02.2023 - 08.2026

Bid-E-V | Bidirektionale elektrische Vans

Das Projekt Bid-E-V zielt darauf ab, die Elektrifizierung der Fahrzeugflotten im Logistiksektor mithilfe von bidirektionalen elektrischen Vans zu fördern. Ziel ist, die Machbarkeit von bidirektionalem Laden durch einen Feldversuch zu demonstrieren und so die Energie- und Betriebskosten durch erneuerbare Energien und energiewirtschaftliche Dienstleistungen zu reduzieren.

Motivation

Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht vor, die verkehrsbedingten CO2-Emissionen bis 2030 um 42 % zu reduzieren [1]. Entgegen den Anreizen durch Subventionen ist die Elektrifizierungsrate der im Handwerk und Logistik eingesetzten Kleinbusse und Transporter für „Letzte Meile-Dienstleistungen“ im Vergleich zu anderen Mobilitäts-Sektoren noch überschaubar. Durch ihre derzeitige Verbreitung und ihre weiter steigende Anzahl haben diese Fahrzeuge jedoch ein großes Potenzial, zur Reduktion des CO2-Ausstoßes und verstärkter Nutzung erneuerbarer Energien beizutragen.

Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge in diesem Sektor erfordert hingegen einen wirtschaftlich lukrativen und flexiblen Einsatz – ähnlich wie bei den heutigen Benzin- und Dieselfahrzeugen. Aufgrund der hohen Investitionen in Elektrofahrzeuge und die entsprechende Lade- und Steuerungsinfrastruktur zögern Logistikunternehmen daher, auf die umweltfreundliche Alternative umzusteigen. Die Investitionskosten könnten durch eine angepasste Auslastungsplanung der Ladeinfrastruktur, die Nutzung von günstigem regenerativem Strom sowie die Bereitstellung des Flexibilitätspotenzials von Elektrofahrzeugen für energiewirtschaftliche Anwendungsfälle reduziert werden. Eine bidirektionale Anbindung der Elektrofahrzeuge und Ladeinfrastruktur an das Stromnetz erfordert dabei Innovationen der Automobilhersteller, bidirektional kompatible Ladesäulen und die Beteiligung der Netzbetreiber.

Mit dem Projekt Bid-E-V wird eine bisher ausgebliebene Betrachtung der elektrischen Transformation des Logistiksektors durch bidirektionale elektrische Vans ermöglicht.

Die Anbindung von gewerblichen Ladeparks kann dadurch bei vollumfänglicher Netz- und Marktintegration der Ladeinfrastruktur einen signifikanten Beitrag zur Aufrechterhaltung der System- und Netzsicherheit liefern. Folglich trägt auch die Elektromobilität im Logistiksektor zu einer erfolgreichen Energiewende bei.

Zielsetzung – Gesamtvorhaben

Durch einen Feldversuch mit uni- und bidirektionalen elektrischen Vans an einem Logistikstandort wird im Projekt Bid-E-V die Machbarkeit von uni- sowie bidirektionalem Laden im gewerblichen Kontext demonstriert. In einem fachlich breit aufgestellten Konsortium werden die für den Feldtest notwendigen Komponenten (Fahrzeuge, Ladesysteme, Lademanagementsystem) entwickelt und eine netz- und marktseitige Integration der Fahrzeuge ermöglicht.

Die Energie- und Betriebskosten der Fahrzeuge sollen durch die Nutzung erneuerbarer Energien und durch die Erlöse aus energiewirtschaftlichen Dienstleistungen, sogenannten Use-Cases, vermindert werden. Dabei wird eine Harmonisierung der fluktuierenden Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik mit dem Ladebedarf von gewerblichen Elektrofahrzeugflotten angestrebt. Unter Berücksichtigung von Logistikprozessen und den resultierenden Mobilitätsanforderungen werden Geschäftsmodelle der Flexibilitätsbereitstellung untersucht und bewertet, z. B. die Flexibilitätsbereitstellung für das marktliche Redispatch.

