12.03.2025

Marktdesignänderungen der EPEX SPOT: Einfluss auf die Erlöspotenziale von Batteriespeichern

Preisvolatilitäten auf den Spotmärkten eröffnen vielversprechende Geschäftsmodelle für Batteriespeicher. Gleichzeitig erfahren die Spotmärkte wesentliche Änderungen im Marktdesign. Im Rahmen der 14. Internationalen Energiewirtschaftstagung (IEWT) an der TU Wien wurde untersucht, welche Implikationen sich aus den aktuellen Marktdesignänderungen für die Erlöspotenziale von netzgekoppelten Batteriespeichern ergeben. Die Arbeit wurde mit dem Young Scientist Best-Paper-Award ausgezeichnet.

Aktuelle Marktdesignänderungen an der EPEX SPOT

Das europäische Stromsystem wandelt sich durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und die fortlaufende Harmonisierung des europäischen Stromhandels grundlegend. Bereits am 13. Juni 2024 wurde die Intraday-Auktion der EPEX SPOT zur Bepreisung der Innertageskapazität europaweit erweitert. Statt teils bestehenden landesspezifischen Intraday-Auktionen gibt es seit Juni 2024 als Teil des Single Intraday Couplings (SIDC) drei einheitliche europaweite Auktionen. [1]

In Deutschland wird seitdem die ursprüngliche Intraday-Auktion (IDA1) um 15:00 Uhr des Vortages nun durch eine weitere Auktion (IDA2) um 22:00 Uhr des Vortages, sowie eine Mittagsauktion (IDA3) um 10:00 Uhr des Liefertages komplementiert (siehe Abbildung 1). Letztere bezieht sich dabei lediglich auf die zweite Tageshälfte (12:00 Uhr bis 00:00 Uhr) des Liefertages. [1] Im Juni 2025 steht mit der Umstellung der SADC-gekoppelten Day-Ahead (DA) Auktion von den aktuellen Stundenprodukte auf Viertelstundenprodukte eine weitere bedeutende Marktdesignänderung und gleichzeitig die Angleichung des DA-Marktes an die Granularität der Intraday-Märkte an. [2]

 

Abbildung 1: Gate Closure Times und Produktgranularität der EPEX SPOT in Deutschland (Stand Februar 2025) [3]

 

Wie wirken sich die Änderungen auf die Erlösgenerierung von Batteriespeichern aus?

Nach Angaben verschiedener Vermarkter spielen im Jahr 2024 bei marktübergreifender Optimierung die Spotmarktanteile an den Gesamterlöspotenzialen eine entscheidende Rolle. Zukünftig wird zudem eine Sättigung der Regelleistungsmärkte und damit eine Zunahme der Relevanz von Spotmärkten in BESS-Erträgen erwartet [4,5]. Mit den Marktdesignänderungen sind auch Änderungen in den Erlöspotenzialen der Spotmärkte zu erwarten.

1. Zusätzliche Märkte zur Einzelvermarktung und für Arbitrage

Grundsätzlich ergeben sich mit den neuen Auktionen IDA2 und IDA3 zwei weitere Märkte, die potenziell für die Einzelvermarktung genutzt werden können und zwischen denen Arbitrage betrieben werden kann. Die Analyse ergab, dass der durchschnittliche absolute Preisunterschied zwischen den Märkten mit zunehmendem zeitlichem Abstand des Handelsschluss der Märkte und zunehmender Nähe zum Lieferzeitpunkt steigt. Dies impliziert zusätzliche Arbitragemöglichkeiten durch die neuen Auktionen, die in einem größeren zeitlichen Abstand zum DA-Markt stattfinden. Wie in Abbildung 2 deutlich wird, zeichnen sich die neuen Auktionen allerdings durch geringe Marktvolumina und damit eine erhöhte Preissensitivität hinsichtlich wegfallender oder zusätzlicher Kapazitäten aus [6].

