29.10.2013

Windenergie in Bayern

Wo stehen wir heute in Bayern?

Bis Ende 2014 standen in Deutschland über 24.800 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von über 38 GW. Bayern findet sich dabei mit seinen knapp über 1.000 Anlagen bzw. rund 1.500 MW unter den Letztplatzierten im Bundesländervergleich. Dennoch schaffte es Bayern im Jahr 2014 auf Platz 5 des Zubau-Rankings, mit der Errichtung von 154 Anlagen bzw. 412 MW Leistung. Hier lässt sich demnach ein positiver Trend feststellen.

Zum Vergleich: In Niedersachsen, dem Windenergie-Vorreiter Deutschlands, wurden im Jahr 2014 insgesamt 223 Anlagen mit 604 MW zugebaut. Insgesamt stehen dort über 6.000 Anlagen mit einer installierten Leistung von 8,2 GW (Stand: 31.12.2014).
/FFE EEG-Datenbank/, /WIND 01 13/

Da in Bayern bis heute eine große Abhängigkeit von der Kernenergie vorliegt, spielt die Energiewende eine große Rolle. Politisch gewollt wird das letzte Kernkraftwerk 2022 vom Netz gehen, bis dahin muss Bayern einen großen Schritt vorangekommen sein, um die Versorgungssicherheit in gleichbleibender Qualität bieten zu können. Die Landesregierung hat dieses Problem erkannt und fordert im Bayerischen Energiekonzept „Energie Innovativ“, dass bis zum Jahr 2021 rund 1.000 bis 1.500 Windräder in Bayern gebaut werden sollen. /LFU-01 13/

Standortspezifische Rahmenbedingungen

Allen voran entscheiden Windverhältnisse und Windgeschwindigkeiten eines Standortes (Windhöffigkeit), ob eine Windkraftanlage rentabel betrieben werden kann. Mit zunehmender Windgeschwindigkeit steigt die Stromerzeugung mit der dritten Potenz, das heißt bei doppelter Windgeschwindigkeit um das 8-fache. /ABSI-01 12/ Die Windhöffigkeit wird in erster Linie durch den Geländeverlauf, die Oberflächenrauigkeit und weitere Eigenschaften am Standort beeinflusst. Bei Betrachtung eines Querschnittsprofils von Nord nach Süd durch Deutschland wird ersichtlich, warum die Windverhältnisse in Norddeutschland deutlich besser sind als im Süden (vgl. Abb. 1). Die mittleren Windgeschwindigkeiten passen sich dem Oberflächenprofil an, d. h. eine Anlage im Norden erreicht die Linien höherer mittlerer Windgeschwindigkeiten wesentlich früher, also in geringerer Höhe über dem Grund, als im Süden Deutschlands. Ausnahmen davon bilden natürlicherweise die Höhenzüge der Mittelgebirge, Voralpen und Alpen.

Durch neue Anlagetechnologien ist es jedoch auch in den windschwächeren Regionen Süddeutschlands möglich,  Windkraftanlagen wirtschaftlich zu betreiben. So werden hier vorwiegend Schwachwindanlagen mit größeren Rotordurchmessern von 117 m, höherer Nabenhöhe bis zu 140 m und einer Nennleistung von 2,4 MW eingesetzt, um die höhere Rauigkeit des hügeligen Geländes auszugleichen. Starkwindanlagen haben dagegen meist nur einen Rotordurchmesser von 82 m und eine Nabenhöhe von 80 m. /Agora-02 13/ Bayern weist hier ungünstige Windverhältnisse auf: Die meisten Regionen in Bayern kommen auf mittlere Windgeschwindigkeiten von 5 bis 6 m/s, in Niedersachsen sind es dagegen häufig 8 bis 9 m/s. Für einen guten Standort, sollte die mittlere Windgeschwindigkeit möglichst über 5,5 m/s liegen /BES-01 13/. Dennoch gibt es auch in Bayern bessere Standorte: Zum einen eignen sich die vielerorts vorhandene Höhenzüge, zum anderen weist auch das gesamte Alpenvorland relativ hohe mittlere Windgeschwindigkeiten auf. /Agora-02 13/

