22.09.2020

Ermittlung der Potenziale von Flexibilitätsoptionen im Stadtgebiet Augsburg (Technik, Prozesse & Geschäftsmodelle)

Ein Blick aus der Praxis auf dezentrale Flexibilität – Fallstudie im Rahmen des Projekts C/sells

Im Rahmen des Projektes C/sells ermittelten die Stadtwerke Augsburg Holding GmbH in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. die Flexibilitätsoptionen im Stadtgebiet Augsburg. In der folgenden Fallstudie werden zudem weitere Einblicke auf dezentrale Flexibilität aus der Praxis aufgezeigt.

Als Datengrundlage für die Untersuchung des Flexibilitätspotenzials dienen die summierten Last-/ Einspeiseverläufe aller relevanten Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen. Die Einspeiseverläufe der Erzeugungsanlagen bestehen aus einerseits gemessenen Werten (RLM), sowie andererseits aus durch Normierung synthetisch erzeugte Verläufe generierter Werte. Für die Lastverläufe werden die bei den swa verwendeten TLP-Profile verwendet. Somit dient die aggregierte Gesamtleistung, die je Anlagentyp und je 15 Minuten in das Netz eingespeist bzw. aus dem Netz entnommen wird, als Datengrundlage für spätere Auswertungen. Für das jährliche bzw. saisonale Flexibilitätspotenzial wird davon jeweils der Mittelwert über einen spezifischen Zeitraum gebildet. Somit ist in nachfolgendem Diagramm das Potenzial der Flexibilitätsoptionen abgebildet, das im Mittel 15 Minuten zu- bzw. abschaltbar ist. Die Betrachtung bezieht sich somit auf das technische Potenzial der untersuchten Anlagen.

Die folgende Darstellung zeigt die Summe aller ermittelten Flexibilitätspotenziale:

Abbildung 1: Summe der positiven und negativen Regelleistungen der dezentralen Flexibilitätsoptionen in Augsburg 2017

In folgender Tabelle ist das aggregierte positive und negative Potenzial der Flexibilitätsoptionen dargestellt, welches im Mittel 15 Minuten zu- bzw. abschaltbar ist.

Ø  Max Ø Tag Ø Nacht
Positive Regelleistung in kW
20.913 52.836 19.118 22.787
Negative Regelleistung in kW 35.056 73.531 40.049 29.869

Tabelle 1: Kennzahlen Summe für das gesamte Jahr 2017

 

Der „Max“-Wert wurde durch Aufsummierung der einzelnen Maxima der Anlagentypen ermittelt. Dabei ist zu beachten, dass diese sich je Anlagentyp auf eine spezifische Viertelstunde beziehen und somit der summierte Wert keinen Bezug zu einem bestimmten Zeitpunkt hat.

Um die Relevanz der ermittelten Flexibilitätspotenziale zur Netzentlastung einschätzen zu können, ist zunächst ein Abgleich mit der gesamten Last und Erzeugung im Netzgebiet der swa sinnvoll.

Folgende Tabelle zeigt den Anteil der Erzeugung/ Last der einzelnen Anlagentypen an der gesamten Erzeugung/ Last im Stadtgebiet. Dabei ist jeweils der Mittelwert des Anteils über ein Jahr und das Maximum an einem bestimmten Zeitpunkt des Jahres dargestellt.

 

PV  BHKW Wasser-KW WP El. Speicherheizung
Ø  8 % 10 % 33 % 1 % 1 %
Max  69 % 42 % 88 % 4 % 18 %


Tabelle 2:
Anteil der Anlagenlast / -erzeugung an der Netzlast / – erzeugung

 

Die Erzeugung durch Wasserkraft macht im Mittel 2017 ein Drittel der gesamten Erzeugung im Stadtgebiet aus. Zu bestimmten Zeitpunkten ist auch der Anteil an PV- oder BHKW-Erzeugung sehr hoch. Mit jeweils einem Prozent ist die Last durch dezentrale Stromheizsysteme im Mittel eher gering, kann aber vor allem bei elektrischen Speicherheizungen durchaus Anteile von bis zu 18% annehmen. Ausgehend von der tatsächlichen gesamten Erzeugung oder Last kann auch die jeweils ab- oder zuschaltbare Last/ Erzeugung je Anlagentyp berechnet werden:

 

PV  BHKW Wasser-KW WP El. Speicherheizung
ab ab zu ab zu ab zu ab zu
Ø 8 % 10 % 40 % 21 % 13 % 1 % 2 % 1 % 11 %
Max 69 % 42 % 185 % 64 % 152 % 4 % 5 % 18 % 28 %


Tabelle 3:
Anteil der zu-, abschaltbaren Last / Erzeugung an der Netzlast / -erzeugung

 

Bei einer durchschnittlichen Gesamterzeugung im Netzgebiet von 42,5 MW sind im Mittel 14,2 MW der Erzeugung abschaltbar und 18,2 MW zuschaltbar (Zahlen basierend auf ermittelten Potenzialen). Die durchschnittliche Netzlast beträgt 171,5 MW, davon ausgehend sind im Mittel 2,7 MW in Form von WP und elektrischen Speicherheizungen abschaltbar und 20,9 MW zuschaltbar.

Somit lässt sich feststellen, dass gewisse Flexibilitätsoptionen in einem städtischen Verteilnetz vorhanden sind und einige dieser Flexibilitätsoptionen bereits jetzt steuerbar sind.

Durch eine bidirektionale, intelligente Anbindung der Flexibilitätsoptionen könnte ein netzdienlicher Einsatz ermöglicht werden.

Eine detailliertere Beschreibung der Methodik und der Ergebnisse zu den Flexibilitätspotenzialen sowie einen tieferen Einblick aus der Praxis auf dezentrale Flexibilität können der vollständigen Fallstudie entnommen werden.