Abbildung 2: Historische Day-Ahead Stundenpreise und modellierte Viertelstundenpreise basierend auf Daten der EPEX SPOT an den Beispieltagen 04.06.2024 und 05.06.2024 [7]

Für die Intraday-Auktionen wurden mit dem Vermarktungsmodell eFlame Erlöspotenziale eines Batteriespeichers in der Einzelvermarktung sowie in zwei kombinierten Vermarktungen modelliert. In der Einzelvermarktung zeigten die neuen Intraday-Auktionen höhere Erlöspotenziale als der DA-Markt. In der kombinierten Vermarktung wurde die Optimierung am DA-Markt mit nachfolgender Vermarktung in der IDA1-Auktion im Vergleich zu einer zusätzlichen Vermarktung in der IDA2-Auktion betrachtet. Die Optimierung auf drei Märkten führte dabei nur zu geringfügig höheren Erlöspotenzialen. Lieferverpflichtungen durch die Teilnahme an vorgelagerten Märkten in Kombination mit Zyklenbeschränkungen des Speichers spielen hierbei eine Rolle. Zudem ist der Unterschied zwischen Erlöspotenzialen und tatsächlichen Erlösen bedeutend. Insbesondere bei Märkten mit geringerem Marktvolumen kann aufgrund höherer Volatilität und Unsicherheit die Realisierung von Erlöspotentialen herausfordernder sein, weshalb eine kombinierte Vermarktung unter Einbezug des DA-Marktes mit zusätzlichen Handelszeitpunkten dennoch Vorteile bieten kann.

2. Anstieg der Day-Ahead Volatilität durch bessere Abbildung der innerstündlichen Extrema

Das Preisniveau im Tagesverlauf hängt in der Regel von der zugrunde liegenden Merit-Order und der Residuallast (Stromnachfrage abzüglich der variablen Solar- und Winderzeugung) ab. Entscheidend ist bei der innertägigen Preisentwicklung der Anteil volatiler und steuerbarer Erzeugung im System, die Verfügbarkeit erneuerbarer Ressourcen wie Wind und Sonne, die Veränderung des Verbrauchsverhaltens über den Tag, sowie die Verfügbarkeit von Flexibilitätsoptionen. Grundlegende Preisschwankungen im Tagesverlauf sowie das Auftreten von Preisspitzen sind systemischer Natur und können von BESS zur Erlösgenerierung prinzipiell und unabhängig von der genauen Ausgestaltung des Marktdesigns auf allen Spotmärkten genutzt werden. [6,8]

Höhere Produktgranularitäten können dabei Veränderungen in der Erzeugung und im Verbrauch jedoch genauer abbilden [2]. Bei Stundenprodukten ist im Vergleich zu Viertelstundenprodukten davon auszugehen, dass Extremwerte, die in Viertelstunden auftreten, abgemildert werden. Dies ist darin begründet, dass Veränderungen in der Erzeugung oder Last innerhalb einer Stunde, die bereits zum Handelsschluss des DA-Marktes bekannt sind, in den Stundenprodukten nur über einen einzelnen (mittleren) Preis abgebildet werden können. Dementsprechend bilden Viertelstundenprodukte Extrempreise im Tagesverlauf genauer ab, was eine erhöhte Preisvolatilität eines viertelstündlichen DA-Marktes im Vergleich zum ursprünglichen Stundenproduktdesign und damit höhere DA-Erlöspotenziale für BESS impliziert.

Abbildung 3 zeigt historische Stundenpreise basierend auf Daten der EPEX SPOT sowie modellierte Viertelstundenpreise an den Beispieltagen 04.06.2024 und 05.06.2024

Abbildung 3: Historische Day-Ahead Stundenpreise und modellierte Viertelstundenpreise basierend auf Daten der EPEX SPOT an den Beispieltagen 04.06.2024 und 05.06.2024 [7]

 

3. Wegfall des Sägezahnmusters auf den Intraday-Märkten

Zusätzlich zur innertägigen Optimierung von BESS können preisliche Differenzen der gleichen Zeiteinheiten zwischen verschiedenen Märkten zur Erlösgenerierung genutzt werden. Der Handel auf den Spotmärkten wird durch zwei konträre Faktoren bestimmt: Während Geschäfte zur Risikominimierung und Preisabsicherung in der Regel so früh wie möglich abgeschlossen werden, verbessern sich die Informationen über das erwartete Angebot und die Nachfrage mit zunehmender Nähe zur physikalischen Lieferung. Auf den nachgelagerten Intraday-Märkten werden daher insbesondere Prognosefehler gegenüber den zeitlich vorgelagerten Märkten ausgeglichen. Ebenso werden ungeplante Veränderungen kompensiert. Aus diesem Mechanismus ergeben sich preisliche Unterschiede im Vergleich zum DA-Preis. [8]

