06.03.2024

Beitragsreihe Carbon Management: CCS – Wie kann CO2 gespeichert werden?

Mit der festen Verankerung der europäischen Klimaneutralitätsziele bis 2050 rückt die Thematik des Carbon Managements in den Fokus nachhaltiger Umweltpraktiken. Die Herausforderung besteht nicht nur darin, die Emissionen zu reduzieren, sondern auch unvermeidbare Emissionen effektiv zu managen. Dies erfordert den Einsatz von Technologien zur CO2-Abscheidung, die entweder eine unterirdische Speicherung (Carbon Capture and Storage – CCS) oder die Integration in einen geschlossenen Kohlenstoffkreislauf (Carbon Capture and Utilization – CCU) ermöglichen. Diese Beitragsreihe gibt einen Überblick über Abscheidungstechnologien, Verwendungsmöglichkeiten des CO2, Speicherverfahren, sowie Transportoptionen und politische Bestrebungen im Kontext Carbon Management.

Abbildung 1: CO2-Abscheidung, Transport und Speichermöglichkeiten. Abbildung aus [9].

Geologische Formationen für CO2-Speicherung

Zur untertägigen Speicherung von CO2 bieten sich verschiedene geologische Formationen an (siehe Abbildung 1). Die effizienteste Methode zur CO2-Speicherung erfolgt dabei im Porenraum von Gesteinen in mindestens 800 m Tiefe. Durch die Druck- und Temperaturbedingungen in dieser Tiefe liegt CO2 in einem überkritischen Zustand mit hoher Dichte vor.

Besonders geeignet ist die Nutzung von erschöpften Erdgas- und Erdöllagerstätten, da deren Deckschichten nachweislich über Millionen von Jahren Gase und Flüssigkeiten zurückgehalten haben. Die Geologie dieser Felder ist außerdem gut erforscht. Angesichts der Tatsache, dass viele Öl- und Gasfelder sich dem Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer nähern, bieten erschöpfte Felder eine vielversprechende Möglichkeit zur CO2-Speicherung.

Hierbei kann CO2 beispielsweise durch das Verfahren der Enhanced Oil Recovery (EOR) gespeichert werden. Dabei wird CO2 in Ölfelder injiziert, um kurz vor Produktionsende die Ölgewinnung zu verbessern. Ein Teil des eingeleiteten CO2 verbleibt dabei im Feld, wodurch dieses Verfahren auch zur CO2-Speicherung genutzt werden kann. EOR wird vor allem in den USA schon kommerziell genutzt. Zu beachten ist hierbei jedoch, dass die Förderung und anschließende Verbrennung des geförderten Öls zu weiteren CO2-Emissionen führt.  Bislang gibt es keine praktischen Erfahrungen mit dem sogenannten Enhanced Gas Recovery (EGR). Bisherige Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass auch hier die Gasförderung durch die Injektion von CO2 verbessert werden kann. Die Vermeidung unerwünschter Vermischung von Erdgas und CO2 ist dabei noch Forschungsgegenstand. Das Speicherpotenzial in erschöpften Öl- und Gasfeldern in Europa wird auf ca. 25 Gt CO2 geschätzt [1].

Eine weitere Möglichkeit zur untertägigen Speicherung bieten tiefe salinare Aquifere. Diese bilden mit knapp 500 Gt CO2 das größte CO2-Speicherpotenzial in Europa ab [1]. Dazu im Vergleich: Die CO2-Emissionen in Europa im Jahr 2021 betrugen knapp 3 Gt. Die technische und wirtschaftliche Machbarkeit der CO2-Speicherung in salinaren Aquiferen wurde bereits in mehreren groß angelegten kommerziellen Projekten an verschiedenen Standorten weltweit nachgewiesen.

Die Speicherpotenziale für Europa nach [1]  sind in Abbildung 2 im Vergleich zu dem kumulierten Speicherbedarf nach dem EU Referenz Szenario 2020 [2] aufgetragen. Nach diesem Szenario wären die europäischen Speicherpotenziale in etwa 340 Jahren ausgeschöpft.

Abbildung 2: Kumulierter CO2-Speicherbedarf in Europa nach dem EU Referenz Szenario 2020 bis zum Jahr 2200 [2] im Vergleich zu den Speicherpotenzialen [1].

Um sicherzustellen, dass zwischen der Bereitstellung und der Abnahme von abgeschiedenem CO2 für die weitere Nutzung (siehe Beitrag 4) eine zeitliche Flexibilität besteht, sind gegebenenfalls zusätzlich Zwischenspeicher erforderlich. Hier können sowohl salinare Aquifere, oberirdische Speichervorrichtungen, als auch in geringerem Umfang das Speicherpotenzial des Leitungsnetzes Abhilfe schaffen. Bei einer erneuten Verwendung von CO2 in der Grundstoffchemie, beispielsweise für die Herstellung von Kunststoffen, fungieren diese Kunststoffe gleichzeitig als temporäre CO2-Speicher während ihrer Lebensdauer.

