08.05.2024

Heizkostenvergleich

Mit dem neuen Wärmeplanungsgesetz sind Kommunen bis spätestens Mitte 2028 dazu verpflichtet, eine Wärmeplanung durchzuführen und so eine konkrete Grundlage für die Umsetzung der Dekarbonisierung des Wärmesektors zu schaffen. Gleichzeitig wird die Auswahl zukünftig zulässiger Heizoptionen durch das Gebäudeenergiegesetz auf Erneuerbaren Energien basierende Optionen beschränkt. Obwohl die verbindliche Wärmeplanung eine Pflicht der planungsverantwortlichen Stelle ist, sollen Betreiber der Energieversorgungs- und Wärmenetze (bspw. Stadtwerke) auch am Prozess beteiligt werden. Die in diesem Artikel vorgestellte Kostenermittlung wird auch in das FfE-Wärmetransformationstool integriert und ist damit ein weiterer Baustein zur Priorisierung der Versorgungslösungen bei kommunalen Wärmeplanungen. Insbesondere bei der Entscheidung, in welchen Gebieten zukünftig Wärmenetze entstehen sollen und wo vielleicht eine dezentrale Wärmeversorgung geeigneter ist, sind die jeweiligen Wärmekosten ein wichtiges Entscheidungskriterium. Alternative Methoden zur Priorisierung der Wärmeversorgungsoptionen wurden durch die FfE bereits in anderen Projekten (z. B. Zukunftsstrategie Fernwärme) untersucht.

Um die Wärmeversorgungsarten auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsanalyse miteinander vergleichen zu können, müssen unterschiedliche Kostenparameter berücksichtigt werden. Die gesamten Kosten setzen sich hierbei aus kapital-, bedarfs- und betriebsgebundenen Kosten zusammen. An der FfE wurde hierfür ein Werkzeug zum einfachen Vergleich der Versorgungsoptionen für unterschiedliche Gebäudetypen und Sanierungszustände entwickelt. Diese Methode wurde zusammen mit den Stadtwerken Augsburg und einem Industriepartner erprobt. Die Parameter können in Abhängigkeit von den individuellen Bedürfnissen und Besonderheiten einfach angepasst und auf einen neuen Anwendungsfall zugeschnitten werden.

Input-Daten für den Heizkostenvergleich

Für einen Kostenvergleich, welcher möglichst realitätsnah erfolgen soll, sind aktuelle und validierte Inputdaten sehr wichtig. Die FfE verfügt hierbei über Erfahrung aus diversen Projekten mit Kommunen, Stadtwerken und Industriepartnern. Zu den relevanten Inputparametern eines Heizkostenvergleichs zählen unter anderem:

  • Gebäudespezifische Informationen für gängige Gebäudetypen: spezifische Wärmebedarfe für unterschiedliche KfW EH Sanierungszustände, Wohnflächen, Sanierungsvollkosten und energiebedingte Mehrkosten
  • Energieträgerpreise (Strom, Erdgas, Pellets, Wasserstoff, Biogas) und deren Projektionen für den Betrachtungszeitraum
  • Kostenfunktionen für die Investitionen in Wärmeerzeuger bzw. für Fernwärme-Anschlusstechnik, deren Nutzungsdauer, Jahresnutzungsgrade sowie Wartungs- und Instandsetzungskosten (z. B. angelehnt an [1])
  • Auslegungsparameter der Heizungsoptionen
  • Aktuelle Förderbedingungen, z. B. [2]
  • Fernwärme-Anschlusskosten und Preiszusammensetzung inkl. Grundpreis und Arbeitspreis (individuell je nach Erzeugerpark und anderen preisbildenden Faktoren)

Im Nachfolgenden wird die Vorgehensweise genauer beschrieben.

Konfigurierung und Umsetzung des Heizkostenvergleichs

Referenzgebäude & Sanierungsmaßnahmen

Für den Vergleich der Kosten können verschiedene Referenzgebäude betrachtet werden, z. B. Einfamilienhäuser (EFH), Reihenhäuser (RH), kleine oder große Mehrfamilienhäuser (MFH). Für diese Typgebäude liegen der FfE Wärmebedarfe sowie die Energienutzflächen aus bereits umgesetzten Projekten vor. Außerdem können neben den unsanierten Referenzzuständen verschiedene Sanierungspakete auf unterschiedliche KfW EH Standards berücksichtigt werden. Hierfür sind neben den Wärmebedarfen, welche sich nach den Sanierungsmaßnahmen ergeben, auch die Sanierungskosten (Vollkosten oder energiebedingte Mehrkosten der Sanierung) von Relevanz. Aus den Gebäudespezifika können somit der Gebäudewärmebedarf, die Gebäudeheizlast sowie etwaige Sanierungskosten ermittelt werden. Letztere fließen als annuitätische Kosten in den Wirtschaftlichkeitsvergleich ein, um die Nutzungsdauer solcher langfristiger Maßnahmen entsprechend zu berücksichtigen.

