Einheitliche Digitalisierung im Strom- und Wärmesektor – Use Cases aus dem Projekt WARAN
Das Projekt WARAN
Die Wärmewende ist ein unverzichtbarer Schritt auf dem Weg hin zu einem klimaneutralen Energiesystem, da rund ein Siebtel der CO2-Emissionen in Deutschland durch Gebäudewärme und -kälte sowie Warmwasserbereitstellung entstehen [1]. Insbesondere die Sektorkopplung zwischen Strom und Wärme bietet Potenziale, um die Last durch Wärmeanlagen zu flexibilisieren. Gleichzeitig kann der Stromverbrauch von Wärmeanlagen dabei an die zunehmend volatile, erneuerbare Energieproduktion angepasst werden und somit als Flexibilität zur Netzstabilität und zu senkenden Kosten beitragen.
Die digitale Wende, die aktuell im Stromsektor stattfindet, soll auf den Wärmesektor übertragen und angewandt werden. Die digitale Infrastruktur um das Smart Meter Gateway sowie die benötigten Kommunikationsprozesse sollen im Rahmen des Projekts WARAN für den Wärmebereich ertüchtigt werden. Die Erfassung hochaufgelöster Verbrauchsdaten und die optimierte Steuerung von Erzeugungsanlagen und Übergabestationen sollen im Rahmen des Projekts untersucht werden.
Zusammengefasst setzt sich das Konsortium im Projekt WARAN mit den Themen Wärme und Digitalisierung auseinander. Im Fokus des Projekts liegen die digitale Infrastruktur und die Prozesse, die einen effizienteren Umgang mit Wärme und Strom-zu-Wärme-Anlagen ermöglichen.
Methodik zur Erarbeitung der Use Cases – Grundstein für die Umsetzung im Feld
Der erste Schritt der Zusammenarbeit ist die Definition von sogenannten Use Cases (auf Deutsch Anwendungsfälle). Zur Erarbeitung der Use Cases wurde die Use-Case-Methodik verwendet. Diese dient dazu, in Projekten mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Akteuren verschiedene Interessen zu konsolidieren und das gemeinsame Vorhaben auszugestalten.
Sie beginnt mit einer Beschreibung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Ebene der Anwendungsfälle durch die Ausgestaltung sogenannter Business Use Cases, in denen initiale Ideen in ein Grobkonzept überführt werden, das unter anderem die Rollen, Verantwortlichkeiten und Beziehungen unter den beteiligten Akteuren definiert. Ein Beispiel ist in Abbildung 1 gezeigt. Jeder Use Case soll einem oder mehreren Akteuren einen Mehrwert bringen. Use Cases können zum Beispiel einen finanziellen Mehrwert für den Endkunden haben oder zu der Stabilität des Stromnetzes beitragen.
Darauf aufbauend werden Technical Use Cases entwickelt, in denen der Fokus auf die technischen Komponenten, ihre Funktionen und ihre Schnittstellen gerichtet ist, beispielhaft in Abbildung 2. Die Use Cases dienen somit als Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung im restlichen Verlauf des Projekts.
Die Use Cases umfassen stromnetzdienliche Use Cases, wärmenetzdienliche Use Cases, marktorientierte Use Cases und Use Cases mit einem Fokus auf Kommunikation und Daten. Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, wurden im Projekt WARAN die Use Cases zusätzlich in Grundlagen Use Cases und energiewirtschaftliche Use Cases aufgeteilt. Energiewirtschaftliche Use Cases umfassen alle Prozesse, die für Akteure potenziell wirtschaftlich relevant sind. Die Grundlagen Use Cases sind von den energiewirtschaftlichen Use Cases zeitlich unabhängig, da sie Prozesse beinhalten, die für die Durchführung weiterer Use Cases als Basis dienen, jedoch per se keinen eigenen Mehrwert für das Energiesystem mit sich bringen. Die entsprechende Zuordnung der Use Cases ist in den Abbildungen 3, 4 und 5 dargestellt. Detaillierte Informationen zu den jeweiligen Use Cases sind in den Use Case Steckbriefen zu finden (siehe Download).
Beispiel: Lokale Netzdienstleistung nach §14a EnWG ohne HEMS
Im Folgenden wird anhand der Lokalen Netzdienstleistung nach §14a EnWG ohne HEMS die Unterteilung in Grundlagen Use Cases und Energiewirtschaftliche Use Cases verdeutlicht. Die zugehörigen Abbildungen sind im Foliensatz zu finden (siehe Download).
Fazit
Das Projekt WARAN hat folglich zum Ziel, die intelligenten Messsysteme aus dem Strombereich zu nutzen, um eine Digitalisierung im Wärmesektor zu erreichen.
Die Use Cases dienen als Grundlage zur Umsetzung im Feldversuch. Insbesondere wurden die Komponenten, die Akteure und die Schnittstellen, welche für die unterschiedlichen Use Cases relevant sind, identifiziert. Diskussionen zur Gewährleistung der Interoperabilität der Komponenten (insb. Kommunikationsprotokolle) wurden bereits geführt, wodurch die Integration und die Umsetzung der Use Cases erheblich erleichtert wird.
Im Konsortium fand bereits eine Priorisierung der Use Cases statt. Die meisten Use Cases sollen nun in einer Laborumgebung erprobt werden, bevor ausgewählte Use Cases im Feldversuch umgesetzt werden.
Die Aufgaben der FfE im Projekt umfassen neben der Use Case Entwicklung und Ermittlung des Flexibilitätspotentials aus Wärme- und Kälteanlagen auch die Ermittlung und energiewirtschaftliche Bewertung der resultierenden Netzbelastung durch verschiedene Betriebsweisen von Wärme- und Kälteanlagen in der Niederspannung. Zusätzlich begleitet die FfE die Labor- und Feldversuche als unabhängiger wissenschaftlicher Partner sowie die Ergebnissynthese und die Kommunikation der Ergebnisse.
Literatur
[1] Umweltbundesamt. (07.08.2014). Detaillierte Treibhausgas-Emissionsbilanz 2022: Emissionen sanken um 40 Prozent gegenüber 1990 – EU-Klimaschutzvorgaben werden eingehalten vom 15.01.2024. Detaillierte Treibhausgas-Emissionsbilanz 2022. (abgerufen am 07.08.2024)