19.03.2010

Primärenergetische Bewertung von Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung

Abstract

Die Probleme bei der Festsetzung des PE-Faktors für die Bewertung von KWK-Wärme als PE-Faktor des gesamten deutschen Strommixes (Berechnungsvariante EnEV 2002 bis 2007) bzw. als PE-Faktor des gesamten deutschen Strommixes ohne die regenerativen Energieträger auf Primärenergieträgerseite (Berechnungsvariante EnEV ab 2007) werden in Zukunft, bei einem weiteren Ausbau der regenerativen Erzeuger, immer offensichtlicher werden. Ein verstärkter Einsatz von Windkraft, Photovoltaik und Biomasse führt zu einem immer niedrigeren PE-Faktor für den gesamten Strommix. Bei der aktuell vorgeschriebenen Berechnungsvariante wird die Absenkung sogar noch deutlicher ausfallen als bei Berechnungsvariante vor 2007.

Diese Absenkung des PE-Faktors für den deutschen Strommix ist folgerichtig und eine Tatsache. Problematisch ist aber die Gleichsetzung dieses Wertes mit dem PE-Faktor für den Strom, der durch KWK-Strom verdrängt wird, im Rahmen der Stromgutschriftmethode zur Bewertung von KWK-Wärme. Der KWK-Strom verdrängt nicht den gesamten Strommix. Seit der Novellierung in der EnEV 2007 werden regenerative Erzeuger besonders berücksichtigt. Insbesondere diese sollten aber als “Must Run“-Anlagen nicht den PE-Faktor für KWK-Strom und somit KWK-Wärme beeinflussen.

Der nach der Methodik des Verdrängungsmixes in dieser Studie für das Jahr 2005 berechnete PE-Faktor für KWK-Strom liegt mit 2,81 bzw. 2,92 über der aktuellen Vorgabe von 2,7 durch die Novellierung der EnEV von 2007 und trägt den Realitäten am heutigen Strommarkt Rechnung.

Allgemeiner Kontext und Zielsetzung

Fernwärme aus Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zählt wegen ihrer guten Ausnutzung der Brennstoffe zu den effizientesten Heizkonzepten. So stellt die Förderung des Ausbaus der KWK im Rahmen des Integrierten Energie- und Klimaprogramms (IEKP) einen wichtigen Baustein zur Erreichung der festgesetzten Kohlendioxidminderungsziele der deutschen Bundesregierung dar.

Zur Sicherstellung eines Einsatzes energieeffizienter Heiztechnik wurde von der Bundesregierung im Rahmen der Energieeinsparverordnung (EnEV) ein Bewertungsverfahren auf Basis der Energiebilanz von Gebäuden unter Einschluss der Anlagentechnik festgelegt. Fernwärme zu Heizungszwecken in Privathäusern steht in Konkurrenz zu verschiedenen dezentralen Technologien, wie Gasbrennwertkesseln, ölbefeuerten Heizkesseln, solar- und geothermischen Anlagen sowie perspektivisch zu Brennstoffzellen. Wegen einer inkonsistenten Bewertungsmethode für den Primärenergieeinsatz in KWK-Anlagen könnte der Ausbau der Erzeugung von Strom aus regenerativen Quellen die rechnerische Wettbewerbsfähigkeit der KWK-Anlagen schmälern. Deshalb sollte eine Änderung des in der EnEV vorgeschriebenen Bewertungsverfahrens diskutiert werden.

Vorgehensweise

Methodik der Stromgutschrift

Die derzeitig in der EnEV vorgeschriebene Methodik der Stromgutschrift wird anschaulich erläutert. Gleichzeitig wird dargestellt, warum zur Bewertung des Nutzens von Fernwärme aus KWK Referenzsysteme notwendig sind. Die Veränderung des Primärenergiefaktors der Stromerzeugung in den letzten Jahren wird graphisch dargestellt und diskutiert.

Logik eines Verdrängungsmix

In der liberalisierten Energiewirtschaft gibt der Markt, speziell die Strombörse EEX, den Verdrängungsmechanismus vor. Es wird dargestellt, welche Effekte bei einem Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung wirksam werden. Das von der FfE entwickelte Modell zur Berechnung der durch KWK substituierten Anlagen wird dargestellt und erweitert, um für das Jahr 2005 gemäß einer Substitutionslogik einen praxisnahen Primärenergiefaktor des verdrängten Strommixes auszuweisen.

Gegenüberstellung der Methoden

In einer Gegenüberstellung wird der Verdrängungsmix mit verschiedenen Methoden zur Festsetzung des PE-Faktors für Strom verglichen. Die Ergebnisse werden in einer für die die politische Diskussion geeigneten Form aufbereitet.

Ergebnisse

Abbildung 2 zeigt den Verdrängungsmix für eine zusätzliche KWK-Stromerzeugung von 10 TWh für das Jahr 2005. Mit 86,5 % werden überwiegend mit Steinkohle befeuerte Anlagen verdrängt. Erdgas macht 11,4 % des Verdrängungsmixes aus. Heizöl mit 0,7 % und Braunkohle mit 1,4 % sind von eher untergeordneter Rolle. Durchgeführte Sensitivitätsanalysen zeigen, dass der Verdrängungsmix bei Ausbauszenarien von bis zu 30 TWh zusätzlicher KWK-Stromerzeugung relativ stabil ist. Grundsätzlich ergibt sich bei höherer KWK-Stromerzeugung ein größerer Anteil an verdrängten Grundlastkraftwerken.

Zur Berechnung des PE-Faktors des ermittelten Verdrängungsmixes werden die Statistiken des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Statistischen Bundesamtes verwendet, in denen der Brennstoffeinsatz und die Stromerzeugung für die verschiedenen Energieträger aufgelistet sind.

In Abbildung 3 ist die Entwicklung des Primärenergiefaktors des gesamten deutschen Strommixes grün dargestellt. Die rote Linie zeigt den PE-Faktor nach der aktuellen Berechnungsmethode nach der EnEV 2007, also für den Fall, dass der regenerativ erzeugte Strom nicht gleichzeitig als Primärenergieträger berücksichtigt wird (Berechnungsmethode B). Zusätzlich ist der PE-Faktor berechnet mit dem Verdrängungsmix und der Verlauf nach Berechnungsvariante D, also ohne die regenerativen Energieträger, für die letzten Jahre dargestellt.

Fazit

In der vorliegenden Ausarbeitung wurde aufgezeigt, dass der aktuell mit 2,7 angesetzte PE-Faktor für den Strommix unter dem berechneten Wert mit den laut Verdrängungsmix ersetzten Anlagen liegt. Für den von Steinkohle dominierten Verdrängungsmix ergibt sich ein PE-Faktor von 2,81 bzw. 2,92.

Eine weitere Absenkung des PE-Faktors, die sich auf Grund eines intensiven Ausbaus der regenerativen Erzeugung für die aktuelle Berechnungsvariante ergeben würde, sollte durch geeignete Weichenstellungen durch die Politik vermieden werden. Sowohl die Methodik des Verdrängungsmixes als auch die Variante, für den PE-Faktor allein die fossilen und nuklearen Anlagen zu berücksichtigen, könnten, auch bei einem großen Anteil regenerativer Energie am deutschen Strommix, bei der primärenergetischen Bewertung von Heizsystemen im Rahmen der EnEV garantieren, dass die effiziente und somit auch ökologische Kraft-Wärme-Kopplung nicht allein durch unpassende Vorgaben an Konkurrenzfähigkeit einbüßt.

Auftraggeber: AGFW Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e.V.