachtet werden.

Abbildung 3: Strompreise am Day-Ahead-Markt und im kontinuierlichen Intraday-Handel im Jahr 2023 nach Daten der EPEX SPOT [1]

Deutlicher Anstieg der negativen Preise

Die Anzahl negativer Preise liegt dabei mit 301 Stunden am Day-Ahead Markt auch deutlich über der Anzahl von Negativpreisen in den Jahren 2019 und 2020, in denen der Spotmarktpreis bereits vermehrt unter 0 €/MWh gefallen war. Die Negativpreise im Jahr 2023 können dabei in drei Phasen unterteilt werden:

  • Zum einen gab es eine starke Häufung negativer Preise um beide Jahreswechsel herum insbesondere nachts, sowohl in den ersten Tagen des Jahres sowie am Ende des Jahres ca. ab dem 22.12. mit geringen negativen Preisen von im Schnitt -2,54 €/MWh.
  • In den Übergangsmonaten März und April, sowie September und Oktober fielen an Tagen mit einem insgesamt geringen Preisniveau aufgrund von erneuerbare Energien Einspeisungen die Preise ebenfalls teilweise in den Negativbereich mit einem Schnitt von -2,17 €/MWh.
  • In den Sommermonaten ab Ende Mai bis Anfang August traten zu den Mittagsstunden deutliche bis extreme negative Preise auf von im Schnitt -27,05 €/MWh. Den Tiefpunkt des Jahres erreichten die Preise am Day-Ahead-Markt am 02.07.2023 mit -500 €/MWh für die Stunde von 14 bis 15 Uhr. In dieser Stunde lag laut Daten der entso-e die Einspeisung durch die Erneuerbaren Energieträger mit 49,7 GWh deutlich über dem Stromverbrauch von 46,1 GWh. Zusätzlich erzeugten konventionelle Kraftwerke 7,1 GWh, auf der anderen Seite wurden Strom durch die Befüllung von Pumpspeicherkraftwerken eingespeichert. [2],[7]

Insgesamt war die Anzahl negativer Preise im letzten Jahr somit so hoch wie nie an den deutschen Spotmärkten, jedoch lagen viele Preise um 0 €/MWh. Die Anzahl von extremen negativen Preisen war jedoch ähnlich zu den Jahren 2019 und 2020, wie aus Tabelle 1 abgelesen werden kann. Davon fiel ein deutlicher Anteil von 260 Stunden in die 4-Stunden Regel, nach welcher bei Negativpreisen in mindestens vier aufeinanderfolgenden Stunden für den Zeitraum dieser Stunden nicht nur keine EEG-Vergütung mehr an die Anlagen ausbezahlt wird, sondern diese auch die Negativpreise für ihre Einspeisung selbst tragen müssen (sh. auch unsere Strompreisanalyse aus 2019 für eine ausführlichere Erläuterung). Im EEG 2023 wurde die schrittweise Anhebung dieser Regelung beschlossen, bei der die Mindestanzahl von Stunden negativer Preise für eine Aussetzung der Regelungen der EEG-Vergütung beginnend mit dem Beschlusszeitpunkt sukzessive verkürzt wird, bis 2027 bei negativen Preisen bereits bei einer Stunde negativer Preise auch seitens sonst EEG-vergüteter Anlagen grundsätzlich der Marktpreis gezahlt wird [8]. Diese Regelung greift jedoch nicht für privat betriebene Anlagen, also insbesondere private Photovoltaik Anlagen, welche im Jahr 2023 Rekordausbauzahlen aufgewiesen hatten [9].

Trotz des gesunkenen Preisniveaus traten jedoch auch im Jahr 2023 weiterhin starke Preisspitzen auf und fast die Hälfte der Spotmarktpreise waren über 100 €/MWh. Dies liegt deutlich über der Anzahl von Preisen über 100 €/MWh in 2021 (sh. Tabelle 1), in welchem das Preisniveau insgesamt höher war (sh. Abbildung 1).