Netzbetreiber können die Lastmanagementpotenziale durch eine intelligente Anbindung von Elektrofahrzeugen an das Stromnetz, insbesondere durch das bidirektionale Laden und die temporäre Energiespeicherung in Fahrzeugbatterien steigern. Die Ergebnisse der Modellierung von Netz- und Energiesystemrückwirkungen werden von Netzbetreibern verwertet, um die gewerbliche Elektromobilität sicher in das Netz zu integrieren (Netzführung, Netzbetriebs- und Netzplanung).

Der starke Anwendungsbezug im Projekt soll die Forschungsergebnisse in die Praxis übertragen und die Ausweitung der gewerblichen Elektromobilität durch die Demonstration im Feld voranbringen. Durch das Vorhaben in Bid-E-V wird die Marktfähigkeit von bidirektionalen elektrischen Vans und erforderlichen Lade- und Steuerungskomponenten unterstützt, um den Hochlauf der gewerblichen Elektromobilität zu beschleunigen. Die resultierenden Ergebnisse werden systematisch aufbereitet und dienen Logistik-Unternehmen als Blaupause bei der Umstellung auf elektrische Logistikfahrzeuge.

Projektstruktur

Das Projekt gliedert sich in 14 interdisziplinäre Arbeitspakete.

Durch technische und wissenschaftliche Analysen der Projektpartner werden simultan Weiterentwicklungen in den Technologien Fahrzeug, Ladesystem mit bidirektionaler Ladefunktion sowie Last- und Lademanagement vorgenommen. Synchroner Prototypenbau von Hardwarekomponenten und Realisierung der Aggregation- sowie Flexhandels-Software zum Echtzeitbetrieb münden in dem entsprechenden Feldversuch. Die vollendete Netzintegration der zusammengesetzten Komponenten erfolgt im Reallabor und führt zur abschließenden Forschungsumgebung. Die kontinuierliche Messdatenerfassung verschiedener Komponenten unter realen Bedingungen wird für weitere Optimierungsmaßnahmen genutzt.

Parallel dazu begleiten Forschungspartner die umsetzenden Projektteilnehmer über den gesamten Zeitraum mit Analysen in den Themenbereichen: Netzrückwirkungen, Netzstabilität und -flexibilität sowie Akteurslandschaft und Nutzerverhalten.

Die abschließende wissenschaftliche Synthese der Projektergebnisse soll in einen „How-to“-Leitfaden zur Elektrifizierung gewerblicher Flotten im Logistikbereich überführt werden.

Abbildung 1: Aufbau der Projektstruktur

FfE-Inhalte im Projekt

Die FfE übernimmt gemeinsam mit dem IEH den Forschungspart im Projektvorhaben. Dadurch liegt die Tätigkeit vorwiegend in den Arbeitspaketen zur Begleitforschung, um die entscheidenden Forschungsfragen des Vorhabens zu beantworten.

Das übergeordnete Ziel im Vorhaben ist die allseitige Untersuchung der Auswirkungen der Elektrifizierung im Logistiksektor und die Verminderung der dabei bestehenden Umsetzungshürden. Dabei evaluiert die FfE aus ganzheitlich energiewirtschaftlicher Perspektive das Primärziel der Elektrifizierung von logistischen Flotten. Dies beinhaltet im Wesentlichen energiewirtschaftliche und -technische Analysen zum Verteil- und Übertragungsnetz, Märkte und Emissionen für verschiedene Szenarien und Use-Cases.

Die Umsetzung erfolgt durch praxiserprobte und ganzheitlich entwickelte Lösungen. Dazu gehört neben der originären Problemlösung auch die Bewertung der neuen Möglichkeiten der Elektromobilität. Ein weiteres Ziel der FfE ist die Untersuchung von Möglichkeiten zur Reduzierung der TCO (Total Cost of Ownership).

