22.05.2023

Entwicklung und Förderung der Elektromobilität in Deutschland

Als einer der führenden Industriesektoren Deutschlands erzielte die Automobilindustrie im Jahre 2018 mit einem Ertrag von 426 Milliarden Euro etwa 5 % des deutschen BIP. Aufgrund der hohen Beschäftigungszahl und einem großen Anteil an der Wertschöpfung hat sie auch einen besonderen Stellenwert in sozialen, politischen und auch wirtschaftlichen Dimensionen. [1]

Elektromobilität stellt heute eine der größten Herausforderungen für diese Industrie dar. Die weltweite Entwicklung ist durch die schnell wachsende Elektroauto (EV)-Flotte geprägt. Mit 6,6 Millionen Fahrzeugen im Jahr 2021 hat sich die Zahl der Verkäufe gegenüber 2020 verdoppelt. Davon wurde die Hälfte in China zugelassen – insgesamt 3,3 Millionen, wovon wiederum 2,7 Millionen batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) waren. Europa erreichte etwa 35 % der globalen EV-Neuzulassungen, die USA 10 %. [2]

Für diese Entwicklung spielten sowohl nationale als auch internationale Strategien eine bedeutsame Rolle. Das „Verbrenner-Verbot“ ab 2035, das auf EU-Ebene in diesem Jahr beschlossen wurde, sowie aktuelle EV-Ziele und Förderrichtlinien in Deutschland, bieten Anlass, die FfE-Beitragsreihe „Entwicklung der Elektromobilität“ um aktuelle Entwicklungen zu ergänzen.

EV-Ziele und Förderrichtlinien in Deutschland

Seit 2009 existieren bereits nationale Entwicklungspläne der Bundesregierung, die einen Aktionsrahmen für die Automobilindustrie aufzeigen (vgl. Abbildung 1). Zusammen mit einer zusätzlichen staatlichen Finanzierung in Höhe von 5 Millionen Euro sollte dabei der Anreiz für E-Mobilität bundesweit gesteigert werden. Eine endgültige Strategie wurde 2011 durch das Regierungsprogramm Elektromobilität erstellt mit dem Ziel, die Anzahl der Elektroautos auf den Straßen bis 2030 deutlich auf 6 Millionen Fahrzeuge zu erhöhen [3]. Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 wurde dieses Ziel im Jahr 2019 auf 10 Millionen Fahrzeuge erhöht [4]. Mit dem Elektromobilitätsgesetz (EmoG) im Juni 2015 wurden Elektroautos spezielle Privilegien, wie zum Beispiel geringere Parkkosten oder die Freistellung von Zufahrtsbeschränkungen erteilt [5]. Die aktuelle Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen PKW in Deutschland bis 2030 festgeschrieben [6]. Auf EU-Ebene wurde Anfang 2023 beschlossen, dass ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen, die mit fossilen Kraftstoffen betankt werden [7].

2016 wurden weitere finanzielle Anreize beim Kauf von PHEV und BEV (siehe Abbildung 1) eingeführt, wobei die Subventionen teilweise vom Bund und teilweise von der Industrie übernommen werden. Die Förderung besteht zum einen aus einem Umweltbonus, welcher zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte vom Hersteller übernommen wird. Zum anderen kommt seit 2020 die Innovationsprämie hinzu, welche vollständig durch den Bund übernommen wird. Insgesamt werden zwei Drittel der Förderung durch den Bund übernommen und ein Drittel durch den Hersteller. [8]

2019 wurde der Bundesanteil für EV, die weniger als 40.000 € kosten, auf 4.500 € für PHEVs und 6.000 € für BEVs erhöht, bzw. auf 3.750 und 5.000 € für Fahrzeuge bis zu einem Wert von 65.000 €. [9]

PHEV erhalten seit dem 1.1.2023 keine Förderung mehr. BEV erhalten vom Bund eine Förderung von 4.500 € bis zu einem Nettolistenpreis von 40.000 € und eine Förderung von 3.000 € bei einem Nettolistenpreis zwischen 40.000 € und 65.000 €. Ab dem 1.1. 2024 wird die Förderung durch den Bund bis zu einem Nettolistenpreis von 45.000 € auf 3.000 € abgesenkt, während Fahrzeuge mit einem höheren Nettolistenpreis keine Förderung mehr erhalten. [10]

Abbildung 1: Entwicklung der Elektromobilitätsstrategie

Szenarienvergleich

Im Rahmen des Projekts „Bayernplan Energie 2040“ wurden Szenarien erstellt, die unter anderem die Entwicklung der Technologien in der deutschen Pkw-Flotte abbilden [11]. Das in diesem Projekt untersuchte Szenario „E.plan“ orientiert sich an den Plänen der Bundesregierung. Die direkte Elektrifizierung der Verkehrssektors wird in diesem Szenario politisch präferiert und der Hochlauf beginnt in den frühen 20er-Jahren. In Abbildung 2 ist das Ziel der Bundesregierung für 2030 und die prognostizierte Entwicklung für das E.plan-Szenario dargestellt. Durch Anklicken des entsprechenden Legendeneintrags können weitere EV-Szenarien miteinander verglichen werden [12] [13] [14] [15] [16].

