06.2023 - 10.2024

DIVE – Digitale Identitäten als Vertrauensanker im Energiesystem

Die Energiewende und die damit einhergehende Elektrifizierung von Verbrauchern erfordert datenschutzkonforme, vertrauenswürdige und sichere Datenhaltung und Kommunikationswege. Es ist entscheidend, dass energiewirtschaftliche Assets – vom Kraftwerk bis zum Wechselrichter – digital erfasst sind und ihre Eigenschaften (z. B. Kraftwerkstyp, Leistung, Ort) vertrauenswürdig zur Verfügung stehen. Nur so können sie an verschiedenen System- und Mehrwertdienstleistungen teilnehmen, ohne dass Inkonsistenzen bei den Daten oder Risiken, z. B. bei der Doppelvermarktung auftreten können.

Im Future Energy Lab der Deutschen Energie-Agentur (dena) wurde dass Projekt DIVE gestartet. DIVE erprobt verschiedene Anwendungsfälle im Energiesystem der Zukunft in einem Pilotbetrieb. Dazu gehören Herkunftsnachweise, schneller Lieferantenwechsel und das Angebot von Flexibilität durch Kleinanlagen. Die involvierten Energieanlagen werden mit digitalen Identitäten ausgestattet, sodass sie schnell und flexibel zwischen verschiedenen Märkten und Anwendungen wechseln können. DIVE konzentriert sich auf die Gewährleistung des Vertrauens und der Sicherheit, um den geforderten automatischen Wechsel zu ermöglichen. Es untersucht, wie Anlagen oder Geräte im Energiesystem mit sicheren digitalen Identitäten ausgestattet werden können und welche Strukturen für das entsprechende Identitätsmanagement erforderlich sind. Dabei soll der Fokus darauf liegen, dass Daten vertrauenswürdig und datenschutzkonform gehalten und ausgetauscht werden.

Motivation

Das Energiesystem der Zukunft wird aus Millionen (Kleinst-)Anlagen bestehen. Für eine effiziente Energieversorgung sollen diese ihre Leistung automatisiert in verschiedenen Anwendungsfällen wie der Bereitstellung von Flexibilität, Eigenverbrauch oder Energy Sharing wechselnd zur Verfügung stellen. Dies funktioniert nur, wenn sicher, eindeutig und vertrauensvoll nachgewiesen werden kann, dass die teilnehmenden Anlagen wirklich existieren und entsprechende Leistungen für die Anwendungsfälle erbracht werden können.

Ein Beispiel:

Ein größerer Batteriespeicher kann auf dem Markt die Preisspreads – also die Differenz verschiedener Bepreisungen ausnutzen – verschiedene Regelleistungsprodukte anbieten, Flexibilität an den Verteilnetzbetreiber verkaufen und die Überschüsse einer lokalen Energiegemeinschaft zwischenspeichern. Gleichzeitig soll die Information über die Stromherkunft (trotz Zwischenspeicherung) nicht verloren gehen.

Mittels digitaler Identitäten und sogenannter “verifibale credentials“, verifizierter Anlagendaten, können alle Anbieter, Aggregatoren, Dienstleister oder Plattformen, die mit dem Speicher interagieren, eindeutig sicherstellen, dass es sich um den Speicher handelt. Außerdem gewährleistet das System, dass der Speicher nicht gleichzeitig widersprüchliche Angebote macht. Also negative Sekundärregelleistung (Speicher lädt) an den ÜNB verkauft und gleichzeitig positive Flexibilität (Speicher entlädt) an den VNB verkauft oder in mehreren Energiegemeinschaften bzw. lokalen Märkten die Leistung doppelt vermarktet wird.

Zielsetzung

Ziel von DIVE ist es, die Identifizierung und Authentifizierung von Anlagen mittels digitaler Maschinen-Identitäten (SSI) weiterzuentwickeln, das dezentrale Identitätsmanagement in unterschiedlichen anwendungsorientierten Szenarien zu testen und einen Transformationspfad für die breite Anwendung digitaler Identitäten in der Energiewirtschaft zu entwickeln.