Abgesehen von der Windgeschwindigkeit muss die Windkraftanlage vom Wind möglichst frei anströmbar sein. Ist dies nicht der Fall entstehen Verwirbelungen der Luftströmung, die die „Windernte“ und damit den Ertrag mindern. Das ungestörte Windfeld wird erst in Höhen von oberhalb 100 m über dem großflächig gesehenen Gelände erreicht, da darunter immer noch Hindernisse wie Erhebungen, Gebäude, Vegetation (Wald) usw. Einfluss nehmen. /IRB-01 12/
Nicht zu unterschätzen sind auch andere Standortfaktoren, wie z. B. die Anschlussmöglichkeiten an das vorhandene Stromnetz oder auch ein ausreichendes Wegenetz. So werden für die Bauphase einer Windkraftanlage Schwerlasttransporter eingesetzt, die mit Rotorblättern und Zugmaschine insgesamt eine Länge von über 45 m einnehmen können und ein Gewicht von bis zu 130 t transportieren. Aus diesem Grund muss das bestehende Wegenetz meist ausgebaut werden. /BES-01 13/

Laut Berechnungen der Forschungsstelle für Energiewirtschaft  könnten auf rund 10 % der geeigneten Landesfläche in Bayern 180 Mrd. kWh Strom aus Windkraftanlagen erzeugt werden – mehr als Bayern benötigt. Zum Vergleich: 2010 betrug der Nettostrombedarf Bayerns rund 83 Mrd. kWh /BLSD-03 13/. Als „geeignete Flächen“ werden diejenigen Gebiete bezeichnet, die verbleiben, wenn u.a. Siedlungs- und Verkehrsflächen und Schutzgebiets-Flächen, jeweils zuzüglich bestimmter einzuhaltender Abstände, für eine Windkraftnutzung ausgeschlossen werden. Diese Berechnungen würden sich jedoch bei einer Anwendung der „10-H-Regel“ deutlich verändern (siehe folgender Abschnitt).

Rechtliche Rahmenbedingungen und Ausschlussflächen

Der Bau von Windkraftanlagen bedarf eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG). Für die Standortgenehmigung müssen daher bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. /IWR-01 13/

Mindestabstand

Entscheidend und oftmaliger Streitpunkt ist vor allem ein gewisser Abstand zwischen Windparks und Wohngebieten, um die Grenzwerte von Schattenwurf und Schall nicht zu überschreiten. In der Regel entspricht das deutschlandweit einem 800 m-Abstand zu allgemeinen Wohngebieten und 500 m zu einer Wohnnutzung im Gewerbegebiet. /BSR-01 11/

In Bayern wurde jedoch 2014 eine neue Regelung, die „10-H-Regel“, erlassen, wonach der Abstand einer Windkraftanlage zu Wohngebieten das Zehnfache der Anlagenhöhe (= Nabenhöhe + Radius des Rotors) bzw. maximal 2 km betragen muss.

Bis zur kürzlichen Streichung eines Passus zur Übergangsregelung sah das Gesetz außerdem vor, dass Windkraftprojekte, die vor dem 4. Februar 2014 einen vollständigen Genehmigungsantrag eingereicht hatten, lediglich bis Ende 2015 Bestandsschutz haben sollten. Sollten also Projektentwickler bis Ende Dezember 2015 diese Genehmigung fehlen, würden sie sämtliche Ansprüche verlieren. Nun nach Streichung des entsprechenden Absatzes können die Anlagen, für die vor dem 4. Februar 2014 ein Antrag eingereicht wurde, noch ohne 10-H genehmigt werden. Mit der nun vorgenommenen Gesetzesänderung wolle die Landesregierung offenbar einem wahrscheinlichen Erfolg der Klagegemeinschaft Pro Windkraft zuvorkommen. Außerdem wird davon ausgegangen, dass auch weitere Vorgaben der 10-H-Regelung einer juristischen Prüfung nicht standhalten werden.

