15.12.2021

Welche Auswirkungen haben CO2-Verminderungsmaßnahmen auf die Flexibilität industrieller Prozesse und Technologien?

Zusammenfassung der Ergebnisse des Papers „Auswirkungen von industriellen CO2-Verminderungsmaßnahmen auf die Flexibilität von Prozessen und Technologien“ im Rahmen des 17. Symposium Energieinnovation, 16.-18.02.2022, Graz/Austria

 

Mit der Verschärfung des Klimaschutzgesetzes im Juni 2021 hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 65% ggü. 1990 zu senken und bis 2045 treibhausgasneutral zu werden [1]. Für die Umsetzung der Ziele kommt der Industrie eine zentrale Rolle zu, auch da sie etwa 2018 für 23% der deutschen Treibausgasemissionen verantwortlich war.

Um die industriellen Treibhausgase zu senken, ist die Transformation konventioneller Technologien hin zu einer treibhausgasarmen Produktion notwendig [2]. Um den erneuerbar erzeugten Strom von Windenergie- und Photovoltaikanlagen effizient in der derzeit hauptsächlich brennstoffbasierten Industrieproduktion zu nutzen, bietet sich die direkte Elektrifizierung von Prozessen und Technologien an.

Jedoch geht das zukünftig wachsende volatile Stromangebot aus erneuerbaren Energiequellen mit neuen Herausforderungen hinsichtlich des Ausgleichs von Stromangebot und -nachfrage einher [3]. Der Modus Operandi, bei dem das Stromangebot an die Nachfrage angepasst wird, ist so nicht aufrechtzuerhalten [4].

Bisher sind den Autoren keine Studien bekannt, welche die tiefgreifende CO2-Verminderung sowie Flexibilität im Industriesektor gemeinsam betrachten. Ziel ist es deshalb, die beiden Themenkomplexe miteinander zu verbinden und die Auswirkungen von disruptiver CO2‑Verminderung auf die Flexibilität im Industriesektor zu quantifizieren. Die Autoren veröffentlichen im Rahmen des 17. Symposium Energieinnovation im Februar 2022 ein Paper zur Thematik, deren Ergebnisse vorab schon durch die Infografik zusammengefasst werden.

Abbildung 1: Infografik - Die wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse

Folgende Ziele verfolgen die Analysen des Papers:

  • Konstruktion einer Methode, mit welcher die Entwicklung von Flexibilitätspotenzialen und weiteren flexibilitätsrelevanten Parametern von Prozessen und Technologien in einem Industriemodell abgeleitet werden können
  • Erfassung von disruptiven CO2-Verminderungsmaßnahmen, welche sich auf die Flexibilitätspotenziale im Industriesektor auswirken.
  • Herausarbeitung inwiefern sich die Umsetzung der identifizierten und ausgewählten CO2-Verminderungsmaßnahmen auf das Flexibilitätspotenzial und die weiteren flexibilitätsrelevanten Parameter von Prozessen und Technologien in der Industrie auswirkt.

Die folgenden Kernaussagen ergeben sich aus den Analysen:

  • Es ergibt sich ein zusätzliches positives bzw. negatives Flexibilitätspotenzial von 7,7 GW bzw. 6,3 GW in 2050 ggü. 2018.
  • Etwa 85 % (90%) des Anstiegs positiver (negativer) Flexibilitätspotenziale im Jahr 2050 ist auf den Einsatz von Wärmepumpen und Elektrodenkessel zurückzuführen
  • Selbst bei gleichbleibend hohen Strompreisspreads ist ein deutlicher Hochlauf der verfügbaren Flexibilitätsenergie ggü. 2018 zu beobachten. Die zusätzliche Flexibilitätsenergie in 2050 ggü. 2018 beträgt 10,8 TWh.

Literatur:

[1]   Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes. Ausgefertigt am 2021-06-24, Version vom 2021-08-18; Berlin, Bonn: BMWI, BMU, 2021.

[2]   Joas, Fabian et al.: Klimaneutrale Industrie – Schlüsseltechnologien und Politikoptionen für Stahl, Chemie und Zement. Berlin, Wuppertal: Agora Energiewende, 2019.

[3]   Dufter, Christa; Guminski, Andrej; Orthofer, Clara; von Roon, Serafin; Gruber, Anna: Lastflexibilisierung in der Industrie – Metastudienanalyse zur Identifikation relevanter Aspekte bei der Potenzialermittlung in: Paper und Vortrag bei der IEWT 2017 in Wien. München: Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH, 2017

[4]   Sauer, Alexander et al.: Energieflexibilität in der deutschen Industrie – Ergebnisse aus dem Kopernikus-Projekt – Synchronisierte und energieadaptive Produktionstechnik zur flexiblen Ausrichtung von Industrieprozessen auf eine fluktuierende Energieversorgung (SynErgie). Stuttgart: Fraunhofer IPA und EEP, 2019. ISBN 978-3-8396-1479-2.