Die FfE stellt eine einheitliche Projektmethodik sicher. Sie übernimmt eine wichtige Schnittstellenfunktion für den Austausch mit anderen Forschungseinrichtungen und Projekten sowie für den Transfer von Wissen und Projektergebnissen in die Praxis. Durch die federführende Rolle bei der Ergebnissynthese und Dissemination stellt die FfE eine konzentrierte Verwertung der Erkenntnisse sicher, wodurch valide und möglichst allgemeingültige Handlungsempfehlungen für die Elektrifizierung großer Logistikflotten abgeleitet werden sollen.

Systemlandschaft

Im Projekt Bid-E-V sind unterschiedliche Akteure aus den Bereichen Fahrzeug- und Ladesystemhersteller, Lademanagemententwicklung sowie Energiewirtschaft vertreten.

Abbildung 2 Systemlandschaft Bid_E-V deutsch

Die erfolgreiche Netzintegration bidirektionaler elektrischer Vans wird durch die Projektpartner an einem realen Logistikstandort umgesetzt. Dieser beinhaltet ein one-way Lade-Strukturparkhaus mit 380 E-VAN Ladepunkten. Die Erweiterung zu bidirektionalen Ladestationen wird im Rahmen der Umsetzung durch die Entwicklung eines Prototyps erfolgen.

Im Projekt wird die komplette energiewirtschaftliche Wertschöpfungskette beim Laden von uni- und bidirektionalen elektrischen Vans abgebildet und die Interoperabilität von Anlagen und IT-System zur sicheren Netzintegration gezeigt. Eine marktseitige Einbindung des E-Flottenparks wird durch die Erstellung eines speziellen bidirektionalen Last- und Lademanagements mit Flexhandel in Echtzeit ermöglicht.

Mit Messtechnik erweiterte elektrische Vans zeichnen Bewegungsprofile sowie das Lade- und Ansteckverhalten auf und liefern Rückschlüsse auf potenzielle Use-Cases. Es besteht die Möglichkeit für die Erbringung von Systemdienstleistungen. Eine marktseitige Einbindung der Fahrzeuge über ein virtuelles Kraftwerk ermöglicht eine Reduktion der Ladekosten durch strompreisoptimiertes Laden und somit die Senkung der Fahrzeuggesamtkosten. Eine netzseitige Vermarktung von Flexibilität für Redispatch-Dienstleistungen ergänzt die Realisierung.

Die Netzintegration dient den Netzbetreibern zur Ableitung von Erkenntnissen im Hinblick auf die Flexibilität im Stromnetz. Rückwirkungen auf das Verteilnetz sowie das umfassende Energiesystem werden im Projekt analysiert und im Kontext energietechnischer Vorgaben und Use-Cases festgehalten. Die DA/RE-Anbindung ermöglicht zusätzlich den Datenaustausch sowie die Einbindung in künftige Redispatch-Prozesse.

Projektpartner

Am Vorhaben Bid-E-V sind acht Verbundpartner beteiligt. Das Konsortium bündelt die Kompetenzen aus den Bereichen Fahrzeug-, Ladesystem- und Lademanagemententwicklung sowie Energiewirtschaft aus wissenschaftlicher und industrieller Perspektive.

Unter Leitung des Konsortialführers Mercedes Benz AG setzt sich das Projekt aus dem Industriepartner Consolinno Energy GmbH und den Forschungspartnern Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik der Universität Stuttgart und der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. zusammen.

Komplementiert wird das Konsortium durch die assoziierten Partner aus der Energieversorgung Stadtwerke Sindelfingen und TransnetBW sowie der COBIS GmbH & Co. KG, welche ihren Energie-Effizienz Park für den Feldversuch zur Verfügung stellt.

Förderung

Das Forschungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert (Förderkennzeichen: 01MV22013B).

Literatur

[1] Klimaschutzplan 2050 – Klimaschutzpolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung. Berlin: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, 2016.