Da das 10-H-Gesetz den geplanten Ausbau der Windkraft bis 2022 um etwa 6 – 10 % des bayerischen Energiebedarfs zu decken (Ziel laut Bayerischem Energiekonzept), deutlich erschwert, wurden seitens Interessensgruppen bereits rechtliche Schritte gegen das Gesetz eingeleitet.

Schattenwurf und Schallschutz

An Standorten an denen Schattenwurf auftreten kann, ist gutachtlich nachzuweisen, dass die Beeinträchtigung nicht mehr als 30 Schattenminuten am Tag und 30 Schattenstunden im Jahr der astronomisch möglichen Zeit betragen wird. Der nächtliche Schallgrenzwert zu reinen Wohngebieten beträgt 35 dB. Bei allgemeinen Wohngebieten sind nachts 40 dB und zu Dorfmischgebieten 45 dB zugelassen. Zum Vergleich, Uhrenticken verursacht eine Lautstärke von 20 dB, Straßenverkehr etwa eine von 90 dB /BES-01 13/. Neben hörbarem Schall, erzeugen Windkraftanlagen auch Infraschall, das heißt, Schallwellen mit sehr niedriger Frequenz, die von Menschen meist nicht wahrgenommen werden. Wird jedoch die Lautstärke zu hoch, nehmen auch Menschen Infraschall war, was zu Gehörschäden oder auch Herz-Kreislaufstörungen führen kann. /LFU-02 12/

Schutzgebiete

Zu den Ausschlussflächen für Windkraftanlagen gehören neben Siedlungs- und Verkehrsflächen in erster Linie Gebiete, die landesplanerisch unter Schutz gestellt sind. Meist handelt es sich dabei um Schutzgebietstypen wie z.B. Biotope, Natur-, Vogel-  und Landschaftsschutzgebiete oder Flora-Fauna-Habitate. Des Weiteren können die Gebiete auch aus anderen sachlichen Gründen nicht in Frage kommen wie beispielsweise aufgrund von zivilen oder militärischen Luftverkehrsanlagen, Richtfunkstrecken, Tiefflugkorridore oder Denkmalschutz-Kriterien. /BSR-01 11/

Eine Sonderstellung bei der Genehmigung von Windkraftanlagen benötigen Gebiete im Alpenvorland, die im Landesentwicklungsprogramm Bayern (LEP) als „Erholungslandschaft Alpen“ im sog. „Alpenplan“ ausgewiesen sind. Diese gliedert sich in drei Zonen A, B und C, wobei lediglich letztere für Windkraftanlagen komplett auszuschließen ist. Die Zonen A und B sind als sensibel zu behandelnde Gebiete deklariert (vgl. Abb. 2).

Artenschutz

Abgesehen von ganzen Schutzgebieten, kann auch der Artenschutz im Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen eine Rolle spielen. Da das deutsche Recht hier vergleichsweise stark ist, kann es im Extremfall sein, dass eine Windkraftanlage aufgrund des Vorkommens einer streng geschützten einzelnen Art nicht gebaut werden darf. Hier sind jedoch in der Regel Einzelfallentscheidungen notwendig, da die naturräumlichen Gegebenheiten, Flächennutzung und Artenspektrum sehr unterschiedlich sein können. Um diese Unsicherheiten besser greifbar zu machen, wurden beispielsweise „Windenergieanlagen-sensible Vogelarten“ und empfohlene Mindestabstände für deren Vorkommen bzw. Brutplätzen zu Windenergieanlagen definiert. /BANL 01 15/

Anschluss einer Windkraftanlage an das Stromnetz

Einzel-Windkraftanlagen werden in der Regel an das 20 kV-Netz angeschlossen. Laut §5 EEG-2012 Absatz (1) sind Netzbetreiber dazu verpflichtet, die EE-Anlage an ihr geeignetes Netz anzuschließen (Verknüpfungspunkt), wenn es in kürzester Luftlinienentfernung zum Standort liegt.

