Whitepaper: Die Integration von V2G in Europa
Die Umsetzung von bidirektionalem Laden in Frankreich, Großbritannien und Deutschland im Vergleich – Kurzbeschreibung
Bidirektional ladefähige Elektrofahrzeuge können als dezentrale Speicher genutzt werden, da die meisten Nutzer:innen nur einen Bruchteil der Batteriekapazität für das eigentliche Fahren benötigen. Wird die Fahrzeugbatterie zur Einspeisung von Strom in das öffentliche Stromnetz genutzt, spricht man von Vehicle-to-Grid (V2G) (dt.: Fahrzeug-zu-Netz). Das Potential, das sich durch V2G mittels verschiedener energiewirtschaftlicher Anwendungen für das Energiesystem ergibt, ist groß. Für Nutzer:innen bidirektional ladefähiger Elektrofahrzeuge bietet V2G zudem eine potenzielle neue Erlösquelle.
Die Motivation und das Vorgehen, warum und wie bidirektional ladefähige Elektrofahrzeuge in das Energiesystem integriert werden, sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Wir haben deshalb für die drei größten Volkswirtschaften Europas – Frankreich, Großbritannien und Deutschland – die Ansätze und die Prioritätensetzung zur Integration von V2G in das jeweilige Energiesystem näher betrachtet. Neben der Analyse des Status Quo von V2G umfassen unsere Erkenntnisse dabei auch die Beweggründe zur jeweiligen V2G Integrationsstrategie und mögliche weitere Entwicklungen in diesem Bereich.
Unsere Erkenntnisse aus Recherchen und einer Vielzahl von Interviews mit Expert:innen aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland zeigen, dass kommerzielle Angebote von V2G bislang in Frankreich und Großbritannien vorhanden sind. In Deutschland beschränkt sich die Umsetzung auf Pilotprojekte. Frankreich und Großbritannien bieten insgesamt für Pilotprojekte mehr regulatorische Spielräume als Deutschland. Insbesondere Großbritannien setzt auf die marktliche Integration von kleinteiliger Flexibilität, wozu auch V2G zählt. In Frankreich verfügen die Netzbetreiber über viele alternative steuerbare Erzeuger oder Verbraucher, die bevorzugt zur Netz- und Systemstabilität eingesetzt werden. Frankreich plant aktuell nicht, V2G marktlich anzureizen, die Umsetzung wird hier von den Automobilherstellern getrieben. In Deutschland gibt es bislang keine übergeordnete Strategie bezüglich der Nutzbarmachung von kleinteiliger Flexibilität für das Energiesystem.
Vor allem die Vermarktung von V2G am Spotmarkt bietet in allen drei Ländern sowohl für Nutzer:innen als auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive schon jetzt einen Mehrwert, solange die Stromnetze dadurch nicht zusätzlich belastet werden.
Um eine wirtschaftliche und skalierbare Umsetzung von V2G an den Spotmärkten zu ermöglichen, sollte die standardisierte technische Anbindung länderübergreifend gefördert werden. Entsprechende Rahmenbedingungen sollten im Fokus sowohl der jeweiligen Regulierungsbehörden als auch der Anbieter von technischen Lösungen zur Umsetzung von V2G stehen. Abbildung 1 fasst die wichtigsten Merkmale dieser drei Länder in Bezug auf V2G zusammen.
Eine systematische Darstellung der Strategien und der Organisation des Zugriffs auf Flexibilitäten wäre hilfreich, da nationale Märkte, Produkte und Mechanismen zur Flexibilitätsvermarktung nur unter Berücksichtigung des energiewirtschaftlichen Kontexts verstanden und verglichen werden können. Ein umfangreicher Vergleich der Energiesysteme der größten europäischen Länder, aus dem weitere Handlungsoptionen zur Harmonisierung der Integration von V2G abgeleitet werden sollen, wird von der FfE erarbeitet und Mitte 2025 veröffentlicht.