04.07.2016

Mehrwert Funktionaler Energiespeicher aus System- und Akteurssicht

Dissertation von Christoph Pellinger – eingereicht am 28.04.2016, angenommen am 04.07.2016.

Prüfer der Dissertation:
1. Prof. Dr.-Ing. Ulrich Wagner
2. Prof. Dr.-Ing. Hermann-Josef Wagner

 

Kurzfassung

Die Dissertation beschäftigt sich mit dem Beitrag Funktionaler Speicher zur Erreichung des energiepolitischen Zieldreiecks (Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit) bis zum Jahr 2030.

Dabei wird berücksichtigt, dass der Aspekt der Wirtschaftlichkeit von den beiden Standpunkten der Volkswirtschaft (Systemsicht) und der Betriebswirtschaft (Akteurssicht) betrachtet werden sollte. Neben klassischen Speichern, wie Pumpspeichern, Druckluftspeichern und Batteriespeichern werden auch Power2Gas, Power2Heat, Wärmespeicher in Verbindung mit Kraftwärme-kopplungsanlagen, gesteuertes Laden von Elektrofahrzeugen, die Flexibilisierung von Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen sowie industrielles Lastmanagement in der stromintensiven Industrie als auch bei Querschnittstechnologien untersucht. Die Gesamtheit dieser Technologien wird als Funktionale Speicher bezeichnet.

Im ersten Schritt werden die möglichen Einsatzoptionen für Speicher betrachtet, bei denen sie einen Mehrwert liefern können. Die Analysen zeigen, dass durch Marktanpassungen einerseits Flexibilitätsbedarf verringert und andererseits Flexibilitätspotenziale gehoben werden können. Folglich tragen auch Anpassungen des Marktes zur Sicherung der Systemstabilität bei.

Abbildung: Regionalisierter Zubau von Power2Heat für die öffentliche Versorgung und Industrie

Im zweiten Schritt wird der Mehrwert von Speichern mit Hilfe des integrierten Simulationsmodells zur Anlageneinsatz- und  ausbauplanung mit Regionalisierung „ISAaR“ ermittelt, in dem für die Optimierung des Einsatzes und Ausbaus der Anlagen des Energiesystems die lineare Programmierung verwendet wird. Zur Identifikation von Unterschieden zwischen der System- und Akteurssicht werden bei der Akteurssicht, im Gegensatz zur Systemsicht, Steuern und Abgaben berücksichtigt, die bei dem Betrieb der Anlagen anfallen.

Das Energiesystem wurde auf Übertragungsnetzebene für Deutschland (20 Knoten) und Österreich (8 Knoten) unter Berücksichtigung des europäischen Verbundsystems (länderscharf) in stündlicher Auflösung simuliert. Alle wetterabhängigen Eingangsdaten wurden aus meteorologischen Daten des Jahres 2012 erstellt.

Für die Systemsicht werden Szenarien untersucht, die sich hinsichtlich des Netzes und des Stromverbrauchs unterscheiden. Der Ausbau Erneuerbarer Energien wird in Deutschland nach dem Szenariorahmen des deutschen Netzentwicklungsplans 2015 angenommen. Allerdings werden Onshore-Windkrafterzeugungsgänge verwendet, die für neue Anlagen 3000 statt 2000 Volllaststunden ausweisen. Folglich führt der festgelegte Zubau im Jahr 2030 zu einem Anteil Erneuerbarer Energien von bis zu 75 % am Bruttostromverbrauch und so zu einer deutlichen Überschreitung der Ziele der Bundesregierung (55 % im Jahr 2035).

Die Simulationen zeigen, dass bis zum Jahr 2030 Power2Heat in Fernwärmesystemen mit mehr als 8 GW und Lastflexibilisierung in der Industrie mit rund 2 GW aus Systemsicht zu den geringsten Kosten führen. Gleichzeitig steigen dadurch die CO2-Emissionen, obwohl der berechnete Ausbau von Speichern die Abregelung Erneuerbarer Energien um bis zu 8 TWh reduziert. Die erhöhten CO2-Emissionen resultieren dabei aus erhöhten Einsatzzeiten von Grundlastkraftwerken. Durch die Berücksichtigung von Steuern und Abgaben bei Abbildung der Akteurssicht kommt es zu einem verringerten Speicherausbau- und –einsatz. Dies kann zu erheblichen Mehrkosten für das System von bis zu mehreren hundert Millionen Euro führen. Gleichzeitig sinken die CO2-Emissionen.

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