06.02.2019

Welche strombasierten Kraftstoffe sind im zukünftigen Energiesystem relevant?

Die Elektrifizierung gilt in vielen Anwendungen als Hoffnungsträger für die zukünftige Defossilisierung. Dennoch wird es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Bereiche geben in denen eine Elektrifizierung aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll ist. So werden beispielsweise in der Luft- und Schifffahrt hohe Energiedichten verlangt, die durch aktuelle elektrochemische Technologien nicht erreicht werden können. In diesen Anwendungen können komplementäre Energieträger wie strombasierte Kraftstoffe eine geeignete Alternative darstellen. Offen ist hierbei, welche Kraftstoffe sich zukünftig durchsetzen werden. Dieser Beitrag liefert einen ersten Überblick über relevante gasförmige und flüssige Kraftstoffe.

Kraftstoffe aus regenerativem Strom

Wasserstoff

Wasserstoff wird durch die Elektrolyse von Wasser mittels erneuerbarem Strom gewonnen. Der erzeugte Wasserstoff kann sowohl gasförmig wie auf verflüssigt direkt genutzt werden. Bei der Nutzung in Kraftfahrzeugen werden Brennstoffzellen in Kombination mit Elektromotoren verwendet. In Pkw aktuell wird gasförmiger Wasserstoff genutzt, der in einem Drucktank gespeichert wird. Für den Einsatz in Lkw wird sowohl gasförmiger als auch flüssiger Wasserstoff diskutiert. Eine aktuell fehlende flächendeckende Wasserstoff-Infrastruktur gilt als Hindernis der Technologie, wenngleich sie Vorteile in den Bereichen Effizienz und Herstellungskosten bietet [1]. Zusätzlich besteht die Möglichkeit den Wasserstoff mit bis zu 2 Vol.-% bzw. 10 Vol.-% in das Gasnetz einzuspeisen [2].

Methan

Erneuerbares Methan wird durch die sogenannte Methanisierung aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid hergestellt [3]. Dazu gibt es ein katalytisches wie auch ein biologisches Verfahren, in dem Mikroorganismen als Katalysatoren verwendet werden. Die Zusammensetzung des erneuerbaren Methans entspricht in etwa dem von natürlichem Erdgas. Demgemäß kann Erdgas gänzlich substituiert werden und ist daher unbegrenzt in das Erdgasnetz einspeisbar. Es kann aber auch verflüssigt werden und als Liquid Synthetic Gas (LSG) verwendet werden. Methan wird aktuell bereits im Straßenverkehr sowohl gasförmig als auch flüssig verwendet. Es bietet auch die Möglichkeit in Kombination mit Diesel als Dual-Fuel mit einem geringfügig höheren Wirkungsgrad eingesetzt zu werden [4]. In der Schifffahrt wird vor allem LSG als mögliche Lösung zur Defossilisierung gesehen. Da Methan ein hochwirksames Treibhausgas ist, muss das Ausweichen, der sogenannte Methanschlupf, vermieden werden.

Methanol

Ebenfalls aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid kann Methanol in der Methanolsynthese gewonnen werden. Als Grundstoff der chemischen Industrie wird der Stoff bereits viele Jahre durch ein bewährtes Syntheseverfahren hergestellt. Bisher wurde jedoch als Ausgangsstoff fossiles Erdgas verwendet. Auf Basis von erneuerbarem Wasserstoff kann der Treibstoff zur Verringerung des Ausstoßes von fossilem Kohlenstoffdioxid beitragen. Methanol kann sowohl mit bis zu 3 % Benzin zugemischt werden wie auch als eigenständiger Kraftstoff genutzt werden. Einerseits kann dafür eine Nachrüstung bestehender Ottomotoren erfolgen. Andererseits kann das Methanol in Brennstoffzellen ähnlich dem Wasserstoff umgesetzt werden. Die zweite Variante profitiert dabei von den Effizienzvorteilen der Brennstoffzelle gegenüber dem Verbrennungsmotor.

Treibstoffe aus der Fischer-Tropsch-Synthese

Mittels Fischer-Tropsch-Synthese (FT-Synthese) können ähnlich dem konventionellen Raffinerieprozess verschiedene Kraftstoffe gewonnen werden. Dabei wird zunächst mithilfe der reversen Wassergas-Shift Reaktion (rWGS) Kohlenstoffdioxid in Kohlenstoffmonoxid umgewandelt. Dieses wird als Synthesegas (kombiniert mit Elektrolyse-Wasserstoff) in der FT-Synthese beispielsweise zu Kerosin umgesetzt. Die Produkte sind bereits heute gänzlich kompatibel mit den bestehenden Motoren- und Turbinenkonzepten und können somit jegliche erdölbasierten Kraftstoffe ersetzen. Darüber hinaus könnte die bestehende Infrastruktur konventioneller Kraftstoffe weiter genutzt werden. Aktuell werden bei der Herstellung von 1 kWh Kraftstoff etwas mehr als 2 kWh Strom benötigt [5]. Eine Verbesserung des Wirkungsgrads der Elektrolyse sowie die Co-Elektrolyse bieten jedoch Potenzial zur Steigerung der Gesamteffizienz.