Zwischen den DA-Preisen und der darauffolgenden IDA1-Auktion ergeben sich des Weiteren aktuell Preisdifferenzen aufgrund der abweichenden Produktgranularitäten der Märkte. Während auf dem DA-Markt momentan noch Produkte mit einer minimalen zeitlichen Granularität von einer Stunde gehandelt werden, können auf den Intraday-Märkten Viertelstundenprodukte gehandelt werden. Dementsprechend werden auf dem Intraday-Markt auch Abweichungen des erwarteten Preisniveaus für jede Viertelstunde im Vergleich zum Stundenwert ausgeglichen. Durch die Granularitätsdifferenz der Märkte entsteht bei den Intraday-Auktionen das typische Sägezahnmuster (siehe Abb. 4), das von BESS zur Erlösgenerierung genutzt wird.

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Abbildung 4: Day-Ahead (DA) und Intraday (IDA1)-Auktionspreise an den Beispieltagen 23.10.2024 und 24.10.2024 basierend auf Daten der EPEX SPOT [7] 

Die Entstehung des Sägezahnmusters wird in Abbildung 5 verdeutlicht, die jeweils zwei Stunden mit steigender Residuallast (links) und zwei Stunden mit sinkender Residuallast (rechts) darstellt. Im Falle der steigenden Residuallast entsteht aus dem stündlichen DA-Handel eine Lastüberschätzung in den ersten beiden Viertelstunden jeder Stunde und eine Lastunterschätzung in den letzten beiden Viertelstunden jeder Stunde. Dadurch steigt die Nachfrage während jeder Stunde an und es resultiert ein Preisanstieg in der Intraday Auktion. Zwischen den Stunden bzw. zwischen der letzten Viertelstunde der vorherigen Stunde und der ersten Viertelstunde der folgenden Stunde kommt es zu einem Preissprung, da ein plötzlicher Wechsel von Lastüberschätzung zu Lastunterschätzung stattfindet. Bei sinkender Residuallast entsteht analog ein umgekehrtes Sägezahnmuster. [8]

Die dadurch verursachte zusätzliche Preisvolatilität propagiert auf die zeitlich nachgelagerten Märkte und wird von BESS zur Erlösgenerierung genutzt.

 

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Abbildung 5: Sägezahnmuster der Intraday Auktion (IDA1) bei steigender (links) und sinkender Residual-last (rechts) nach [8], basierend auf Daten der ENTSO-E und der EPEX SPOT [7,9]

Mit der Umstellung des DA-Markts auf eine Viertelstundengranularität besteht keine Notwendigkeit mehr, auf dem IDA1-Markt Granularitätsdifferenzen zum vorgelagerten DA-Markt auszugleichen. Marktdifferenzen bestehen dann primär hinsichtlich der Nähe zum Lieferzeitpunkt und des Marktvolumens. Dementsprechend ist zu erwarten, dass das typische Sägezahnmuster des IDA1-Marktes in seiner derzeitigen Form nicht bestehen bleibt. Vielmehr kann erwartet werden, dass der IDA1-Preisverlauf stärker dem DA-Preisverlauf folgt, ähnlich wie aktuell die Preisverläufe der IDA2 und IDA3-Auktion dem IDA1-Preisverlauf folgen. Dies impliziert eine Abnahme der Preisvolatilität der Intraday-Auktionen sowie eine Preisangleichung zwischen den Märkten. Für die Speichervermarktung ist dementsprechend mit geringeren Erlöspotenzialen in der Einzelvermarktung in den Intraday-Auktionen sowie hinsichtlich der Ausnutzung von Preisdifferenzen zwischen dem DA-Markt und den Intraday-Auktionen bei einer kombinierten Vermarktung zu rechnen. Volatilitäten und Preisdifferenzen durch Prognoseabweichungen sowie verschiedene Preissensitivitäten der Märkte sind aber weiterhin zu erwarten.