Abbildung 2: Prognostizierter Bestand von BEV- und PHEV-Fahrzeugen nach ausgewählten Szenarien. Im E.plan-Szenario werden die PHEV-Fahrzeuge anteilig den BEV-Fahrzeugen zugerechnet.

Fazit

Die Bundesregierung hat das Ziel vorgegeben, dass bis 2030 ein Bestand von 15 Millionen vollelektrischen PKW in Deutschland erreicht werden soll. In den Szenarien, die in Abbildung 2 verglichen werden, liegt der EV-Bestand 2030 ebenfalls in dieser Größenordnung. Auch angesichts der Entwicklung der Elektromobilität in den letzten Jahren erhält man den Eindruck, dass das Ziel der Bundesregierung realistisch ist: 2022 waren in Deutschland etwa 600.000 BEV und 2,3 Millionen Plug-in Hybride (PHEV) zugelassen, wobei sich in den Jahren 2021 und 2022 die Anzahl der insgesamt in Deutschland zugelassenen BEV jeweils im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat [17].

Die dargestellten Inhalte entstanden im Projekt unIT-e². Das Forschungsprojekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert (Förderkennzeichen: 01MV21UN11 (FfE e.V.)). Träger des auf drei Jahre angelegten Verbundprojekts ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Weitere Informationen:

Literatur

[1] Mönning, Anke: IAB Discussion Paper 8|2019 – Electromobility 2035 – Economic and labour market effects through the electrification of powertrains in passenger cars. Nürnberg: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, 2019.

[2] Global EV Outlook 2022 – Securing supplies for an electric future. Paris: International energy Agency (IEA), 2022.

[3] Regierungsprogramm Elektromobilität. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2011

[4] Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 2011.

[5] Gesetz zur Bevorrechtigung der Verwendung elektrisch betriebener Fahrzeuge (Elektromobilitätsgesetz – EmoG). Ausgefertigt am 2015-6-5, Version vom 2021-7-12; Berlin: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), 2021.

[6] Eröffnungsbilanz Klimaschutz. Berlin: BMWK, 2022.

[7] CO2 emission standards for cars and vans (2021/0197(COD)). Ausgefertigt am 2023-02-14; Straßburg: European Parliament, 2023.

[8] Bekanntmachung der Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen (Umweltbonus) (BAnz AT 09.12.2022 B1). Ausgefertigt am 2022-11-17; Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2022.

[9] Randall, Chris: Increased EV subsidies go into effect in Germany. In https://www.electrive.com/2020/02/18/increased-ev-subsidies-go-into-effect-in-germany/. (Abruf am 2023-4-21); Berlin: Rabbit Publishing GmbH, 2020.

[10] Habeck: „Umweltbonus wird ab Januar 2023 konsequent auf Klimaschutz ausgerichtet“. In https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/07/20220726-habeck-umweltbonus-wird-ab-januar-2023.html. (Abruf am 2023-5-22); Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2022.

[11] Kigle, Stephan: Bayernplan Energie 2040 – Wege zur Treibhausgasneutralität – Abschlussbericht. München: Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE), 2023.

[12] Klimapfade 2.0 – Ein Wirtschaftsprogramm für Klima und Zukunft. München: BDI, 2021.

[13] dena-Leitstudie Aufbruch Klimaneutralität – Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Berlin: Deutsche Energie-Agentur GmbH (Hrsg.), 2021.

[14] Prognos; Öko-Institut; Wuppertal-Institut: Klimaneutrales Deutschland 2045 – Wie Deutschland seine Klimaziele schon vor 2050 erreichen kann (Langfassung). Berlin: Stiftung Klimaneutralität, Agora Energiewende und Agora Verkehrswende, 2021.

[15] Krail, Michael: Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland – Treibhausgasneutrale Hauptszenarien – Modul Verkehr. Karlsruhe: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, 2022.

[16] Ariadne-Report – Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 – Szenarien und Pfade im Modellvergleich. Potsdam: Kopernikus-Projekt Ariadne, 2021.

[17] Fahrzeugzulassungen (FZ) – Bestand an Kraftfahrzeugen nach Umwelt-Merkmalen – 1. Januar 2022 – FZ 13. Flensburg: Kraftfahrtbundesamt, 2022.