Status quo der Netzbelastung im Verteilnetz der Stadt München
Das Stadtbild einer Metropole wie München weist eine sehr große Diversität auf, so unterscheidet sich die Innenstadt mit all ihren Gewerbebetrieben und hochgewachsenen Mehrfamilienhäusern deutlich von den, nur wenige Kilometer entfernten, suburbanen Einfamilienhaus-Siedlungen. Äquivalent zur sichtbaren Siedlungsstruktur weist auch das die Gebäude elektrisch miteinander verbindende Verteilnetz sowie die darin angeschlossenen Komponenten regionale Unterschiede auf. Die daraus resultierenden Unterschiede des Status quo der Netzbelastung wird unter anderem im Projekt „München elektrisiert“ untersucht, um im Anschluss die möglichen Veränderungen der Belastung durch die mit der Verkehrswende zunehmende Elektrifizierung des Verkehrssektors abzubilden.
Modellierung der Netzbelastung im Verteilnetz der Stadt München
Basierend auf der bereits erfolgten Charakterisierung der Netzbelastung sowie der Einteilung des Stadtgebiets in entsprechende Cluster wurden für das Stadtgebiet Münchens (in Abstimmung mit dem zuständigen Verteilnetzbetreiber) geeignete Untersuchungsgebiete identifiziert, in welchen repräsentativ für das gesamte Stadtgebiet der Status quo der Netzbelastung ermittelt wurde. Zur Realisierung dieses Vorhabens wurden für die Gebiete Verteilnetze und die darin primär angeschlossenen, elektrischen Komponenten modelliert, um mögliche Ausprägungen des Status quo der Netzbelastung vollumfänglich abzubilden und diesen mittels Lastflussberechnungen zu ermitteln.
Aus statistischen Daten dieser Untersuchungsgebiete wurden zunächst regional typische Verteilnetztopologien für die Niederspannungsebene erzeugt. Bereits hier zeigten sich die deutlichen Unterschiede in der Siedlungsstruktur, so versorgt ein typisches Verteilnetz in der Innenstadt eine signifikant geringere Anzahl an Gebäuden. Diese ist insbesondere durch die tendenziell größeren Gebäude im Stadtzentrum zu begründen, welche in einem weiteren Schritt, basierend auf den im Cluster-Prozess berücksichtigten energetischen und infrastrukturellen Metadaten aus dem FREM, modelliert wurden. Der in dieser Modellierung erzeugte Datensatz umfasst den Status quo des Gebäudebestands der Stadt München einschließlich der zugehörigen, elektrisch relevanten Komponenten.
In erster Instanz dieser Modellierung wurde aus frei verfügbaren Open-Street-Map-Daten der Gebäudebestand im Untersuchungsgebiet extrahiert und abgebildet. Durch Klassifizierung der Gebäude (vgl. Abbildung 1) und das Verschneiden mit verschiedenen Datenquellen konnten den Gebäuden spezifische elektrische Komponenten zugeordnet werden. In diesem Prozessschritt wurden Wohn- und Gewerbeeinheiten einschließlich deren Verbräuche, PV-Anlagen, elektrische Hausspeicher-Systeme (SBS), die Power-to-Heat-Systeme Wärmepumpen (WP) und Nacht-/Elektrospeicherheizungen (NSH) sowie Elektrostraßenfahrzeuge (EFZ) in den Gebäuden verteilt. Die Verteilung der verschiedenen Netzkomponenten erfolgte dabei regional zufällig und zum Teil anteilig über Quoten.
Simulation der Netzbelastung
Für die Simulation der Netzbelastung wurde aus dem erzeugten Bestand jeweils eine definierte Anzahl an Gebäuden in das Verteilnetz-Simulationsmodell GridSim importiert und mittels der hinterlegten Modellstrukturen die Lastgänge der einzelnen Komponenten erzeugt. Die Verteilung der Gebäude auf die in den Verteilnetztopologien definierten Hausanschlussknoten erfolgte für jede Simulation durch reproduzierbar zufälliges Ziehen (mit Zurücklegen) aus dem Bestand der im jeweiligen Untersuchungsgebiet bestehenden Gebäude. Aus einer Vielzahl an Simulationen für jedes Untersuchungsgebiet resultierte somit eine entsprechende Vielfalt alternativer Zustände der Netzbelastung, welche anschließend bei der Auswertung statistisch analysiert wurden. Diese Art der Monte-Carlo-Simulation umfasst in den Ergebnissen die mittlere Netzbelastung (vgl. Abbildung 2) und spannt über mögliche Extremzustände die Bandbreite der potenziellen Netzbelastung auf.
Die statistischen Auswertungen verdeutlichen erneut den Charakter der jeweiligen Siedlungsstruktur in den Untersuchungsgebieten, so zeigt sich am Stadtrand Münchens der Einfluss von PV-Anlagen und Wärmepumpen in Ein- und Zweifamilienhäusern, welche die Netzbelastung in der Innenstadt nur marginal beeinflussen.
Die in den Simulationen größte ermittelte Netzbelastung tritt in allen Untersuchungsgebieten in Zeiten aktiver Nachtspeicherheizungen (NSH) auf, jedoch resultieren im Verteilungsmittel auch in Zeitintervallen hoher Netzbelastung keine Überlastungen im Verteilnetz. Die in den Münchner Verteilnetzen üblich verbauten 630 kVA Transformatoren weisen über alle Untersuchungsgebiete hinweg deutliche Reserven in ihrer Übertragungskapazität auf. Auch hinsichtlich des in der Niederspannung zulässigen Spannungsbandes sowie des zulässigen Nennstroms der Leitungen deuten die Simulationen auf deutliche Reserven zur möglichen Integration von Elektromobilität hin.
Nächste Schritte im Projekt „München elektrisiert“
Im Projekt „München elektrisiert“ werden in nächster Instanz Szenarien der zukünftig im Stadtgebiet möglichen Elektromobilität definiert. Basierend auf dem modellierten Status quo der Netzbelastung und den Szenarien wird anschließend die Netzbelastung durch zukünftige Elektromobilität evaluiert und die Auswirkungen und Möglichkeiten verschiedener Lade-Management Strategien simuliert.