WiSTl – flächen-, anlagen- und standortspezifisches Windszenario Tool
Neben der im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) festgelegten Förderung der Stromerzeugung aus Windenergieanlagen (WEA) ist insbesondere die Ausweisung von Windvorrang- und Windeignungsgebieten essenziell für die zukünftige Entwicklung. Das Ziel der anlagenscharfen Modellierung mit WiSTl ist die Bestimmung einer optimalen Konfiguration für Windparks in diesen ausgewiesenen Flächen. Dabei müssen drei Komponenten berücksichtigt werden. Erstens beeinflusst die konkrete Form der Fläche die mögliche Leistungsdichte. Zweitens variiert die Leistungsdichte mit dem verwendeten Anlagentyp und drittens hängt die Stromerzeugung vom Windangebot am jeweiligen Standort ab.
Modell – Windparkkonfiguration
Für die drei genannten Einflussparameter werden Eingangsdaten, wie veröffentlichte bzw. beantragte Geodaten (teilweise als Shape-Datei oder als PDF-Datei) der regionalen Planungsverbände zu den ausgewiesenen WEA-Flächen verwendet, sowie spezifische Anlageneigenschaften und standortspezifische Vollaststunden.
Bei der Konfigurationsmodellierung wird der Windanlagentyp mit dem spezifischen Rotordurchmesser, der den notwendigen Abstand zwischen den Anlagen bestimmt, explizit berücksichtigt. Die Windparks werden nach der Hauptwindrichtung (Annahme: Südwest) ausgerichtet und in der typischen Ellipsenform aufgebaut, wie in Abbildung 1 links dargestellt. Anhand von variablen Parametern wird das Gitter des imaginären Windparks verschoben (Translation) bzw. bis zu -30° und +30° gedreht (Rotation) (siehe Abbildung 1 Mitte). Für die Bewertung der Anlagenkonfiguration dient der potenzielle Ertrag. Dieser wird anhand von [1] und den Kennlinien einer WEA berechnet. Mit der Summe der Volllaststunden je Konfiguration wird die beste Konfiguration des Windparks ermittelt (siehe Abbildung 1 rechts).
Validierung der Parameter
Die Wahl der Parameter beeinflusst die Güte sowie die Dauer der Modellierung. Um die beste Konfiguration mit einer akzeptablen Rechendauer für das gesamte Bundesgebiet zu ermitteln, wurden einige Rechendurchläufe an einem Testdatensatz mit unterschiedlichen Parameterkonfigurationen durchgeführt. Variiert wurden die Schrittweite der Translation in x- und y-Richtung sowie die der Rotation. Eine Wahl von kleinen Schritten für die Translation und große für die Rotation, aber auch umgekehrt, lieferte gute Ergebnisse bei günstiger Laufzeit. Deshalb wurde für diesen Anwendungsfall eine Schrittweite für die Rotation von 2 ° und eine Translation von 10 % der Ellipsen-Halbachsen angesetzt.
Use Case
In folgendem Anwendungsfall wird die Energiedichte deutschlandweit auf Landkreisebene anhand unterschiedlicher Anlagentypen und heute ausgewiesener (nicht bestehender) Windvorrang- und Windeignungsflächen bestimmt. Die Modellierung basiert auf drei Anlagentypen. Für Schwachwindstandorte ist dies eine Enercon E‑115 (Leistung 3 MW, Rotordurchmesser 115,7 m, Nabenhöhe von 92 m bis 149 m), für Binnenstandorte eine Enercon E‑101 (Leistung 3 MW, Rotordurchmesser 101 m, Nabenhöhe 99 bis 149 m) und für Starkwindstandorte eine Enercon E‑82 E3 (Leistung 3 MW, Rotordurchmesser 82 m, Nabenhöhe von 78 bis 138 m). Die Nabenhöhen sind für die Berechnungen auf 100 m, 120 m und 140 m festgesetzt. Die Ergebnisse der Modellierung jeden Anlagentyps sind in Abbildung 2 in den ersten drei Karten als Energiedichte auf Landkreisebene dargestellt. Regionen mit einem hohen Windaufkommen haben eine hohe Energiedichte. In der vierten Spalte wurde basierend auf den lokalen Windverhältnissen ein standortbezogener Anlagentyp ausgewählt. Hier zeigt sich nun die höchste Energiedichte von über 200 GWh/km² in Schleswig-Holstein. Die geringen Werte von unter 70 GWh/km² in Sachsen-Anhalt können durch den Bau noch höherer WEA kompensiert werden. Zusätzliche Höhenbeschränkungen wie „10-h“ reduzieren die Volllaststunden und somit die Energiedichte deutlich.
[1] Deutscher Wetterdienst: Digitale Weibulldaten der Windgeschwindigkeit für gesamt Deutschland im 200-m-Raster. Offenbach 2012