11.03.2019

Was ist ein intelligentes Messsystem und auf welcher rechtlichen Grundlage kommt der Rollout?

Nach langer Vorbereitungszeit steht der Rollout von intelligenten Messsystemen in Deutschland bevor. In einer Serie von sechs Beiträgen wird das Themenfeld Smart Metering näher betrachtet und verschiedene Schwerpunkte aus den Bereichen Technik, rechtliche Grundlagen und Mehrwert vorgestellt.

Im Rahmen des Forschungsprojektes C/sells1 nutzt die FfE in Zusammenarbeit mit Bayernwerk die Architektur der intelligenten Messsysteme (iMSys) unter anderem dazu, neu entwickelte Methoden zur Umsetzung eines marktbasierten Engpassmanagements zu demonstrieren. Weitere Informationen zu dem Themenfeld „Smart Metering“ bzw. „C/sells“ sind über den entsprechenden Link zu finden.

Das Ziel der Einführung von intelligenten Messsystemen (iMSys) ist kein nationales Vorhaben von Deutschland, sondern entstand im europäischen Kontext. Im Jahr 2009 wurde durch das EU-Binnenmarktpaket Energie 2009/72/EG die Einführung von iMSys in den jeweiligen Mitgliedstaaten beschlossen. Hintergrund hierfür ist u. a. die Unterstützung einer aktiven Teilnahme von Verbrauchern am Strommarkt. Planmäßig sollte bis 2012 eine wirtschaftliche Bewertung der Länder bzgl. der Ausgestaltung des Rollouts durchgeführt werden. Auf Basis einer positiven Bewertung sollten dann bis zum Jahr 2020 rund 80 % der Verbraucher mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet werden. [1]

Eine für Deutschland durchgeführte Kosten-Nutzen-Analyse ergab im Jahr 2013 eine gesamtwirtschaftliche Unvorteilhaftigkeit bzgl. der ca. 40 Millionen iMSys (entspricht einer Rolloutquote von ca. 80 %). Hierdurch wurde national von einem flächendeckenden Rollout abgesehen, um hohe individuelle Belastungen zu vermeiden. [2]

Als rechtliche Konsequenz der europäischen Vorgaben und nationalen Untersuchungen wurde im Jahr 2016 das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) verabschiedet. Dieser rechtliche Rahmen gibt u. a. die technischen Mindestanforderungen vor und steckt den Rahmen für den Rollout von intelligenten Messsystemen in Deutschland ab. [3]

Das im GDEW beschriebene intelligente Messsystem besteht dabei im Wesentlichen aus zwei Komponenten: Einer modernen Messeinrichtung (mME) und einem Smart-Meter-Gateway (SMGW).

Eine moderne Messeinrichtung ist „eine Messeinrichtung, die den tatsächlichen Elektrizitätsverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit wiederspiegelt und über ein SMGW sicher in ein Kommunikationsnetz eingebunden werden kann“ [3]. Die mME ersetzt in erster Linie den bisher überwiegend verwendeten Ferrariszähler und übernimmt dessen Basisfunktion – die geeichte Messung verbrauchter Energie.

Neben der modernen Messeinrichtung stellt das Smart-Meter-Gateway die zweite und zentrale Komponente des iMSys dar. Sie fungiert dabei als Kommunikationseinheit. Als Funktionalität steht die Erhebung, Zeitstempelung, Verarbeitung, Übermittlung, Speicherung und Löschung von Messwerten und zugehöriger Daten im Vordergrund, wobei Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität zu gewährleisten sind.

Abbildung: Schematische Darstellung von Komponenten der Smart-Meter-Infrastruktur für einen Verbraucher bzw. Erzeuger

Wie in der Abbildung dargestellt, ist die moderne Messeinrichtung mit dem Smart-Meter-Gateway verbunden, wobei perspektivisch nicht nur der Stromzähler, sondern auch Messeinrichtungen aus anderen Sparten (Wasser, Gas etc.) mit eingebunden werden können. Neben der Erhebung und Versendung von Messdaten bietet die iMSys-Architektur die Möglichkeit, über einen Kanal Schaltbefehle zu übermitteln und sogenannte „Controllable Local Systems“, kurz CLS (bspw. Photovoltaikanlagen) bedarfsgerecht zu steuern. Damit keine unbefugten Parteien Messdaten aus dem SMGW abrufen bzw. Schaltbefehle übermitteln, prüft der Gateway Administrator die Berechtigung des anfragenden Dritten.

Wie zu Beginn dargestellt, wird in Deutschland kein flächendeckender Rollout durchgeführt. Im nächsten Teil der Beitragsserie wird daher untersucht, wer ein intelligentes Messsystem bekommt und wann der Rollout in Deutschland umgesetzt wird.

Quellen:
[1] RICHTLINIE 2009/72/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES – über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG. Brüssel: Europäische Union, 2009.
[2] Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler – Endbericht zur Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Stuttgart: Ernst & Young GmbH, 2013.
[3] Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Berlin: Bundesregierung 2016

 

1) Die Bearbeitung der hier beschriebenen Inhalte erfolgt im Verbundprojekt C/sells durch die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. Die Aktivitäten im Verbundprojekt C/sells werden im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen: 03SIN121).