Rückhaltemechanismen und Leckagerisiko bei geologischer Speicherung

Um die sichere Speicherung von CO2 zu gewährleisten, muss CO2 langfristig und möglichst ohne Leckagen unter der Erde verweilen. Dabei hält eine Kombination aus physikalischen und chemischen Mechanismen das CO2 in Porenspeichern wie salinaren Aquiferen und erschöpften Öl- und Gasfeldern zurück. Diese sind über verschiedene Zeitintervalle in verschiedenen Ausmaßen wirksam, wie in Abbildung 3 zu sehen ist [3].

Abbildung 3: Rückhaltemechanismen bei der CO2-Speicherung über Zeitintervalle [3]
  • Struktureller Rückhalt (engl. „structual trapping“): Da das CO2 nach Injektion eine geringere Dichte als Wasser aufweist, muss das Aufsteigen des CO2 durch Gesteinsstrukturen zurückgehalten werden. Normalerweise geschieht dies durch Barrieregestein wie Ton oder Salz und bildet damit die vorherrschenden Rückhaltemechanismus in den ersten Jahren der Speicherung.
  • Kapillarer Rückhalt (engl. „residual gas trapping“): Kapillare Kräfte halten das CO2 fest, wenn die Porenräume im Speichergestein so eng sind, dass das CO2 trotz der Dichtedifferenz zum Umgebungswasser nicht mehr aufsteigen kann. Diese Phase erfolgt vorrangig während des Aufstiegs des CO2.
  • Lösungsrückhalt (engl. „solubility trapping“): Ein Teil des CO2 löst sich über die Zeit im salinaren Gewässer des Speichergesteins. Die Lösung ist dabei schwerer als das umgebende Formationswasser, so dass es hier zu einer Abwärtsbewegung kommt.
  • Mineralischer Rückhalt (engl. „mineral trapping“): Nach ca. 100 Jahren kann das CO2 mit gesteinsbildenden Mineralen reagieren, wodurch sich das CO2 kristallisiert. Der mineralische Rückhalt wird in der Regel als stabilste und sicherste der vier Mechanismen betrachtet, ist jedoch in typischen sedimentären Gesteinen sehr langsam und erstreckt sich über Zeiträume von Jahrhunderten und Jahrtausenden.

Trotz der genannten Rückhaltemechanismen ist ein Austreten von CO2 durch Bohrlöcher sowie entlang von geologischen Störungen grundsätzlich möglich. Das Potenzial für Leckagen hängt daher von der Integrität von Bohrlöchern, Deckgestein und Deckgebirge ab [9]. In Alcalde et al. [4] werden in einer numerischen Modellierung der potenziellen Leckage-Risiken für gut regulierte Speicherstätten Leakageraten von 0.00005% bis 0.003% pro Jahr berechnet, welche über die Speicherdauer hinweg abnehmen. Demnach würden auch nach 10000 Jahren noch 98 % des eingeleiteten CO2 in der Speicherstätte verbleiben. Die berechnete Leakagerate befindet sich damit in einem deutlich niedrigeren Bereich, als die von Stakeholdern angegebene akzeptable Leakagerate von ca. 0.01 % pro Jahr. In einem Worst-Case Szenario mit schlechter Regulierung der Speicherstätten würden laut Berechnungen in der Modellierung nach 10000 Jahren nur noch 78 % des gespeicherten CO2 in dem Reservoir verbleiben [4].

Kosten für die geologische CO2-Speicherung

Die Kosten für die Speicherung von CO2 sind abhängig von der geologischen Formation (erschöpfte Gas- und Ölfelder oder salinare Aquifere), sowie von den standortspezifischen Gegebenheiten. Da die bestehende Infrastruktur für erschöpfte Öl- und Gasfelder gegebenenfalls für CCS Anwendungen genutzt werden kann, werden in manchen Studien niedrigere Kosten im Vergleich zu der Speicherung in salinare Aquiferen erwartet [5]. Entstehende Kosten für die Integritätsprüfung könnten dem entgegenwirken. Generell wird die Speicherung in Offshore Gebieten teurer eingeschätzt als Onshore [6]. Die Kosten für die Onshore-Speicherung von CO2 belaufen sich bei einer Speicherrate von 6 Mt/a (entspricht einer leicht höheren Speicherrate als Planungen in dem Pilotprojekt Northern Lights) auf etwa 7,6 €/t.