Auch die Preise des kontinuierlichen Intraday-Marktes sind zwar grundsätzlich durch das Preissignal der Eröffnungsauktion IDA1, und damit auch durch das Sägezahnmuster, beeinflusst, für die Erlösgenerierung auf dem kontinuierlichen Intraday-Markt sind allerdings insbesondere Preisschwankungen desselben Zeitintervalls bis zu dessen Lieferzeitpunkt bedeutend. Die Preisentwicklung eines Zeitintervall bis zu dessen Handlungsschluss hängt allerdings insbesondere von unvorhersehbaren Veränderungen in Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen kurz vor der Lieferung sowie Spekulation der Marktteilnehmer ab [8,10]. Dementsprechend ist auch nach der Einführung von DA-Viertelstundenprodukten mit bedeutenden BESS-Erlöspotenzialen auf dem kontinuierlichen Intraday-Markt zu rechnen.

Fazit

Insgesamt implizieren die Marktdesignänderungen ökonomische Vorteile hinsichtlich DA-Erlösen, sowie zusätzliche Märkte für die Einzelvermarktung und Arbitrage. Gleichzeitig führt das Verschwinden des typischen Sägezahnmusters durch den Wegfall von Granularitätsunterschieden zu geringerem Erlöspotenzial der Intraday-Märkte. Die tatsächlichen Auswirkungen von Änderungen des Marktdesigns sind daher stark von der Vermarktungsstrategie abhängig und können teilweise durch die Möglichkeit der kombinierten Vermarktung kompensiert werden.

Mehr erfahren? Die FfE-Strompreisprognosen liefern wertvolle Hinweise für zukünftige Erlöspotenziale von Batteriespeichern. Geeignete Vermarktungsstrategien und deren Erlöspotenziale haben wir in verschiedenen Projekten näher untersucht und beobachten wir auch weiterhin in einem sich wandelnden Marktumfeld.

Literatur

[1] EPEX SPOT, Intraday Auctions (IDAs) were implemented across Europe on 13 June 2024, EPEX SPOT News, 2024. Zugriff am 12. November 2024. Verfügbar unter: https://www.epexspot.com/en/news/intraday-auctions-idas-were-implemented-across-europe-13-june-2024.

[2] EPEX SPOT, New 15-minute products in Market Coupling, 2024. Zugriff am 13. Februar 2025. Verfügbar unter: https://www.epexspot.com/en/new-15-minute-products-market-coupling

[3] EPEX SPOT, Trading Brochure, Feb. 2025, 2025.Verfügbar unter: https://www.epexspot.com/sites/default/files/2025-02/EPEX%20SPOT%20Trading%20Brochure%202025%20February.pdf.

[4] Aurora Energy Research, Battery Profitability in Germany, The Netherlands, and Belgium, 2024. Verfügbar unter: https://www.auroraer.com/insight/battery-profitability-in-germany-the-netherlands-and-belgium/.

[5] J. Figgener, P. Stenzel, K.-P. Kairies, J. Linßen, D. Haberschusz, O. Wessels, M. Robinius, D. Stolten und D. U. Sauer, The Development of Stationary Battery Storage Systems in Germany – Status 2020, 2021. Journal of Energy Storage, Bd. 33, 2021, Art.-Nr. 101982. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1016/j.est.2020.101982.

[6] S. M. Braun und C. Brunner, Price Sensitivity of Hourly Day-ahead and Quarter-hourly Intraday Auctions in Germany, 2018. Zeitschrift für Energiewirtschaft, vol. 42, pp. 257–270, 2018. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/s12398-018-0228-0.

[7] EPEX SPOT, Market Data, 2025. Verfügbar unter: https://www.epexspot.com/en/market-data.

[8] T. Wawer, Spotmärkte für Elektrizität. In: Elektrizitätswirtschaft, Springer Gabler, Wiesbaden, 2022, S. 157 ff. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-38418-0_6.

[9] ENTSO-E, Transparency Platform, Total Load – Day Ahead /Actual, 2025. Verfügbar unter: https://transparency.entsoe.eu/load-domain/r2/totalLoadR2/show

[10] J. Rominger, M. Losch, S. Steuer, K. Köper und H. Schmeck, Analysis of the German Continuous Intraday Market and the Revenue Potential for Flexibility Options. 16th International Conference on the European Energy Market (EEM), Ljubljana, Slovenia, 2019, S. 1–6. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1109/EEM.2019.8916566.