Den Netzanschluss hat der Anlagenbetreiber zu zahlen, für den Ausbau und die Optimierung des Netzes hat wiederum der Netzbetreiber zu sorgen und aufzukommen. Dieser ist ebenso gesetzlich dazu verpflichtet, den gesamten von der Windkraftanlage produzierten Strom abzunehmen und zu vergüten. /SWM-04 13/ Eine Einspeisevergütung gemäß EEG enthält eine Anfangsvergütung für die ersten fünf Betriebsjahre der Anlage, die in Bayern 2013 bei 8,80 ct/kWh liegt. Für die restliche Laufzeit wird eine Grundvergütung von 4,87 ct/kWh gezahlt. /ABSI-01 12/

Sollte die Netzstabilität gefährdet sein, ist der Netzbetreiber ausnahmsweise dazu berechtigt, die Einspeisung zu regulieren. Dementsprechend ist eine Windkraftanlage mit einer Leistung von über 100 kW vom Anlagenbetreiber mit einer ferngesteuerten Einspeiseregulierung auszustatten. /SWM 04 13/

Finanzierung und Rechtsform

Es gibt mehrere Möglichkeiten den Bau einer Windkraftanlage zu finanzieren. Der derzeit häufigste Fall ist die Finanzierung durch einen ortsfremden Investor. Immer beliebter wird jedoch die Beteiligung der Bürger an EE-Projekten in Form einer Energiegenossenschaft. Von in Deutschland insgesamt 754 eingetragenen Energiegenossenschaften sind 206 in Bayern gemeldet (Stand: 31.12.2012). Zwei davon sind Windparkenergiegenossenschaften von insgesamt 49 in ganz Deutschland. Durch Beteiligung der Bürger an nahe gelegenen Windkraftanlagen steigt die Akzeptanz erheblich, da sie selbst Betreiber und Miteigentümer sind und somit Mitsprache und Kontrollrechte innehaben. /UL-01 13/

Am 23. Juli 2013 trat das Alternative Investmentfondsmanagement kurz AIFM-Umsetzungsgesetz nach der EU-Richtlinie in Kraft, welches das Investmentgesetz durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt. Dieses sieht Mindestanlagebeträge von 20.000 Euro bei sogenannten Ein-Objekt-Fonds wie beispielsweise einer Windkraftanlage vor, sowie Fremdkapitalaufnahme- und Rechtsformbeschränkungen. Da diese Bedingungen schwer für Energiegemeinschaften zu erfüllen gewesen wären, einigte sich der Finanzausschuss darauf, operativ tätige Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, sowie es eine Energiegemeinschaft darstellt, nicht als Investmentvermögen anzusehen und somit nicht dem KAGB zu unterstellen. Er  betont sogar explizit, dass Geschäftsbetriebe von Biogas-, Solar-, und Windkraftanlagen, sofern sie selbst betrieben werden und bei denen keine Auslagerung des Geschäfts erfolgt, von der gesetzlichen Änderung nicht betroffen sein werden. Insofern kann also die Bürgerbeteiligung an Windkraftanlagen in Form von Energiegenossenschaften weiterhin bestehen. /IP-01 13/

Windkraftanlagen im Wald – die Lösung für Bayern?

Bayern ist das größte deutsche Bundesland mit einer Fläche von 70.550 m², rund 35 % davon sind mit Wald bedeckt /BLSD 06 12/. Häufig liegen auch die Windeignungsflächen in Waldgebieten, da naturgemäß Siedlungen und deren Umkreis ausgeschlossen sind. Die Nutzung von Waldflächen für den Bau von Windkraftanlagen liegt also nahe. Im Windenergieerlass Bayern sind sogar 17 % der Vorranggebiete für Windkraftanlagen in Waldgebieten gelegen.