Um einen sicheren Betrieb ohne Leckagen sicherzustellen, ist außerdem ein Monitoring der Speicheranlage notwendig. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich auf etwa 6,7 € pro Tonne CO2 (Basisjahr 2023) [6]. Für die Offshore Speicherung fallen Kosten von 8-19 € pro Tonne CO2 an [5].

Nutzungskonkurrenz zur Speicherung von Wasserstoff

Im Zuge der Energiewende wird Wasserstoff immer weiter an Bedeutung gewinnen. Durch die fluktuierende Erzeugung aus erneuerbaren Energien sowie einer saisonale Abhängigkeit der Wasserstoff Nachfrage, werden große Speicherbedarfe für Wasserstoff erwartet. Hierbei kommen sowohl Kavernenspeicher als auch Porenspeicher für die Speicherung in Frage. Die Nutzung von Porenspeichern, wie salinare Aquifere und erschöpfte Gas- und Ölfelder zur CO2-Speicherung steht damit in Konkurrenz zu der Nutzung als Wasserstoffspeicher. Wegen technischer Herausforderungen durch mögliche physikalisch-chemischen und biochemischen Wechselwirkungen in Aquiferen ist die Speicherung in Salzkavernen aus geologischer und ökonomischer Sicht allerdings die vielversprechendere Art der Speicherung für Wasserstoff, sodass zunächst hier Potenziale genutzt werden sollten [7].

Geplante und bestehende Speicherprojekte

Das bislang einzige CO2-Speicherprojekt in Deutschland erfolgte am Pilotstandort Ketzin westlich von Berlin, wo von Juni 2008 bis August 2013 etwa 67.000 Tonnen CO2 in einem salinaren Aquifer gespeichert wurden. Das norwegische Sleipner-Projekt führt bereits seit 1996 in großem Maßstab die CO2-Speicherung durch. Das aktuelle norwegische Großprojekt „Northern Lights“ wird voraussichtlich als erstes Projekt im industriellen Maßstab die gesamte CCS-Prozesskette – CO2-Abscheidung, CO2-Transport und CO2-Speicherung – abdecken. Neben Northern Lights sind zahlreiche weitere CO2-Transport- und -Speicherprojekte als „Project of Common Interest“ (PCI) [8] aufgeführt, wie z.B. Aramis, Norne, Pycasso und ECO2CEE (Nachfolge von EU CCS Interconnector). Durch die Einstufung als PCI erhalten sie besondere Unterstützung, erleichterten Zugang zu Finanzierungsmitteln und beschleunigte Genehmigungsverfahren.

Literatur

[1] Anthonson, Karen: EU Geological CO₂ storage summary. Copenhagen: Geological Survey of Denmark and Greenland, 2021.

[2] Capros, Pantelis et al.: EU Reference Scenario 2020 – Energy, transport and GHG emissions – Trends to 2050. Brüssel: European Commission, 2021.

[3] Ismail, Ismail: Carbon Capture, Utilization, and Storage in Saline Aquifers: Subsurface Policies, Development Plans, Well Control Strategies and Optimization Approaches—A Review. In: Clean Technologies 2023, 5, 609–637. Athens, Greece: National Technical University of Athens, 2023. DOI: https://doi.org/10.3390/cleantechnol5020031.

[4] Alcalde, Juan: Estimating geological CO2 storage security to deliver on climate mitigation. In: NATURE COMMUNICATIONS (2018)9:2201. Aberdeen: University of Aberdeen, 2018. DOI: 10.1038/s41467-018-04423-1.

[5] The Costs of CO2 Storage – Post-demonstration CCS in the EU. Brussels, Belgium: European Technology Platform for Zero Emission Fossil Fuel Power Plants, 2009.

[6] Smith, Erin: The cost of CO2 transport and storage in global integrated assessment modeling. In: International Journal of Greenhouse Gas Control Volume 109, July 2021, 103367. Cambridge, MA, USA: Massachusetts Institute of Technology, 2021.

[7] Warnecke, Matthias: Untertägige Speicherung von Wasserstoff – Status quo. Berlin: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), 2021.

[8] THE UNION LIST OF PROJECTS OF COMMON INTEREST AND PROJECTS OF  MUTUAL INTEREST (‚UNION LIST‘) (Annex PCI PMI list). Ausgefertigt am 2023-11-28, Version vom 2023-12-28; Brussels – Belgium: European Commission, 2023.

[9] Geologische CO2-Speicherung – was ist das eigentlich?. Hannover: CO2GeoNet, 2009. ISBN: 978-2 -7159-2456-7.