27.11.2018

Neue Studie: Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft (Berichtsteil Anwendungsfälle)

In der aktuellen Studie identifiziert die FfE im Rahmen des Projekts B10X gemeinsam mit Innogy, SMA, SWA, thüga, TransnetBW, VBEW, Verbund und VKW potenzielle Anwendungsfälle der Blockchain-Technologie. Mit in Summe 161 Expertinnen und Experten aus diesen Unternehmen (inkl. Tochter- und Mitgliedsunternehmen) wurden in 11 Workshops insgesamt 91 potenzielle Use Cases identifiziert.

Die zum Download verfügbare Studie beantwortet unter anderem die nachfolgenden Fragen:

  • Wie können potenzielle Anwendungsfälle methodisch ermittelt und bewertet werden?
  • Welche Anwendungsfälle könnten mit der Blockchain realisiert werden? Welchen Mehrwert bietet die Technologie hier? Wie ist das theoretische Potenzial dieser Anwendungsfälle? Welche rechtlichen Hürden sind aktuell zu erkennen?
  • Welche Anwendungsfälle sind besonders vielversprechend? Welche Potenziale sind zu erwarten?
  • Was sind die Implikationen der Blockchain-Technologie für die verschiedenen klassischen Wertschöpfungsstufen (Erzeugung, Vertrieb, Handel, Netz)? Wo bestehen Chancen und Risiken?
  • Wie passt die Blockchain-Technologie zum Smart-Meter-Rollout? Welche Probleme ergeben sich durch den aktuellen Stand der Digitalisierung in Deutschland für die Blockchain-Technologie?
  • Welche übergeordneten rechtlichen Hürden erschweren den Einsatz der Technologie (vgl. DSGVO und allg. Vertragsrecht)?
  • Wird die Blockchain die Energiewirtschaft revolutionieren?

Details zu technologischen Grundlagen wurden bereits im ersten Teilbericht ausführlich dargestellt und können unter diesem Link heruntergeladen werden.

Ein informationstechnologischer Hintergrund ist für das Verständnis der Inhalte beider Studien nicht notwendig.

Kernergebnisse der Studie:

Distributed Ledger Technologien wie die Blockchain sind vielfältig einsetzbar. Ihre Stärke entfalten Sie als Plattform-Technologie für unterschiedlichste Anwendungsfälle (Use Cases) und Anwender. Daher kann sich die Blockchain-Technologie zukünftig durchaus als digitale Infrastruktur der Energiewirtschaft etablieren.

Als Anwendungsfälle mit hohem Potenzial wurden u. a. Labeling als Alternative zu Herkunftsnachweisen bzw. Zertifikaten, P2P-Handel im Bereich von Post-EEG-Anlagen und der Einsatz für das Asset Management identifiziert. Auch für den Lieferantenwechsel (und ggf. weitere Prozesse der Marktkommunikation) ist die Blockchain grundsätzlich geeignet.

Im Bereich der Sharing Economy, im Kontext der Partizipation v. a. bei Netzausbau und Energiewende und bei neuen Finanzierungsmodellen (u. a. Crowdfunding und Initial Coin Offerings – ICO) kann die Technologie zukünftig eine Rolle spielen. Der bislang bekannteste Anwendungsfall der Blockchain-Technologie im Bereich der Kryptowährungen spielt in der Energiewirtschaft hingegen eine nachrangige Rolle.

Durch die Technologie werden neue Dienstleistungen vor allem für Letztverbraucher und verteilte Energieerzeugung möglich. Die im Projekt entwickelte Methodik zur Potenzialbewertung zeigt auf, dass viele Anwendungsfälle bestehende Prozesse optimieren können. Allgemein können die Potenziale der Anwendungsfälle als relativ hoch bewertet werden; energierechtliche Hürden schränken die Umsetzbarkeit allerdings teils deutlich ein.

Ein großes Potenzial zeigte sich insbesondere bei der Hebung von Synergieeffekten zwischen verschiedenen Anwendungsfällen, die auf einer gleichen oder ähnlichen Datenbasis realisiert werden können. Die (offene) Verfügbarkeit der Daten stellt jedoch wiederum ein Risiko für die Technologie dar, die v. a. im Kontext der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor einigen Herausforderungen steht. Individuelle und DSGVO-konforme Lösungen sind bereits heute möglich, weitere regulatorische Hürden begrenzen allerdings die realisierbaren Potenziale der Technologie.

Aufbauend auf diesen Voranalysen wurden in der Studie die Anwendungsfälle Labeling-Plattform, P2P-Energiehandel, Distributed Asset Management Plattform, Vereinfachter Lieferantenwechsel und der Nachweis von Regelleistungserbringung detailliert analysiert.

Die Studie zeigt auch, dass die im Smart-Meter-Rollout geplanten Smart-Meter-Gateways bislang nicht direkt mit der Blockchain-Technologie kompatibel sind und so die Daten nur indirekt auf die Blockchain gelangen können. Auch die aktuelle Digitalisierungspraxis (u. a. der verzögerte Smart Meter Rollout und der Breitbandausbau) erweisen sich als Hemmnis für die Blockchain-Technologie. Daher haben Unternehmen, die bereits „behind-the-meter“ über Blockchain-fähige Hardware verfügen, aktuell diesbezüglich einen Vorteil. Auch die Bewertung von Prozessverbesserungen ist eine Herausforderung, da viele (ggf. noch nicht oder nicht hinreichend digitalisierte) Prozesse im heutigen System schwer vergleichbar mit einem vollständig digitalisierten Blockchain-System sind.

Alles in allem zeigt die Technologie v. a. bei Synergien verschiedenster Anwendungsfälle großes Potenzial, welches insbesondere bei Plattform-Anwendungen voll ausgeschöpft werden kann. Damit dies im Rahmen von Geschäftsmodellen oder Mehrwertdienstleistungen auch institutionell genutzt werden kann, werden jedoch neue Ansätze v. a. im Vertrieb benötigt.

Sie haben Fragen zum Projekt? Interesse an eigenen Workshops zur Identifikation von Anwendungsfällen in Ihrem Unternehmen? Oder sind an der Teilnahme am nachfolgenden Umsetzungsprojekt interessiert?

Kontaktieren Sie uns gerne!