Dimethylether (DME)

Bei der DME-Synthese wird ebenfalls Synthesegas eingesetzt. Das Produkt ist bei Normalbedingung gasförmig und kann nach kleineren Motoranpassungen als Dieselsubstitut verwendet werden. Zum Einsatz im Straßenverkehr muss zudem noch ein Drucktank verbaut werden. [2]. Aktuell ist die Herstellung stark von der Methanolproduktion abhängig. Zudem findet DME derzeit keine Anwendung als Kraftstoff. Eine Infrastruktur ist somit aktuell auch nicht vorhanden.

Oxymethylenether (OME)

Für die Herstellung von OME gibt es mehrere Verfahrensarten. Eines dieser Syntheseverfahren verwendet Methanol als Ausgangsstoff, welches dann teilweise zu Formaldehyd umgewandelt und schließlich zu OME verknüpft wird. Beim Einsatz des entstandenen Treibstoffs besteht noch Forschungsbedarf. OME wird jedoch als Substitut für Diesel und/oder als Beimischungskomponente gehandelt, vorhandene Infrastrukturen würde somit auch in Zukunft genutzt werden können. Die Beimischung verspricht man sich eine sauberere Verbrennung in der Gesamtbetrachtung und damit eine Verringerung der Umweltbelastungen.

Überblick über Herstellungskosten und Energieeffizienz

Aktuelle Kritikpunkte zu strombasierten Kraftstoffen im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen beziehen sich auf die Herstellungskosten sowie die Energieeffizienz. Abbildung 1 zeigt die aktuellen Herstellungskosten verschiedener Kraftstoffe basierend auf [5]. Die Autoren geben jeweils einen maximalen und einen minimalen Wert für die Kosten an. Nach deren Meinung ist die Diskrepanz vor allem bei Wasserstoff sehr groß, wenngleich dies der kostengünstigste Energieträger sein kann. Obwohl diese sehr ähnlich sind, werden in [5] die Kosten verschiedener FT-Kraftstoffe aufgezeigt. In anderen Studien wird hier allgemein von FT-Kraftstoffen bzw. Power to Liquid (PtL) gesprochen.

Abbildung 1: Herstellungskosten synthetischer Kraftstoffe nach [5] sowie [1], [6], [7], [8]

Indikator für die Energieeffizienz bei der Herstellung strombasierter Kraftstoffe ist der Stromverbrauch pro erzeugtem Kraftstoffoutput. In Tabelle 1 ist der ausgewiesene Stromverbrauch von drei Studien zu sehen. Während OME aktuell einen sehr hohen Stromverbrauch zur Kraftstoffproduktion hat, benötigt Wasserstoff zur Herstellung am wenigsten Strom. Für den Einsatz in Pkw und Lkw muss zusätzlich bedacht werden, dass eine Brennstoffzelle im Vergleich zu einem Verbrennungsmotor einen deutlich höheren Wirkungsgrad aufweist und somit der Kraftstoffbedarf niedriger ausfällt.

[1] Deutsch, Matthias et al.: Die zukünftigen Kosten strombasierter synthetischer Brennstoffe. Berlin: Agora Energiewende, 2018.
[2] Estermann, Thomas et al.: Kurzstudie Power-to-X – Ermittlung des Potenzials von PtX-Anwendungen für die Netzplanung der deutschen ÜNB. München: FfE, 2017.
[3] Hübner, Tobias et al.: Die Rolle synthetischer Brennstoffe zur Erreichung der klimapolitischen Ziele – Bedeutung im Jahr 2050. In: BWK (Brennstoff, Wärme, Kraft) – Das Energie-Fachmagazin 10/2018. Düsseldorf: Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, 2018.
[4] Bünger, Ulrich; Landinger, Hubert; Weindorf, Werner; Wurster, Reinhold; Zerhusen, Jan; Zittel, Werner Dr.: Vergleich von CNG und LNG zum Einsatz in Lkw im Fernverkehr – Abschlussbericht. München: Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH, 2016
[5] Kramer, Ulrich et al.: Defossilisierung des Transportsektors – Optionen und Voraussetzungen in Deutschland. Frankfurt am Main: Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V., 2018.
[6] Tremel, Alexander: Electricity-based Fuels. Erlangen: Springer Verlag, 2018.
[7] Dietrich, Ralph-Uwe et al.: Erzeugung alternativer flüssiger Kraftstoffe im zukünftigen Energiesystem. In: Chemie Ingenieur Technik Vol. 90, No 1-2, 179-192. Weinheim: WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2018.
[8] Ausfelder et al.: »Sektorkopplung« − Untersuchungen und Überlegungen zur Entwicklung eines integrierten Energiesystems (Schriftenreihe Energiesysteme der Zukunft), München 2017.
[9] Siegemund et al.: E-Fuels Study – The potential of electricity-based fuels for low-emission transport in the EU. Berlin: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), 2017