Grundsätzlich gibt es für Windkraftanlagen im Wald folgende Problemstellung: Die Strömung des Windes wird durch Hindernisse beeinflusst. Ein Waldgebiet stellt im Gegensatz zu einem freien Feld ein Hindernis dar. Sobald die Strömung des Windes auf den Widerstand, in diesem Fall das Waldgebiet, trifft, treten Reibungseffekte auf und es bilden sich Verwirbelungen in der Luft (vgl. Abb. 3). Diese Luftwirbel beeinflussen die Leistung von Windkraftanlagen erheblich, d.h. die Anlage wird weniger produktiv und damit unwirtschaftlicher („Umgebungseffekt“). Eine Windkraftanlage muss daher deutlich aus der Fläche der Waldgipfel herausragen, um ihre volle Leistung halten zu können. Mit den mittlerweile üblichen Nabenhöhen von bis zu 140 m ist dies inzwischen grundsätzlich möglich /IRB 01 12/. Idealerweise sollte eine solche Anlage auf einem waldbewachsenen Hügel errichtet werden, da hier der Umgebungseffekt deutlich weniger Gewicht hat und höhere Windgeschwindigkeiten auftreten.

Des Weiteren ist zu beachten, dass beim Bau einer Windkraftanlage im Wald eine bestimmte Fläche gerodet werden muss. Nicht nur die Anlage selbst nimmt eine Fläche von ca. 400 m² ein, sondern auch ein Kranstellplatz (für Bau und Instandhaltungsmaßnahmen) und ein angemessenes Wegenetz muss angelegt werden. Bei einem einzelnen Windrad kommt man so auf eine Gesamtfläche von ca. 2.500 bis 3.000 m², die gerodet werden muss /BES-01 13/. Eine Rodungserlaubnis ist nach dem Waldgesetz für Bayern erforderlich (Art. 9 BayWaldG). Zu den wenigen Ausschlussflächen im Wald gehören Naturwaldreservate, besondere Schutzwälder, Naturschutzgebiete, Special Protected Areas und Erholungswälder der Stufe 1 /BSF-01 12/. Deshalb  sollte ein bereits möglichst schon erschlossener Standort (Forstwege) gewählt werden, der keinen besonderen Schutzstatus oder keine herausragende Waldfunktion besitzt /BSR-01 11/. Staatswälder sind hier von Vorteil, weil sie in der Regel mit LKW befahrbaren Straßen erschlossen sind. Die Anbindung an ein öffentliches Stromnetz  kann des Weiteren bis zur nächsten öffentlichen Straße unterirdisch mittels Erdkabel erfolgen.

Für Waldbesitzer stellt der Bau von Windkraftanlagen meist einen wirtschaftlichen Vorteil dar. Neben Pachteinnahmen für Standort und Nebenanlagen, können beispielsweise durch benötigte Pflege- und Überwachungstätigkeiten der Anlagen Arbeitsplätze entstehen /BSF-01 12/. Nachteil für Windkraftanlagenbetreiber können  dagegen die häufig sehr hohen Pachtpreise sein. Je nach Standort beträgt die Grundpacht zwischen 10.000 und 25.000 Euro, meistens kommt noch eine Umlagebeteiligung hinzu /FTD-03 12/.

Ob eine Anlage im Wald wirtschaftlich betrieben werden kann oder nicht, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Um das Ausbauziel der Bayerischen Staatsregierung von 1.000 bis 1.500 Anlagen zu erreichen wird jedoch voraussichtlich nicht auf die Nutzung von Waldgebieten verzichtet werden können.

Darüber wird noch gestritten

Während in Ost- und Norddeutschland die Windkraft bereits eine bedeutende Rolle einnimmt, ist Bayern hier noch Schlusslicht. Neben den natürlichen Gegebenheiten spielen dabei vor allem gesellschaftspolitische Faktoren eine große Rolle.

