Deutsche Strompreise an der Börse EPEX Spot im Jahr 2024
- Das deutsche Strompreisniveau ist nach 2023 noch einmal gesunken, jedoch zeichnet sich im Verlauf des Jahres wieder ein leichter Aufwärtstrend ab.
- Mit beinahe 460 Stunden mit negativen Preisen wird der historische Rekord aus dem letzten Jahr noch einmal deutlich übertroffen.
- Hohe Preisspitzen, eine starke Preisvolatilität und weiterhin hohe Preisspreads prägen das Marktgeschehen.
Deutscher Base Strompreis sinkt nach 2023 erneut
Im Jahr 2024 ist das deutsche Strompreisniveau im Vergleich zum Vorjahr weiter gesunken. Damit setzt sich die bereits 2023 begonnene Abnahme im Vergleich zu den Krisenjahren weiter fort. Die Preisreduktion fällt im Jahr 2024 jedoch geringer aus als im Vorjahr, in dem sich das Preisniveau mehr als halbiert hatte (siehe Analyse der Strompreise 2023). Der Jahresmittelwert der Grundlast (EPEX Base Preis) bleibt zwar nach wie vor mehr als zweieinhalb Mal so hoch wie im Jahr 2020, unterschreitet 2024 mit 79,6 €/MWh aber erneut das Jahresniveau von 2021. Analog zur Entwicklung der Grundlast fielen die durchschnittlichen Preise der Spitzenlast (Peak load; durchschnittlicher Preis an den Werktagen Montag bis Freitag von 8 – 20 Uhr) auf 88,2 €/MWh und der Schwachlast (Offpeak load; durchschnittlicher Preis aller Stunden, die nicht im Peak sind) auf 74,8 €/MWh. Abbildung 1 stellt die Entwicklung der Strompreise für Base, Peak und Offpeak für die Jahre 2017 bis 2024 dar.
Das Verhältnis der durchschnittlichen Preise an den Werktagen von 08:00 bis 20:00 Uhr (Peak) zur Grundlast (Base) liegt im Jahr 2024 mit 1,11 etwa auf Vorjahresniveau (1,12) und nähert sich damit seit 2020 (1,23) einer Preisangleichung zwischen den Produkten an. Im Jahr 2024 erhöhte sich der Anteil Erneuerbarer Energien an der Gesamterzeugung weiter und erreichte mit durchschnittlichen 62,7 % erneut einen Rekordwert [2]. Mit steigendem Anteil von Erneuerbaren Energien im Stromsystem werden Hoch- und Niedrigpreisphasen zunehmend nicht mehr primär vom Verbrauch bestimmt, sondern verstärkt durch volatile Erzeugungsphasen gebildet. Insbesondere die untertägige PV-Erzeugung senkt hierbei das durchschnittliche Preisniveau des Peak-Produkts ab, was sich in der zunehmenden Preisangleichung zwischen den Produkten widerspiegelt.
Während das Strompreisniveau 2024 im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, zeigt sich im Jahresverlauf 2024 eine erneute Zunahme des mittleren täglichen Day-Ahead Preises. Wie in Abbildung 2 dargestellt, korreliert die Preiszunahme mit der Entwicklung des Gaspreises, der nach einer Abnahme im Jahr 2023 zuletzt wieder auf bis zu 49,5 €/MWh gestiegen ist. Damit hatte der Gaspreis nach wie vor einen erkennbaren Einfluss auf das Grundniveau des Strompreises. Im Vergleich zum Gaspreis wies der Strompreis allerdings eine erheblich höhere Volatilität auf. Im Jahr 2024 überwogen die starken Preisschwankungen an der Strombörse durch die volatile Erzeugung erneuerbarer Energien den Einfluss des Gaspreises deutlich und waren insbesondere bei Betrachtung kürzerer Zeiträume ausschlaggebend.
