16.03.2020

Methodik zur Entwicklung einer Treibhausgasverminderungsstrategie in der Industrie

Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, zu denen sich die Staatengemeinschaft im Pariser Klimaabkommen bekannt hat, müssen alle Industriezweige zu großen Teilen treibhausgasneutral gestellt werden. Um diese Ziele zu erfüllen, sind Transformationspfade für einzelne Industriebranchen erforderlich. Stand meist eine aggregiertere Betrachtung von Industriebranchen im Mittelpunkt, rücken nun zunehmend kleinteiligere Emittenten in den Fokus der Forschung. Damit auch auf Unternehmensebene eine ganzheitliche Treibhausgasverminderung (THG-Verminderung) im Sinne der übergeordneten Klimaschutzziele gelingen kann, ist die Entwicklung einer Strategie zur Treibhausgasverminderung erforderlich. Im Rahmen verschiedener Projekte der FfE zum Thema „Dekarbonisierung“ im Sinne der Industriewende sind Methoden entstanden, die Unternehmen und Industriebetriebe bei der Entwicklung einer Dekarbonisierungsstrategie unterstützen können. Dabei sind die Kernelemente zur Entwicklung einer Dekarbonisierungsstrategie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung 1: Kernelemente zur Entwicklung einer THG-Verminderungsstrategie

Zunächst ist der Status Quo am Standort zu ermitteln (1). Es werden anlagenscharfe Energieverbräuche erfasst, die wiederum als Grundlage für die Berechnung energiebedingter Emissionen dienen. Neben energiebedingten Emissionen werden zudem prozessbedingte Emissionen bspw. aus Materialflussrechnungen bestimmt. Ist der Status Quo bekannt, sind THG-Verminderungstechnologien zu identifizieren und deren Potenziale zu bestimmen (2).

In diesem Schritt erfolgt eine Einzelbewertung der Technologien bzw. Maßnahmen. Die zeitliche Verfügbarkeit (technology readiness level) und Wechselwirkungen der Maßnahmen sind zu diesem Zeitpunkt (noch) zu vernachlässigen. In Experteninterviews erhobenes internes Expertenwissen bietet in diesem Zusammenhang eine besonders effiziente Möglichkeit, um THG-Verminderungstechnologien auf Unternehmensebene zu identifizieren, da sich die internen Experten bereits intensiv mit den jeweiligen Unternehmensprozessen beschäftigen.

In (3) ist die Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Unternehmung zu definieren. Zum einen sind Wechselwirkungen der Maßnahmen zu identifizieren, zum anderen Rahmenbedingungen (bspw. Energieträger- und CO2-Preise) für eine beispielhafte Entwicklung des Energiesystems festzulegen. Neben den Rahmenparametern ist bei der Transformationsdefinition die zeitliche Verfügbarkeit von THG‑Verminderungstechnologien zu erfassen. Das anschließende Erstellen des technologischen Transformationspfads (4) generiert eine zeitliche Reihung der Transformation hin zur Treibhausgasverminderung unter der Berücksichtigung aller relevanten technologischen Aspekte des Unternehmens.

Da die Treibhausgasverminderung jedoch eine gesamtunternehmerische Aufgabe ist, müssen weitere Hemmnisse in den technologischen Transformationspfad einfließen, um eine Roadmap für das Unternehmen erstellen zu können. Wirtschaftliche, regulatorische, infrastrukturelle, praktische und weitere Hemmnisse sind zu berücksichtigen, um vom technologischen Transformationspfad hin zu einer für das Unternehmen verbindlichen Roadmap zu gelangen (5).

Neben der Berücksichtigung weiterer Hemmnisse muss bei einer Roadmap im Vergleich zum technologischen Transformationspfad ein Konsens aller Share- und Stakeholder zur Transformation des Unternehmens erlangt werden. Dieser wird beispielsweise durch die frühzeitige Einbindung aller Mitarbeiter und des Managamentboards erreicht. Die Roadmap kann, je nach Interesse des Unternehmens, als Grundlage für einen medienwirksamen Transport der THG‑Verminderungsstrategie herangezogen werden.

Eine nähere Erläuterung zu den Kernelementen der THG-Verminderungsstrategie findet sich im verfügbaren Foliensatz. Die entwickelten Methoden bilden auch die Grundlage für die Dekarbonisierungsnetzwerke der FfE auf Unternehmensebene, die voraussichtlich im Juli 2020 starten.