Tabelle 1: Analyse des Anzahl von Negativpreisen, sowie sehr hohen Preisen an den deutschen Spotmärkten in den Jahren 2019 bis 2023 nach Daten der EPEX SPOT [1]

Jahr Day-Ahead Markt Intraday-Auktion Viertelstündlicher kontinuierlicher Intraday-Handel (Average Price)
Anzahl negative Preise 2023 301 1721 1729
2022 69 679 568
2021 139 784 796
2020 298 2041 1783
2019 211 1095 1142
Anzahl Preise > 100 €/MWh 2023 4106 16934 17014
2022 7368 29337 29104
2021 2667 11211 11254
2020 25 170 261
2019 7 45 213
Anzahl Preise < -50 €/MWh 2023 21 171 138
2022 15 38 7
2021 10 106 94
2020 27 204 261
2019 21 76 158

Trotz des insgesamt wieder stark gesunkenen Preisniveaus wies das Jahr 2023 aufgrund der hohen Anzahl negativer Preise auf der einen und deutlich dreistelliger Preise auf der anderen Seite deutliche Preisspreads auf, wenn auch geringere Spreads als im Vorjahr 2022.

Tabelle 2 zeigt hierzu den maximalen stündlichen und täglichen Preisspread sowie die innerstündliche und innertägliche Standardabweichung der Strompreise am Day-Ahead- und am Intraday-Markt für das Jahr 2023 im Vergleich zu den vorherigen Jahren auf. Die mittleren Standardabweichungen werden durch den jährlichen Mittelwert der Standardabweichungen des Strompreises je Tag bzw. Stunde berechnet. Sowohl der maximale Preisspread als auch die mittleren Standardabweichungen der Strompreise als Maß der Volatilität lagen dabei im Jahr 2023 zwar unter den Werten von 2022, jedoch deutlich über den Werten von 2021. Die steigende Preisvolatilität bietet dabei attraktive Erlöspotenziale für Speicher und Flexibilitäten, welche auch in diesem Jahr trotz des gesunkenen Preisniveaus von hohen Preisspreads profitieren konnten.

Tabelle 2: Analyse des Preisspreads und der Standardabweichung der Strompreise an den deutschen Spotmärkten in den Jahren 2019 bis 2023 nach Daten der EPEX SPOT [1]

Jahr Day-Ahead-Markt
(stündlich)
Intraday-Auktion
(viertelstündlich)
Viertelstündlicher kontinuierlicher
Intraday-Handel
(mittlerer Preis)
täglich täglich stündlich täglich
stündlich
Maximaler Preisspread
in €/MWh
(gemittelt über das Jahr)
2023 97,9 176,2 45,1 213,3 42,2
2022 187,0 292,7 81,6 322,4 71,3
2021 80,3 138,2 37,4 143,5 33,8
2020 32,5 70,0 20,2 79,1 18,0
2019 30,1 53,3 16,3 62,7 14,3
Standardabweichung
in €/MWh
(gemittelt über das Jahr)
2023 28,8 35,9 19,8 39,8 18,6
2022 57,3 67,2 35,9 69,2 31,5
2021 24,5 29,7 16,4 30,1 14,8
2020 9,4 13,8 8,9 14,9 8,0
2019 9,0 11,7 7,2 13,0 6,4

Eine Analyse der europäischen Day-Ahead-Preise kann an dieser Stelle gefunden werden.

Quellen

[1] EPEX SPOT. 2023. “Market data“, https://www.epexspot.com/en/market-data

[2] EEX European Energy Exchange. 2023. „Spot market data – THE“, https://www.eex.com/en/market-data/natural-gas/spot

[3] Organization of Petroleum Exporting Countries (OPEC). 2023. „OPEC Basket Price“, https://www.opec.org/opec_web/en/data_graphs/40.htm.

[4] ICE. 2023. „ Brent Crude Futures February 2023“, https://www.theice.com/products/219/Brent-Crude-Futures/data?marketId=5280993

[5] EEX European Energy Exchange. 2023. “EU CO2 Emission Allowances 2024”, https://www.eex.com/en/market-data/environmentals/futures

[6] Entso-E Transpareny Plattform. 2023. “Actual Generation per Production Type”, Data view (entsoe.eu)

[7] Entso-E Transpareny Plattform. 2023. “Total Load – Day Ahead / Actual”, Data View (entsoe.eu)

[8] Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023). § 51 Verringerung des Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen. Fassung vom 01.01.2023.

[9] Bundesregierung. 2023. „Solarpaket I – Mehr Solarstrom, weniger Bürokratie“, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/solarpaket-photovoltaik-balkonkraftwerke-2213726