Trotz herausfordernder Wirtschaftslage und nur geringfügig gestiegenem Stromverbrauch im Vergleich zu 2023 (+0,9%) zeigt sich im Jahr 2024 eine Zunahme des Day-Ahead Marktvolumens um ca. 24,6 % (siehe Abbildung 3). Damit setzt sich der Trend eines wachsenden Day-Ahead Marktvolumens seit Ende 2022 auch im Jahr 2024 fort. Eine ähnliche Tendenz ist auch auf den Intraday-Märkten zu erkennen. Die Zunahme der Spotmarktvolumina bei gleichzeitig nahezu unverändertem bzw. tendenziell sinkendem Stromverbrauch deutet auf eine höhere Relevanz der Kurzfristmärkte hin. Dies könnte auch mit dem steigenden Anteil an erneuerbaren Energien und damit einhergehendem Rückgang thermischer Kraftwerke zusammenhängen, welche historisch durchgehend einen gewissen Anteil der Versorgung als Grundlast bereitstellten. Die Erzeugung erneuerbarer Energien ist hingegen nicht planbar und wird daher primär auf den Spotmärkten vermarktet (Ausnahme: Power Purchase Agreements).
Weiterhin erhebliche Schwankungen im Jahres- und Tagesverlauf
Der Strompreis im Jahres- und Tagesverlauf weist 2024 weiterhin erhebliche Schwankungen auf, die die Vorjahreswerte sogar noch übertreffen. Dies wird auch in der Charakteristik der stündlichen (Day-Ahead-Markt) bzw. viertelstündlichen (kontinuierlicher Intraday-Handel) Strompreise des Jahres 2024 in Abbildung 4 sichtbar. Im Farbverlauf zeigt sich seit dem zweiten Quartal insgesamt der erneute Anstieg des allgemeinen Preisniveaus. Wie in den Vorjahren sind deutliche Preisspreads im Frühjahr, Sommer und Herbst geprägt durch die hohe Photovoltaik-Einspeisung während der Tageszeit zu verzeichnen. Preisspitzen sind hierbei insbesondere am frühen Abend zu erkennen, wo häufig eine hohe Stromnachfrage bei gleichzeitig abnehmendem Angebot aus Erneuerbaren Energien zusammenkommen.
Das Jahr 2024 wurde außerdem durch Schlagzeilen zu Extrempreisereignissen geprägt. Ein Großteil dieser Preisspitzen wurde durch Prognosefehler verursacht. Negative Preise ergaben sich insbesondere durch ein zeitweises Überangebot von Strom aus Erneuerbaren Energien. Zudem führte ein technischer Fehler am 26. Juni 2024 zur Entkoppelung einzelner Länder aus dem europäischen Markt und extremen Preisausschlägen am Day-Ahead-Markt. Dies haben wir bereits in unserem Beitrag zu Extrempreisen auf dem deutschen Strommarkt vom 21.10.2024 ausführlicher beleuchtet.
Im November und Dezember 2024 führten zudem Dunkelflauten und damit das Auftreten von geringen Erträgen aus Solar- und Windenergie bei gleichzeitig saisonal hohem Strombedarf zu Extrempreisen von bis zu 936 €/MWh am Day-Ahead Markt. Während die Preisausschläge zu einem gewissen Grad durch den reduzierten Kraftwerkspark zu erklären sind, prüft aktuell das Bundeskartellamt die Preisbildung während der Dunkelflaute genauer und reagiert damit auf die extremen Preisanstiege [5].
Erneuter Anstieg der Stunden mit negativen Preisen
Die Anzahl negativer Preise ist im Vergleich zu 2023 nochmals gestiegen und belief sich im Jahr 2024 auf 459 Stunden am Day-Ahead Markt (siehe Tabelle 1). Wie bereits 2023 traten Negativpreise insbesondere zum Jahreswechsel, in den Übergangsmonaten an Tagen mit insgesamt geringem Preisniveau und in den Sommermonaten auf. Extrem negative Preise traten insbesondere in den Mittagsstunden der Sommermonate auf.
