24.05.2022

Tagesaktuelle spezifische Treibhausgas-Emissionen im deutschen Strommix

Steigende Nachfrage nach individuellen CO2-Fußabdrücken

Eigeninitiative im Kampf gegen den Klimawandel ist in vielen Bereichen möglich und reicht von reduziertem Fleischkonsum über den Verzicht oder die reduzierte Nutzung von Autos mit Verbrennungsmotoren bis hin zu nachhaltigen Geldanlagen. Sowohl im privaten als auch im gewerblichen und industriellen Bereich wächst das Interesse am eigenen CO2-Fußabdruck zunehmend. Der Nachhaltigkeitsaspekt spielt mittlerweile auch im Bereich der Energieversorgung eine zentrale Rolle.

Daten der Treibhausgasemissionen

Dynamische Emissionsfaktoren für Treibhausgase (THG) in Kombination mit elektrischen Lastprofilen ermöglichen die Berechnung individueller Treibhausgas-Fußabdrücke. Die individuelle Menge der aus dem Netz bezogenen elektrischen Energie multipliziert mit dem Emissionsfaktor für die jeweilige Region (z.B. ein Land) ist ein sinnvoller Indikator für die durch den Stromverbrauch verursachten Emissionen. Auf diese Weise kann der individuelle THG-Fußabdruck von Verbrauchern ex post ermittelt und ggf. über Dienstleister wie atmosfair ausgeglichen werden.

Um die THG-Emissionen bereits zum Zeitpunkt des Stromverbrauchs zu minimieren, lässt sich die „Day-Ahead“ Prognose nutzen. Die Daten können beispielsweise in Smart-Home-Anwendungen (wie z. B. Home Assistant) integriert werden, um verbrauchsintensive Geräte wie Waschmaschinen und Trockner so zu steuern, dass sie dann verwendet werden, wenn die THG-Emissionen im Strommix am niedrigsten sind.

Um nachhaltiges Verhalten zu ermöglichen und zu fördern, werden zwei Datensätze auf der FfE-Opendata-Plattform bereitgestellt. Zum einen handelt es sich um eine ex post durchgeführte Berechnung von Emissionsfaktoren, während der zweite Datensatz eine mittels Machine Learning Methoden erstellte Prognose von Emissionsfaktoren darstellt (ex ante). Abbildung 1 zeigt beide Datensätze für einen Beispielzeitraum von drei Tagen. Beide Datensätze werden täglich um 20 und 22 Uhr (MEZ/MESZ) automatisch aktualisiert.

Methodik

Der Code, mit dem die Methode implementiert wurde, ist Open-Source und auf GitLab öffentlich zugänglich.

Als wichtigste Datengrundlage für die Berechnung dient die Stromerzeugung nach Energieträger in Deutschland. Der Stromverbrauch, Import und Exporte sowie Netzverluste werden nicht berücksichtigt. Die Emissionsfaktoren (ex post) werden berechnet, indem die Menge des erzeugten Stroms nach Energieträgern 1 mit den spezifischen Emissionen dieses Energieträgers multipliziert wird. Bei den spezifischen Emissionen ist die Vorkette bereits berücksichtigt, weshalb zum Beispiel auch die Erneuerbaren Energien einen gewissen CO2-Fußabdruck haben.

Die Prognose der THG-Emissionen im Strommix wird mit Hilfe von Machine Learning durchgeführt. Zu diesem Zweck wurde ein Random Forest Regressor mit historischen Daten trainiert, die bei stündlicher Auflösung einen Zeitraum von über drei Jahren abdecken. Zu den Daten, mit denen das Modell trainiert wurde, gehören neben zeitlichen Informationen (Wochentag, Stunde des Tages) auch historische Day-Ahead-Prognosen des Stromverbrauchs, der Wind- und Photovoltaik-Erzeugung sowie des Strompreises.

Die historischen spezifischen THG-Emissionen wurden mit der o. g. ex post Methode für den gleichen Zeitraum berechnet. Somit ist für jede Stunde des Trainingszeitraums neben den Eingangsdaten auch der Zielwert (spezifische THG-Emissionen) bekannt, sodass das Modell deren Zusammenhang „lernen“ kann (Supervised Machine Learning). Alle Eingangsdaten liegen als Day-Ahead Prognosen auf der Transparency Platform der ENTSO-E vor, sodass mit dem trainierten Modell die THG-Emissionen des deutschen Strommix für den kommenden Tag prognostiziert werden können. Um die Unsicherheit der Vorhersage zu berücksichtigen, werden neben dem eigentlichen Vorhersagewert zwei weitere Werte zurückgegeben. Die Ober- und Untergrenze dienen als Indikator dafür, wie sicher das Modell mit der Vorhersage ist.

Abbildung 1: Spezifische Treibhausgasemissionen des Strommix in Deutschland für drei beispielhafte Tage als Prognose (ex ante) und gemessenen Werten (ex post). Der vollständige Datensatz sowie eine tagesaktuelle Version dieser Abbildung ist auf der FfE Open Data Plattform zu finden.

Spezifische Treibhausgasemissionen des Strommix in Deutschland als Prognose (ex ante) und gemessenen Werten (ex post)
Abbildung 2: Ablaufdiagramm für ex post- und ex ante-Berechnung der spezifischen Emissionsfaktoren im Strommix für die FfE Open Data Plattform

Unterschiede der Emissionsfaktoren zu anderen Datensätzen (wie z. B. CO2-Signal) lassen sich im Wesentlichen auf die Wahl unterschiedlicher energieträgerspezifischer Emissionsfaktoren zurückführen, da diese einen großen Einfluss auf das Ergebnis haben. Zur Plausibilisierung der Daten (berechnet mit der ex post Methode), wurden die Jahresmittelwerte berechnet und Daten des Umweltbundesamtes (UBA) gegenübergestellt (siehe Abbildung 3). Der Vergleich zeigt eine maximale Abweichung von 2,5 % für die Werte des Jahres 2020.

Vergleich der durchschnittlichen Emissionsfaktoren pro Jahr (ex post) mit Daten des UBA
Abbildung 3: Vergleich der durchschnittlichen Emissionsfaktoren pro Jahr (ex post) mit Daten des UBA.

Die Daten wurden unter anderem im Rahmen des Feldversuchs des Projektes InDEED (Förderkennzeichen: 03EI6026A) verwendet. 

 

Weitere Anmerkungen

  • Die Software, die als Schnittstelle zur ENTSO-E Transparency Plattform verwendet wird, basiert auf frei verfügbarem Code des Projekts electritiymap.Auf der FfE Open Data Plattform sind beide Datensätze öffentlich zur Verfügung gestellt:

     

  • Da die Datensätze das Ergebnis einer automatisch durchgeführten Berechnung sind, die von Daten der ENTSO-E Transparency Plattform abhängig ist, kann nicht garantiert werden, dass die automatisierte Berechnung immer funktioniert, sodass teilweise fehlgeschlagene Berechnungen manuell erneut durchgeführt werden müssen.