30.06.2025

Warum ist Wasserstoff in der Praxis teurer als bisher häufig angenommen?

Grüner Wasserstoff gilt als eine Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Energiezukunft. Doch die tatsächlichen Kosten seiner Herstellung wurden lange unterschätzt. Dieses Diskussionspapier “Von der Theorie zur Praxis: Warum grüner Wasserstoff teurer ist als gedacht” beleuchtet die verschiedenen Faktoren, die bei einer realistischen Betrachtung mit Annahmen aus der Praxis zu höheren Kosten führen.

Die Herstellungskosten für grünen Wasserstoff wurden in öffentlichen Berichten lange Zeit erheblich unterschätzt. Dahinter steckt eine Reihe von Faktoren. So wurden zum einen die Investitionskosten oft zu niedrig angesetzt. Dabei wurden die Ausgaben für Detailplanung, Beschaffung, Installation und Projektentwicklung häufig nicht vollständig berücksichtigt. Die vollständigen Kosten umfassen nicht nur die physischen Komponenten der Wasserstoffproduktion, sondern auch die Planung und Durchführung des Projekts, die oft komplex und teuer sind und deren Auswirkungen insbesondere bei Elektrolyseuren im niedrigen zweistelligen MW-Bereich zu deutlichen Erhöhungen führen können: Je kleiner das Projekt, desto größer fallen insbesondere die Kosten die Planung und Beschaffung in das Gewicht.

Darüber hinaus verlieren die Elektrolyse-Stacks – die zentralen Elemente, in denen die eigentliche Elektrolysereaktion stattfindet – durch intensive Nutzung an Effizienz. Wird die Effizienz zu niedrig, ist oft ein Austausch der Stacks sinnvoll. Die Kosten dafür müssen jedoch ebenfalls berücksichtigt werden.

Schließlich wurden die Strombezugskosten oft zu niedrig eingeschätzt. Ein entscheidender Faktor hierbei sind die Opportunitätskosten der Stromerzeuger, die ihren Strom auch am Markt oder über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vermarkten könnten. Diese Opportunitätskosten stellen den potenziellen Gewinn dar, den die Erzeuger durch den Verkauf des Stroms erzielen könnten, anstatt ihn für die Wasserstoffproduktion zu verwenden. Nur in Ausnahmefällen werden Strompreise unter Marktpreisen angeboten. Wird von einem Strombezug zu Stromgestehungskosten ausgegangen, die oftmals deutlich unter der Opportunität liegen, führt das zu einer deutlichen Unterschätzung der Stromkosten. Soll der produzierte Wasserstoff auf die Treibhausgasquote anrechenbar sein und auch im Sinne der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU als „grün“ gelten, müssen zudem die Kriterien der Zusätzlichkeit sowie der geographischen und temporalen Korrelation eingehalten werden, was die Kosten wiederum erhöht.

Abbildung 1: Ursachen der deutlichen Steigerung der Gestehungskosten von grünem Wasserstoff im Vergleich zu bisherigen Studien

Diese Faktoren führen dazu, dass die Herstellungskosten von grünem Wasserstoff unter aktuellen Rahmenbedingungen deutlich über vielen bisherigen Annahmen liegen. Mit zunehmender Skalierung, technologischen Fortschritten und angepassten politischen Rahmenbedingungen könnten die Kosten jedoch perspektivisch sinken. Abbildung 1 zeigt die Auswirkungen der drei genannten Punkte auf die Bestandteile der Gestehungskosten von grünem Wasserstoff, der die Kriterien der EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien erfüllt (für eine Erläuterung siehe [1]). Unter idealisierten Annahmen liegen die Gestehungskosten bei 4,10 €/kg. Je nach Projektgröße, Standort und Strompreismodell variieren die realistischen Kosten aktuell stark. In unserem Beispiel liegen sie bei 9,80 €/kg – mehr als doppelt so hoch wie unter idealisierten Annahmen. Diese Werte können sich jedoch mit Marktentwicklung und politischer Unterstützung dynamisch verändern..

Eine realistische Kostenbasis für grünen Wasserstoff ist entscheidend, um gezielte Investitionen, politische Maßnahmen und Innovationen zu ermöglichen, die langfristig zu Kostensenkungen und einer breiteren Anwendung beitragen können. Dieses Diskussionspapier macht einen einfachen Vorschlag zur Abschätzung der tatsächlichen Kosten und leistet damit einen Beitrag zur Debatte über die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff.

Zugang zur vollen Studie gibt es über diesen Link. Eine realistische Kostenbasis für grünen Wasserstoff ist von wesentlicher Bedeutung für Projektentwickler, Investoren, die Politik aber auch für Abnehmer. Mit unserem Vorschlag zur realistischen Kostenschätzung möchten wir eine fundierte Grundlage für die weitere Entwicklung und Förderung von grünem Wasserstoff schaffen und so die Transformation des Energiesystems unterstützen.

Literatur