Von den 459 Negativstunden fallen mehr als 92 % in die aktuell geltende 3-Stunden-Regel. Gemäß der 3-Stunden-Regel wird bei EEG-vergüteten Anlagen für erneuerbare Energien, die nach dem 01.01.2023 in Betrieb genommen wurden, der anzulegende Wert zur Berechnung der Marktprämie auf null gesetzt, wenn der Spotmarktpreis über einen Zeitraum von mindestens drei aufeinanderfolgenden Stunden negativ ist. Dies gilt für die gesamte Dauer der negativen Preise. 2026 wird dieser Grenzwert des Anspruchsverlusts auf 2 h, 2027 auf 1 h verkürzt, womit negative Preise grundsätzlich nicht mehr vergütet werden [6]. Die 3-Stunden-Regelung greift jedoch nicht für Anlagen mit einer fixen Einspeisevergütung (vgl. Beitrag: Negative Strompreise – Wie viele Anlagen fahren durch?). Stand Dezember 2024 bekamen laut Marktstammdatenregister 72,4 GW und damit 74,5 % der PV-Anlagen eine fixe Einspeisevergütung oder eine Marktprämie ohne Einschränkung durch die Stundenregel und hatten damit keinen oder wenig Anreiz auf Marktsignale zu reagieren. Bei Windenergieanlagen waren es 47,4 GW und damit 65,5%.
Hinsichtlich der Entwicklung von Extrempreisen im Vergleich zu den Vorjahren sind gegenläufige Tendenzen bei Hoch- und Niedrigpreisen zu erkennen. Die Anzahl von Preisen über 100 €/MWh ist 2024 im Vergleich zu 2023 deutlich gesunken und fiel unter das Niveau von 2021. Dies ist zumindest teilweise im gesunkenen Gesamtpreisniveau begründet. Anders verhielt es sich bei stark negativen Preisen (<-50€/MWh), deren Anzahl nach einem Rückgang in den Jahren 2021 und 2022 seit 2023 wieder deutlich zugenommen hat.
Tabelle 1: Analyse der Anzahl von Negativpreisen, sowie sehr hohen Preisen an den deutschen Spotmärkten in den Jahren 2020 bis 2024 nach Daten der EPEX SPOT [1]
Jahr | Day-Ahead Markt | Intraday-Auktion | Viertelstündlicher kontinuierlicher Intraday-Handel (Average Price) | |
Anzahl negative Preise | 2024 | 459 | 2202 | 2350 |
2023 | 301 | 1721 | 1729 | |
2022 | 69 | 679 | 568 | |
2021 | 139 | 784 | 796 | |
2020 | 298 | 2041 | 1783 | |
Anzahl Preise > 100 €/MWh | 2024 | 2300 | 9476 | 9414 |
2023 | 4106 | 16934 | 17014 | |
2022 | 7368 | 29337 | 29104 | |
2021 | 2667 | 11211 | 11254 | |
2020 | 25 | 170 | 261 | |
Anzahl Preise < -50 €/MWh | 2024 | 27 | 205 | 209 |
2023 | 15 | 171 | 138 | |
2022 | 0 | 38 | 7 | |
2021 | 10 | 106 | 94 | |
2020 | 27 | 204 | 261 |
Starke Preisspreads auch im Jahr 2024
Die Zunahme der Strompreisvolatilität im Vergleich zu den Vorjahren lässt sich auch in den maximalen Preisspreads erkennen. Tabelle 2 zeigt den maximalen stündlichen und täglichen Preisspread sowie die innerstündliche und innertägliche Standardabweichung der Strompreise am Day-Ahead- und am Intraday-Markt für das Jahr 2024 im Vergleich zu den vorherigen Jahren auf. Die mittleren Standardabweichungen werden durch den jährlichen Mittelwert der Standardabweichungen des Strompreises je Tag bzw. Stunde berechnet.
