22.09.2023

Einordnung der Ziele zur Reduktion des Endenergieverbrauchs aus dem Energieeffizienzgesetz

Im Auftrag der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK München) ist diese Analyse zum neuen Energieeffizienzgesetz entstanden. Sie hat das Ziel, die Auswirkungen und Herausforderungen dieses Gesetzes aufzuzeigen und die damit verbundenen Implikationen für Unternehmen und die Region zu beleuchten. Im Energieeffizienzgesetz (EnEfG) wurden erstmals Ziele zur Reduzierung des Endenergieverbrauchs (EEV) in Deutschland festgelegt. In dieser Analyse werden diese Ziele für Deutschland und Bayern im Vergleich zu historischen Daten, dem aktuellen Stand und ausgewählten Szenarien aus der Energie- und Klimapolitik betrachtet.

Die Kernergebnisse in der Übersicht:

  1. Die im EnEfG anvisierte EEV-Reduktion für 2030 und 2045 in Deutschland wird in den Klimaschutzszenarien von dena, BDI und AGORA nicht erreicht. Der EEV liegt in den untersuchten Zielszenarien im Jahr 2030 zwischen 1.963 TWh (dena-KN100) und 2.090 TWh (BDI 2.0) und für das deutsche Zieljahr 2045 zwischen 1.429 TWh (BDI 2.0) und 1.598 (KNDE-2045). Das EnEfG visiert einen EEV i.H.v. 1.867 TWh bzw. 1.400 TWh für die Jahre 2030 bzw. 2045 an.
  2. Unter den Zielszenarien des „Bayernplan Energie 2040“ wird das 2040er EEV-Ziel des EnEfG nur im Suffizienzszenario „AgreE“ erfüllt. Die 2030er Zielmarke wird in allen Szenarien verfehlt. Der EEV liegt in den untersuchten Zielszenarien im Jahr 2030 zwischen 311 TWh (AgreE) und 368 TWh (bEElated) und für das bayerische Zieljahr 2040 zwischen 216 TWh (AgreE) und 287 TWh (bEElated). Werden die Ziele des EnEfG eins-zu-eins auf Bayern übertragen, sollen 2030 maximal 275 TWh und im bayerischen Zieljahr 2040 maximal 228 TWh Endenergie verbraucht werden.
  3. Die bayerischen und deutschen Zielszenarien rechnen mit einem moderaten Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum. Die erzielte EEV-Reduktion basiert vor allem auf der Umsetzung technischer Maßnahmen. In den untersuchten Szenarien sinkt der EEV hauptsächlich aufgrund der Umsetzung von klassischen Effizienzmaßnahmen und der Elektrifizierung des EEV in den Endenergiesektoren (v.a. Wärmepumpen und Elektromobilität). Das Suffizienzszenario AgreE stellt eine Ausnahme dar. Dort wird zusätzlich suffizienteres Verhalten in allen Sektoren unterstellt.

Einordnung der Ziele für Deutschland

Die geplanten Reduktionen des EEV sind ambitioniert: Bis 2030 soll der EEV im Vergleich zu 2008 um 26,5 % gesenkt werden, bis 2040 um 39 % und bis 2045 sogar um 45 %. In Abbildung 1 sind der EEV für die Jahre 2008 und 2019, die Zielsetzungen und einige Szenarioergebnisse zur Entwicklung des EEV in Deutschland dargestellt.

Um diese Ziele in Deutschland zu erreichen, ist eine Reduktion des EEV erforderlich. Im Vergleich zu 2019 müsste der EEV bis 2030 um etwa 630 TWh und bis 2045 um 1100 TWh gesenkt werden. Die Wahl des Jahres 2019 als Vergleichsjahr berücksichtigt die temporären Effekte der Corona-Pandemie und des Ukrainekrieges, die voraussichtlich keine langfristigen Auswirkungen auf den EEV haben werden.

Zum Vergleich: Zwischen 2008 und 2019 konnte der EEV in Deutschland um etwa 50 TWh gesenkt werden, was etwa einem Zehntel der im EnEfG für den Zeitraum von 2024 bis 2030 festgelegten Reduktionsziele entspricht. Dies verdeutlicht die erheblichen Anstrengungen, die erforderlich sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Im Vergleich zu den EEV-Niveaus in gängigen energie- und klimapolitischen Zielszenarien von Organisationen wie AGORA Energiewende, dena und BDI zeigt sich, dass die neuen Ziele in einer ähnlichen Größenordnung liegen.