Auswahl der Heizungssysteme und Abbildung der relevanten Investitionskosten

Für die Investitionskosten der Wärmeerzeuger sind die erforderlichen Heizlasten der betrachteten Gebäude sowie die technologiespezifischen Kostenfaktoren erforderlich. Die erforderliche Heizlast wird mit Hilfe der bereits beschriebenen Gebäude- und Sanierungsparameter bestimmt. Die Investitionskosten werden anhand validierter technologiespezifischer Kostenfunktionen berechnet.

Hierbei lassen sich nahezu alle dezentralen Versorgungsoptionen abbilden. Der Fokus liegt hier in der Regel auf zukünftig zulässigen Heizoptionen gemäß des Gebäudeenergiegesetzes, wie beispielsweise Elektro-Wärmepumpen, Biomasseheizungen oder Solarthermie-Anlagen. Als Referenzlösung könnten weiterhin fossile Optionen betrachtet werden.

Für Hybridoptionen werden die Vorgaben aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) beachtet. Neben den Investitionskosten der Wärmeerzeuger werden auch weitere notwendige Anlagenkomponenten, beispielsweise Erdsondenbohrungen, Brunnenanlagen oder Pelletslager berücksichtigt.

Energieträgerpreise

Ausgehend von den betrachteten Heizungssystemen müssen die dafür relevanten Energieträger berücksichtigt werden. Um die Auswirkungen zukünftiger Energiepreisentwicklungen nicht zu vernachlässigen, sollten deren Endkundenpreise über einen längeren Zeitraum betrachtet werden. Zur Berücksichtigung der Lebensdauer neuer Heizungsanlagen kann ein Betrachtungszeitraum von ca. 20 Jahren gewählt werden. In Abhängigkeit vom Anwendungsfall (siehe weiter unten) kann aber ebenfalls ein kürzerer Betrachtungszeitraum von beispielsweise fünf Jahren gewählt werden.

Die Preiszeitreihen der betrachteten Energieträger für den Betrachtungszeitraum stammen neben FfE-internen Prognosen aus Annahmen weiterer relevanter Institutionen (z. B. C.A.R.M.E.N [3]).

Vergleich der jährlichen Gesamtkosten

Zur Vergleichbarkeit der verschiedenen Wärmebereitstellungsmöglichkeiten wurden gemäß der Richtlinie VDI 2067 Blatt 1 [4] folgende Kostenbestandteile ermittelt und für die Berechnung der Jahresgesamtkosten berücksichtigt:

  • kapitalgebundene Kosten,
  • bedarfsgebundene Kosten und
  • betriebsgebundene Kosten.

Zur Ermittlung der kapitalgebundenen Kosten werden zunächst die Investitionskosten der jeweiligen Wärmeerzeuger, der notwendigen Zusatzkomponenten, anfallender Anschlusskosten sowie die Kosten der ausgewählten Sanierungstiefe ermittelt. Dabei werden vorhandene Investitionsförderungen sowohl für die Wärmeerzeuger als auch für die Sanierung berücksichtigt. Die kapitalgebundenen Kosten ergeben sich aus den in jährliche Kosten umgelegten Investitionen. Diese Annuitäten werden unter Verwendung der rechnerischen Nutzungsdauern sowie einem Kalkulationszinssatz ermittelt. Für die einzelnen Wärmeerzeuger werden individuelle Nutzungsdauern gemäß VDI 2067-1 angesetzt. Für die Abschreibungsdauer der Sanierung können beispielhaft 40 Jahre angesetzt werden.