„10-H-Regel“

Die bereits erwähnte, von Ministerpräsident Horst Seehofer eingeführte „10-H-Regel“, sorgt für sehr großen Diskussionsbedarf. In der Genehmigungspraxis ist vielerorts ein Stillstand zu beobachten, da noch kein abschließend verabschiedetes Gesetz vorliegt. Zudem steht die Regelung im Gegensatz zu dem ambitionierten Windkraft-Ausbauziel von 6 – 10% bis 2022 des Bayerischen Energiekonzeptes.

„Verspargelung der Landschaft“

Ein häufiges Argument gegen Windkraftanlagen in Bayern ist die Befürchtung das Landschaftsbild nachhaltig zum negativen zu verändern, dabei wird oft von der „Verspargelung Bayerns“ gesprochen. Von Windkraft-Kritikern wird außerdem befürchtet, dass die landschaftliche Schönheit wegen der viele Touristen nach Bayern kommen durch Windkraftanlagen beeinträchtigt wird und folglich auch der Tourismus Schaden nimmt. In diesem Sinne hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer kürzlich ein Gesetz vorgeschlagen, wonach künftig der Abstand einer Windkraftanlage zu Wohngebieten das zehnfache der Anlagenhöhe („10-H-Regel“) betragen soll. Der Vorstand des Städtetags lehnte den Vorstoß bisher einstimmig ab, weil dieser die „Ernsthaftigkeit der Energiewende“ in Frage stelle und den geplanten Ausbau der Windkraft, bis 2022 etwa 6 – 10 % des bayerischen Energiebedarfs zu decken, unmöglich mache. Vertreter der Initiative „Rückenwind für Bayern“ reichten 6.000 Unterschriften ein, um Seehofers Vorstoß zu stoppen und den Bundesrat dazu aufzufordern die Abstandsklausel fallen zu lassen. Da zeitnah keine Länderöffnungsklausel von Berlin aus zu erwarten ist, die notwendig wäre, damit Bayern seinen Vorstoß in die Tat umsetzen könnte, stellte der Bundesrat den Antrag vorerst zurück /MP-01 13/. Kritik kam auch aus den Reihen der Gewerkschaften und Naturschützer, die einwandten, dass in Bayern rund 100.000 Arbeitsplätze am Ausbau der erneuerbaren Energien hingen /AA-01 13/.

Windkraft in den Voralpen

Der Voralpenraum bietet beim Thema Windkraft ebenfalls großes Konfliktpotenzial. Die Region gehört aufgrund der höheren Windgeschwindigkeiten zu den besten Standorten für Windkraftanlagen innerhalb Bayerns. Hier gibt es jedoch zahlreiche Gegner, die Beeinträchtigungen oder die Zerstörung von Landschaft und Tierwelt fürchten.

Die Beispiele zeigen, dass der Ausbau der Windenergie in Bayern immer noch ein umstrittenes Thema darstellt. Häufig tauchen Konflikte auch zwischen Landkreisen oder Gemeinden auf und führen zu ungewöhnlichen Konstrukten. Beispielsweise genehmigt ein Landkreis den Bau einer Windkraftanlage in einem grenzübergreifenden Landschaftsschutzgebiet, der benachbarte Landkreis verweigert dagegen auf seiner Seite des Schutzgebiets die Genehmigung. Hier muss es das Ziel sein, eine bessere Kommunikation und ein konstruktiveres Zusammenarbeiten der beteiligten Akteure zu erreichen. Die Motivation ist dabei nicht immer das Problem. Laut Studien der Agentur für Erneuerbare Energien befürworten 94 % der Bayern den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien. 60 % stimmen laut Umfragen sogar dem Ausbau von Windkraftanlagen in der Umgebung des eigenen Wohnorts zu. Mit diesem Umfragewert ist Bayern Spitzenreiter im Ländervergleich. /AEE-05 11/, /LFU-01 13/