Im Jahr 2024 sind der mittlere tägliche Preisspread und die Standardabweichung im Vergleich zum Vorjahr auf allen betrachteten Märkten weiter gestiegen. Damit erreichte die tägliche Preisvolatilität ein historisches Maximum (mit Ausnahme des Jahres 2022 mit seinem außergewöhnlich hohen Strompreisniveau). Insbesondere der steigende Anteil Erneuerbarer Energien erklärt die zunehmende innertägige Volatilität der Strompreise. Eine gegenläufige Entwicklung zeigt sich bei den stündlichen Volatilitätscharakteristika der Intraday-Märkte, die im Jahr 2024 wie bereits im Vorjahr gesunken sind. Die Entwicklungen lassen sich teilweise auf das geringere Preisniveau von 2024 zurückführen. Auch die zunehmende Liquidität auf den Intraday-Märkten, verbesserte Prognosequalität und die Einführung zwei weiterer Intraday-Auktionszeitpunkte im Juni 2024 könnte die Entwicklungen beeinflusst haben [7].
Tabelle 2: Analyse des Preisspreads und der Standardabweichung der Strompreise an den deutschen Spotmärkten in den Jahren 2020 bis 2024 nach Daten der EPEX SPOT [1]
Jahr | Day-Ahead-Markt (stündlich) | Intraday-Auktion (viertelstündlich) | Viertelstündlicher kontinuierlicher Intraday-Handel (mittlerer Preis) | |||
täglich | täglich | stündlich | täglich | stündlich | ||
Maximaler Preisspread in €/MWh (gemittelt über das Jahr) | 2024 | 117,4 | 183,8 | 39,4 | 229,2 | 40 |
2023 | 97,9 | 176,2 | 45,1 | 213,3 | 42,2 | |
2022 | 187,0 | 292,7 | 81,6 | 322,4 | 71,3 | |
2021 | 80,3 | 138,2 | 37,4 | 143,5 | 33,8 | |
2020 | 32,5 | 70,0 | 20,2 | 79,1 | 18,0 | |
Standardabweichung in €/MWh (gemittelt über das Jahr) | 2024 | 33,5 | 38,5 | 17,2 | 42,9 | 17,7 |
2023 | 28,8 | 35,9 | 19,8 | 39,8 | 18,6 | |
2022 | 57,3 | 67,2 | 35,9 | 69,2 | 31,5 | |
2021 | 24,5 | 29,7 | 16,4 | 30,1 | 14,8 | |
2020 | 9,4 | 13,8 | 8,9 | 14,9 | 8,0 | |
Von der insgesamt historisch hohen Preisvolatilität auf den deutschen Strommärkten profitierten 2024 insbesondere Speichertechnologien und flexible Lasten Bei einem Verkauf von Strom am Day-Ahead-Markt zu allen Zeitpunkten mit Strompreisen über 800 €/MWh hätte ein Batteriespeicher mit 1 MW im Jahr 2024 innerhalb von 10 Stunden über 11.000 € einnehmen können. Damit verdeutlicht das Jahr 2024 einmal mehr den dringenden Bedarf an mehr Flexibilität, um eine effiziente und verbraucherfreundliche Transformation des Stromsystems zu ermöglichen.
Bedingt durch den voranschreitenden Ausbau Erneuerbarer Energien ist auch für das Jahr 2025 mit einer hohen Preisvolatilität zu rechnen.
Eine Analyse der europäischen Day-Ahead-Preise wird in Kürze veröffentlicht.
Quellen:
[1] EPEX SPOT. 2024. “Market data“, https://www.epexspot.com/en/market-data
[2] Energy-Charts. 2024. „Anteil Erneuerbarer Energien“, https://www.energy-charts.info/charts/renewable_share/chart.htm
[3] EEX European Energy Exchange. 2024. „Spot market data – THE“, https://www.eex.com/en/market-data/natural-gas/spot
[4] Entso-E Transpareny Plattform. 2024. “Total Load – Day Ahead / Actual”, Data View (entsoe.eu)
[5] Handelsblatt. 2025. „Energie: Kartellamt überwacht die aktuell hohen Strompreise“. https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/energie-kartellamt-ueberwacht-die-aktuell-hohen-strompreise/100098047.html.
[6]Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023). § 51 Verringerung des Zahlungsanspruchs bei negativen Preisen. Fassung vom 01.01.2023.
[7] EPEX SPOT. 2024. “Intraday Auctions (IDAs) were implemented across Europe on 13 June 2024”,https://www.epexspot.com/en/news/intraday-auctions-idas-were-implemented-across-europe-13-june-2024