DIVE erprobt das Identitätsmanagement in folgenden Anwendungsfällen:

  • Feingranularer Ausweis der Stromherkunft
  • Teilnahme von (Kleinst-)Anlagen an Flexibilitätsmärkten
  • Schneller Lieferantenwechsel an E-Ladesäulen

Die geplante Infrastruktur ist nachfolgend dargestellt.

Projektstruktur

Das Projekt DIVE baut auf dem Vorgängerprojekt Blockchain Machine Idendity Ledger (BMIL) auf, in dem insbesondere die technische Machbarkeit der Anlagenanbindung an ein dezentrales Identitätsregister gezeigt wurde.

Im ersten Arbeitsschritt wird die erarbeitete Technologie aus dem Vorgängerprojekt aktualisiert und das Identitätsregister aufgebaut, optimiert und in Betrieb genommen. Der zweite Arbeitsschritt beschäftigt sich mit der Verknüpfung des aufgebauten Identitätsregisters an Anwendungen, die im darauffolgenden Arbeitsschritt pilotiert werden. Bei der Anbindung des Identitätsregisters wird ein Software Development Kit (SDK) verwendet, welches eine Abstraktion des Identitätsregisters ermöglicht und die Integration der Funktionalitäten in die Anwendungen erleichtert. In diesem Arbeitsschritt werden die Registrierung sowie die An- und Abmeldung von Anlagen umgesetzt. Außerdem wird die Skalierbarkeit des Systems erprobt.

In einem weiteren Arbeitsschritt werden in verschiedenen Anwendungsfällen Registrierungs- sowie An- und Abmeldevorgänge im Identitätsregister erprobt. Damit soll der Mehrwert des Identitätsregisters anschaulich demonstriert werden. Durchgespielt werden sollen die Anwendungsfälle zur Generierung von Herkunftsnachweisen, Bereitstellung von Flexibilität und zum schnellen Wechsel des Stromlieferanten an Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.

Die in den vorherigen Arbeitsschritten erstellten Anwendungen sollen in abstrahierter Form einer Bibliothek zugeführt werden. Dieses “Smart Contract Register” versteht sich als eine Art “App Store” für vertrauenswürdige, dezentrale Anwendungen und Logik-Bausteine, aus denen mit wenig Aufwand weitere Anwendungen hervorgehen können. Die Inhalte des “Smart Contract Registers” sind also insbesondere unter freien Lizenzen für jeden verfügbar. Der Fokus liegt auf einer von der Implementierung unabhängigen Beschreibung der Eingaben, Ausgaben, Bedingungen und Logik der Smart Contracts.

Ein allumfassender Arbeitsschritt entwickelt ein Zielbild eines Energiesystems mit einer Identitätsverwaltung und dazugehörigen Governance-Regelungen. In vorherigen Arbeitsschritten entwickelte Anwendungen werden rechtlich-regulatorisch und technisch-ökonomisch bewertet. Außerdem wird ein Entwicklungspfad abgeleitet, wie sich das Energiesystem vom heutigen Stand zum Zielbild hin entwickeln kann.

FfE-Inhalte im Projekt

Die FfE bringt ihre Expertise im Bereich der Anwendungsfälle ein und koordiniert die Projektumsetzung. Im Projekt InDEED wurden Herkunftsnachweise eingehend analysiert und in Bezug auf eine alternative Lösung sorgfältig getestet. Im Projekt C/sells entwickelte die FfE den Altdorfer Flexmarkt, welcher mit dem Bayerischen Energiepreis 2022 ausgezeichnet wurde. In den Projekten B10X, InDEED und PEAK konnte sich die FfE bereits intensiv mit Marktkommunikation und Lieferantenwechsel beschäftigen. Durch ihre langjährige methodische Kompetenz sorgt die FfE für einen strukturierten Austausch zwischen den Partnern und unterstützt den Entwicklungsprozess, sodass die geplante Infrastruktur und Use Cases zusammenpassen.

Die FfE konzeptioniert und konkretisiert verschiedene Use Cases und stellt eine Umsetzbarkeit innerhalb der gegebenen Regulatorik sicher.