Die betriebsgebundenen Kosten beinhalten die Kosten für Instandhaltung und Bedienung. Hierzu zählen die Wartung, Inspektion, Reinigung, Instandsetzung und Schwachstellenbeseitigung. Sie werden in der Berechnung je Variante mit einem pauschalen jährlichen Prozentanteil der Investitionskosten angesetzt. Dabei handelt es sich um Mittelwerte über die gesamte Nutzungsdauer der Komponenten und nicht um tatsächlich anfallende jährliche Kosten.

Die bedarfsgebundenen Kosten bestehen aus den Brennstoff– und Energiepreisen, welche sich wiederum je nach Energieträger aus Grund-, Anschluss– und Arbeitspreisen zusammensetzen. In den Berechnungen werden keine Kosten für Hilfsenergie oder Betriebsstoffe berücksichtigt. Die Ermittlung der jährlichen bedarfsgebundenen Kosten erfolgt über die angenommenen Energieträgerpreise und den jeweiligen Endenergiebedarf.

Heizkostenvergleich für die Stadtwerke Augsburg

Im konkreten Anwendungsfall für die Stadtwerke Augsburg wurden ein EFH, ein RH und ein großes MFH für unterschiedliche Sanierungszustände (Unsaniert, KfW EH 70, KfW EH 40) betrachtet. Folgende Heizungssysteme wurden berücksichtigt und gegen eine Fernwärme Bestands- sowie Neuanlage verglichen:

  • Grundwasser-Wärmepumpe (GW)
  • Luft-Wärmepumpe (LW)
  • Pelletkessel
  • Hybrid-Wärmepumpe (GW mit Gaskessel)
  • Hybrid-Wärmepumpe (LW mit Gaskessel)
  • Hybrid-Solarthermie mit Pelletkessel.

Die relevanten Vergleichskosten für die Fernwärme wurden von den Stadtwerken Augsburg in Form von Grund- und Arbeitspreisen sowie etwaigen Anschlusskosten bereitgestellt. Die Anschlusskosten sind nur für Fernwärme-Neukunden zu berücksichtigen. Im Projekt wurde ein Betrachtungszeitraum von fünf Jahren festgelegt. Die auf das Projekt angepasste Methodik ist in Abbildung 1 exemplarisch dargestellt.

Methodik, Kosten, Wärmeerzeuger, Sanierung
Abbildung 1: Übersicht über den Umfang und die Methodik der Gegenüberstellung verschiedener Heizsysteme im Projekt mit den Stadtwerken Augsburg

Die Summe der verschiedenen Kostenbestandteile ergibt die für die Wärmeversorgung maßgeblichen Jahresgesamtkosten der einzelnen Optionen. In Abbildung 2 sind die konkreten Ergebnisse des vorgestellten Projektes für das betrachtete Mehrfamilienhaus dargestellt.

Balkendiagramm, Kosten, Wärmeerzeuger, Sanierung
Abbildung 2: Kostenvergleich für ein Mehrfamilienhaus

Mit Hilfe der Abbildung 2 können die Kosten der betrachteten Wärmeversorgungsoptionen miteinander verglichen werden, um die jeweilig wirtschaftlichste Erfüllungsoption zu ermitteln. Dabei werden die Auswirkungen etwaiger Sanierungen durch die verschiedenen Farben dargestellt, während die unterschiedlichen Kostenbestandteile durch die Schraffierungsart differenziert werden. Im konkreten Fall werden die kapitalgebundenen Sanierungskosten (ausgehend vom Referenzgebäude) separat ausgewiesen, da diese für alle Optionen gleichermaßen anfallen.

Der vollständige Vergleich ist online abzurufen.

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Weitere Informationen

Literatur

[1] Technikkatalog zur kommunalen Wärmeplanung. In https://www.kea-bw.de/waermewende/wissensportal/kommunale-waermeplanung/einfuehrung-in-den-technikkatalog. (Abruf am 2024-05-02); Karlsruhe: KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA-BW), 2024.

[2] Richtlinie für die Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM). Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2023.

[3] Marktpreise Pellets – Preisentwicklung bei Holzpellets. In https://www.carmen-ev.de/service/marktueberblick/marktpreise-energieholz/marktpreise-pellets/. (Abruf am 2024-03-26); Straubing: C.A.R.M.E.N. e.V. – Centrales Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk e.V., 2024.

[4] VDI 2067 – Blatt 1 – Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen – Grundlagen und Kostenberechnung . Ausgefertigt am 2000, Version vom 2012-09; Düsseldorf: Verein Deutscher Ingenieure (VDI), 2012.