 

Quellen und weitere Informationen

AA-01 13 Stern, Henry: Bayerns Städte contra Seehofer: Streit um Abstand von Windrädern in: Augsburger Allgemeine. Augsburg: Augsburger Allgemeine, 2013
ABSI-01 12 Becher, Raimund et al.: Windenergie in Bayern – Rückenwind geben – Potenziale maßvoll ausbauen – Menschen mitnehmen!. Moosburg: Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Solar-Initiativen, 2012
AEE-05 11 Umfrage: Bürger befürworten Energiewende und sind bereit, die Kosten dafür zu tragen in: http://www.unendlich-viel-energie.de/de/detailansicht/article/4/umfrage-buerger-befuerworten-energiewende-und-sind-bereit-die-kosten-dafuer-zu-tragen.html. Berlin: Agentur für Erneuerbare Energien e.V., 2011
BANL-01 15 Nagel, Paul-Sebastian: Umweltprüfungsinstrumente bei Netzausbau und Windenergieprojekten in: Vortrag an der FfE am 12.08.2015. Laufen: Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL), 2015
BES-01 13 Beermann, Günter: Technik, Genehmigungsprozess und Auslegung von Windkraftanlagen – Vortrag im Rahmen des VDE-Seminar 100-13-01 Regenerative Energieerzeugung Windenergie am 02. Mai 2013. München: Beermann Energiesysteme, 2013
BLSD-03 13 Netto- und Bruttostromverbrauch in Bayern nach Verbrauchergruppen. München: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, 2013
BLSD-06 12 Bodenfläche Bayerns zum 31. Dezember nach Nutzungsarten. München: Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (BLSD), 2012
BSF-01 12 Windenergie aus dem Staatswald. Regensburg: Bayerische Staatsforsten, 2012
BSR-01 11 Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen (WKA) – Windenergie-Erlass Bayern – Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. München: Bayerische Staatsregierung, 2011
FTD-03 12 Von Buttlar, Horst: Das schmutzige Geheimnis der Energiewende in: Financial Times. Hamburg: Financial Times, 2012
IP-01 13 AIFM-UMSETZUNGSGESETZ BESCHLOSSEN MIT KONSEQUENZEN FÜR EE-BRANCHE. Legden: inside partner, 2013
IRB-01 12 Heier, Siegfried: Nutzung der Windenenergie – 6., erweiterte und vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Fraunhofer IRB-Verlag, 2012
IWR-01 13 Borchers, Sigfried: Planungsaspekte im Vorfeld von WEA-Vorhaben. Münster: Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien, 2013
LFU-01 13 Windenergie in Bayern. Augsburg: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), 2013
LFU-02 12 Windkraftanlagen-beeinträchtigt Infraschall die Gesundheit?. Augsburg: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU), 2012
MP-01 13 Stern, Henry: Bayern legt Windrad-Plan auf Eis in: Main Post. Würzburg: Main Post, 2013
STMELF-01 13 Windkraft im Wald. München: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, 2013
STMWIVT-02 12 Landesentwicklungsprogramm Bayern – Alpenplan. München: Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (StMWIVT), 2012
SWM-04 13 Ney, Johannes: Technische und organisatorische Fragen zu Netzanschluss, Netzparametern und Netzanschlussebene sowie Netzrückwirkung, Regelung von Anlagen und Spannungsqualität – Vortrag im Rahmen des VDE-Seminar 100-13-01 Regenerative Energieerzeugung Windenergie am 02. Mai 2013. München: Stadtwerke München GmbH (SWM), 2013
UL-01 13 Holstenkamp, Lars; Müller, Jakob R.: Zum Stand von Energiegenossenschaften in Deutschland. Lüneburg: Universität Lüneburg, 2013
WIND-01 13 Status des Windenergieausbaus in Deutschland. Varel: Deutsche WindGuard GmbH, Berlin: Bundesverband WindEnergie e.V., Frankfurt: Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA), 2013