Primärregelleistungspreise im neuen Marktdesign – In welche Richtung werden sich die PRL-Preise zukünftig bewegen?
- Starker Anstieg der PRL-Preise in den Sommermonaten 2021
- Kaum tageszeitabhängige Preisunterschiede der ab Juli 2020 eingeführten 4-stündigen PRL-Produkte
- Abhängigkeit des PRL-Preises vom Day-Ahead-Preis kurz- und langfristig erkennbar
Auswirkung von regulatorischen Anpassungen am PRL-Markt auf die langfristige Entwicklung der PRL-Preise
Der langfristige Abwärtstrend des PRL-Preises sowie saisonale Schwankungen des Preises mit höheren Preisen um die Weihnachtszeit sind klar erkennbar. Insbesondere in den Jahren 2016 bis 2019 verringerte sich der mittlere jährliche PRL-Preis stark. In diesem Zeitraum wurden in Deutschland 350 MW Großbatteriespeicherkapazität zugebaut und der liquide PRL-Markt Frankreichs in die PRL-Kooperation mitaufgenommen. Im Juli 2019 erfolgte dann die Umstellung der Produktdauer von wöchentlichen zu täglichen Produkten sowie die Einführung des Einheitspreisverfahrens anstelle des bis dahin angewendeten Pay-as-bid-Verfahrens. Auch diese regulatorische Anpassung hatte noch einmal einen preismindernden Effekt. In den letzten zwei Jahren zeichnete sich nach dieser Anpassung jedoch eine Sättigung des Abwärtstrends mit minimalen, mittleren täglichen PRL-Preisen um die 100 €/MW/d ab. Weder die Einführung der 4-Stunden-Produkte mit kalendertäglicher Ausschreibung seit dem 01.07.2020 [2], noch die Erweiterung der PRL-Kooperation durch Slowenien und den Markt West-Dänemarks konnten noch eine erkennbare Preisverringerung bewirken. Seit Mai dieses Jahres ist der PRL-Preis dann stark angestiegen auf einen mittleren täglichen PRL-Preis von knapp 600 €/MW/d Mitte August.
Welche Technologien sind im PRL-Markt relevant und welche Technologien setzen den Preis?
Analyse der 4-Stunden-Produkte – Zusammenhang zwischen Spotpreisen und PRL-Preisen erkennbar!
Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Zeitintervalle fällt auf, dass die Zeitintervalle mit sehr hohen PRL-Preisen (in Rot dargestellt) oft mit sehr niedrigen DA-Preisen kleiner als 0 €/MWh korrelieren. Dies ist beispielsweise Anfang Juli 2020, Ende Oktober 2020 oder Ende Mai 2021 der Fall. Anderseits scheinen die insgesamt hohen Preise in den Monaten April bis Juli 2021 am Day‑Ahead-Markt auch die PRL-Preise hochgezogen zu haben. Die Vermutung liegt folglich nahe, dass sowohl sehr niedrige als auch hohe Preise am Day-Ahead-Markt tendenziell höhere Preise am PRL-Markt bewirken. Abbildung 4 greift diese Vermutung auf und stellt die mittleren 4-stündigen PRL-Preise in Abhängigkeit der Day-Ahead-Preisintervalle dar.
- Hohe Day-Ahead-Preise signalisieren hohe Erlösmöglichkeiten für Wasserkraftwerke und konventionelle Kraftwerke mit Grenzkosten unter den Day-Ahead-Preisen. Eine Zurückhaltung von Leistung für den PRL-Markt wird unattraktiver, wodurch die Grenzkosten dieser Einheiten für den PRL-Markt und somit auch die PRL-Preise steigen.
- Sehr niedrige Day-Ahead-Preise in Folge von hoher Einspeisung erneuerbarer Energien führen dazu, dass Wasserkraftwerke und konventionelle Kraftwerke im Rahmen ihrer Flexibilität ihre Stromerzeugung stoppen oder mit minimaler Erzeugung fahren. Dadurch können diese Technologien weniger oder gar keine Leistung am PRL-Markt anbieten, wodurch die PRL-Preise ansteigen.
Die Abhängigkeit der PRL-Preise vom DA-Markt ist folglich fundamental erklärbar. Klar ist aber auch, dass diese Erkenntnisse nicht direkt in die Zukunft projiziert werden können. Das Angebot am PRL-Markt ist nach wie vor einem starken Wandel unterlegen. Einerseits werden viele konventionelle Kraftwerke stillgelegt und gehen raus aus dem Markt, anderseits werden weiterhin Großbatteriespeicher zugebaut. Zukünftig ist es auch wahrscheinlich, dass Großbatteriespeicher für gewisse Zeitintervalle in den Spotmärkten (Day-Ahead und Intraday) vermarktet werden, wodurch die Interdependenzen zwischen Spot- und Regelleistungsmärkten zunehmen. Eine zukünftig zu erwartende höhere Preisvolatilität am Day-Ahead-Markt mit vielen sehr niedrigen Preisen und vielen sehr hohen Preisen könnte aber darauf hindeuten, dass die langfristige Tendenz von fallenden PRL-Preisen vorerst vorüber ist.
Weiterführende Informationen
- Die deutschen Strompreise an der Börse EPEX Spot in 2019 – Analyse des Preisniveaus und der Preisschwankungen (Preisspreads)
- Energiemärkte in Turbulenzen – Coronavirus (SARS-CoV-2) und Öl-Preiskampf verursachen starken Preisverfall an den Strom- und Brennstoffbörsen
- Analyse von einem Jahr Strompreiszonentrennung zwischen Deutschland und Österreich – Was ist passiert? Wer profitiert?
- Deutsche Strompreise an der Börse EPEX Spot in 2020
- Neues Ausschreibungsverfahren für Primärregelleistung seit dem 1. Juli 2019 – eine erste Zwischenbilanz
[1] Die PRL-Kooperation wurde nach und nach erweitert und umfasst inzwischen die Märkte von Deutschland, Schweiz (Aufnahme 12.03.2012), Niederlande (07.01.2014), Österreich (07.04.2015), Belgien (01.08.2016), Frankreich (16.01.2017), Slowenien (19.01.2021) und West-Dänemark (19.01.2021).
https://www.regelleistung.net/ext/static/prl
[2] https://www.regelleistung.net/ext/static/prl
[3] Figgener et al.: The development of stationary battery storage systems in Germany – status 2020. Journal of Energy Storage, Volume 33, 2021. https://doi.org/10.1016/j.est.2020.101982.
[4] https://www.regelleistung.net/ext/download/pq_capacity