Abbildung 1: Historische Werten des Endenergieverbrauchs, Ziele zur Reduktion und Szenarien für Deutschland
Abbildung 1: Historische Werten des Endenergieverbrauchs, Ziele zur Reduktion und Szenarien für Deutschland

Die vorgestellten Szenarien, entwickelt von verschiedenen Instituten und Beratungsunternehmen innerhalb der letzten zwei Jahre, zeigen mögliche Wege zur Klimaneutralität in Deutschland auf. Dabei wird ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Bruttowertschöpfung berücksichtigt, jedoch keine wesentlichen Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs durch Verhaltensänderungen. Die EEV-Reduktion in diesen Szenarien erfolgt hauptsächlich durch technische Effizienzsteigerungen und Elektrifizierung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die EEV-Ziele zwar ambitioniert sind, aber notwendig, um die Klimaziele zu erreichen, ohne den Wohlstand und Komfort der Bevölkerung zu beeinträchtigen.

Einordnung der Ziele für Bayern

In Bezug auf Bayern (siehe Abbildung 2) erfordert die Umsetzung der nationalen EEV-Zielsetzungen im Vergleich zu 2019 eine Reduzierung um etwa 137 TWh bis 2030 bzw. 184 TWh bis 2040. Das Jahr 2040 wurde als Referenzjahr gewählt, da Bayern fünf Jahre vor Deutschland klimaneutral sein will. Unter der Annahme, dass im Jahr 2040 in Bayern die gleiche prozentuale Reduktion wie im Jahr 2045 in Deutschland (45 % gegenüber 2008) erreicht werden muss, würde dies eine Reduktion des bayerischen EEV um 206 TWh ab 2019 bedeuten.

Zum Vergleich: Zwischen 2008 und 2019 stieg der EEV in Bayern um etwa 10 %. Die historische Entwicklung und der verkürzte Zeitrahmen zur Erreichung der Klimaziele bedeuten, dass Bayern eine intensivere jährliche EEV-Reduktion im Vergleich zum Bundesdurchschnitt umsetzen muss, um die Ziele des EnEfG zu erreichen. Diese Herausforderung für Bayern ist somit besonders anspruchsvoll.

 

Abbildung 2: Ziele zur Reduktion des Endenergieverbrauchs, historische Werten und Szenarien für Deutschland

Der Endenergieverbrauch im Szenario E.Plan des „Bayernplan Energie 2040“

Die Wirkung unterschiedlicher Maßnahmen auf die EEV-Reduktion im Szenario E.plan wird im Zeitraum von 2019 bis 2040 für Bayern detailliert analysiert. Abbildung 3 zeigt die Auswirkungen verschiedener Maßnahmenkategorien. Diese umfassen das Wirtschaftswachstum, klassische Energieeffizienzmaßnahmen, den Energieträgerwechsel sowie sektorspezifische Maßnahmen.

  • Das anhaltende Wirtschaftswachstum von etwa 1 % p.a. führt bis 2040 zu einem Anstieg des EEV um 22 TWh, während gesteigerte Energieeffizienz aufgrund technologischer Fortschritte zu einer Reduktion des EEV um 79 TWh führt.
  • Der Wechsel zu effizienteren elektrischen Technologien führt zu einer Verminderung des EEV um 111 TWh.
  • Insgesamt ergibt sich eine Reduktion des EEV um 173 TWh.

Im Verkehrssektor steigt der EEV aufgrund des Wirtschaftswachstums um 7 TWh bis 2040, während die Umstellung auf elektrische Fahrzeuge zu einer Reduktion um 52 TWh führt. Der Modal Shift auf die Schiene trägt zusätzlich mit 6 TWh zur Reduktion bei, was zu einer Gesamt-EEV-Reduktion von ca. 52 % führt.

Abbildung 3: Endenergieverbrauch nach Maßnahmenkategorie
Abbildung 3: Endenergieverbrauch nach Maßnahmenkategorie

Im Bereich der privaten Haushalte und Gewerbe, Handel und Dienstleistungen führt das Wirtschaftswachstum zu einem Anstieg des EEV um 7 TWh. Effizienzgewinne bei Raumwärme, Warmwasser und Stromanwendungen reduzieren den EEV um 43 TWh. Der Energieträgerwechsel, einschließlich Elektrifizierung und Einsatz erneuerbarer Energien, verringert den EEV um weitere 48 TWh. Insgesamt ergibt sich eine Reduktion des EEV in diesen Sektoren um 41 %.

Weitere Informationen: