Welche Vorteile bietet gesteuertes und bidirektionales Laden für Nutzer:innen heute und in Zukunft?
Intelligentes Laden (die Fähigkeit, Ladevorgänge durch Zeitverschiebung und Leistungsregelung zu steuern) und bidirektionales Laden (zusätzliches Entladen von Elektrofahrzeugen) sind für die Dekarbonisierung des Stromsektors unerlässlich. Aus Sicht des Energiesystems kann durch diese Lade- und Entladestrategien die Integration von Elektrofahrzeugen (EVs) effizient und vorteilhaft gestaltet werden.
Um den Hochlauf von EVs zu beschleunigen, sollten entsprechende Anwendungsfälle (Use Cases) des intelligenten Ladens und des bidirektionalen Ladens nicht nur für das Energiesystem vorteilhaft sein, sondern auch einen finanziellen Mehrwert für private Nutzer:innen von Elektrofahrzeugen bieten. Unterschiedliche Use Cases, wie beispielsweise der Handel an den Spotmärkten oder die Optimierung des Eigenverbrauchs von PV-Strom, haben das Potenzial, Use Cases für Nutzer:innen auch unter Einbezug von entstehenden Mehrkosten profitabel zu machen. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, mit intelligenten Ladestrategien zusätzlich Treibhausgasemissionen einzusparen, indem die Emissionen, die im Strom, der in das EV geladen wird, enthalten sind, reduziert werden.
Journal Paper zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit und Emissionseinsparungen von exemplarischen Use Cases
In einer neuen FfE-Veröffentlichung werden die Use Cases Spotmarkthandel, PV-Eigenverbrauchsoptimierung und die Kombination aus beiden Fällen (Multi-Use) für intelligentes unidirektionales Laden und für bidirektionales Laden für deutsche Haushalte unter Verwendung des FfE-Modells eFlame simuliert und analysiert. Der Ansatz umfasst den sequenziellen Spotmarkthandel am Day-Ahead Markt, der Intraday-Auktion und dem kontinuierlichen Intraday-Markt. Für den Multi-Use Case werden beide einzelnen Use Cases gleichzeitig angewendet. Neben den Basisfällen werden unterschiedlichste Sensitivitäten (Umlagenbefreiung, Batteriealterung, Pendler, etc.) untersucht. Die wichtigsten Merkmale des Journal Papers sind
- realistische Szenarien für heute (2021, 2022) und das Zukunftsjahr 2030,
- die Einbeziehung zusätzlicher Kosten der Technologien zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit und
- die Bewertung der betriebsbedingten Treibhausgasemissionen, ausgedrückt in kgCO2-Äquivalenten.
Die im Paper dargestellten Ergebnisse zeigen, dass intelligentes Laden in den meisten Fällen heute und in allen Fällen im Jahr 2030 unter dem Strich profitabel ist und im Vergleich zum einfachen direkten Laden (ungesteuertes Laden) jährliche Stromkosteneinsparungen von über 500 € pro EV ermöglicht. Bidirektionales Laden, das heute nur für den Multi-Use Case PV-Eigenverbrauchsoptimierung plus Spotmarkthandel profitabel ist, wird im Jahr 2030 durchgängig profitabel mit Stromkosteneinsparungen zwischen 300 € und 2.700 € pro EV und Jahr. Die unten stehende Abbildung zeigt exemplarisch die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsanalyse für das Basisjahr 2021 für diesen Multi-Use Case.
Zu den wichtigsten identifizierten Einflussfaktoren gehören jahresspezifische Preischarakteristika, das Nutzerverhalten, Ladebeschränkungen und Vorschriften für abgegebenen Strom. Was die Untersuchungen der Emissionen für die Jahre 2021 und 2022 betrifft, so verringern einige Ladestrategien die betrieblichen Treibhausgasemissionen, während andere die Emissionen erhöhen. Die Anwendung von intelligentem und bidirektionalem Laden ist daher derzeit nicht immer vorteilhaft in Bezug auf die Emissionen. Im Jahr 2030 sinken die Emissionen jedoch in allen Fällen, was durch eine geringere Treibhausgas-Intensität des deutschen Strommixes und weniger restriktive Beschränkungen für Lade- und Entladevorgänge positiv beeinflusst wird.
Alle Ergebnisse und Rückschlüsse werden im Detail im Open Access Paper „Prospects of electric vehicle V2G multi-use: Profitability and GHG emissions for use case combinations of smart and bidirectional charging today and 2030“ des Applied Energy Journal vorgestellt und diskutiert. Zum Paper geht es hier.