07.01.2025

CO₂-Marktstudie – Analyse von Absatzmärkten und Quellen für abgeschiedenes CO₂

Die Abscheidung von CO2 bietet im Zuge der Transformation des Energiesystems doppeltes Potenzial: Zum einen kann sie zur Verbesserung der Emissionsbilanz des abscheidenden Unternehmens beitragen. Zum anderen bieten sich verschiedene ökonomische Potenziale:

Neben klimaneutral erzeugtem Wasserstoff ist CO2 einer der Rohstoffe für die Produktion von strombasierten Energieträgern wie eMethanol oder synthetischem Kerosin. Für die Produktion von RFNBO-konformen Kraftstoffen muss das verwendete CO2 biogenen Ursprungs oder aus der Luft abgeschieden worden sein. Bis 2041 ist zudem CO2 aus fossilen Quellen eine Option, welches unter Einlösung eines ETS-Zertifikats freigekauft wurde (2036 für Stromproduktion).

Alternativ kann CO2 langfristig geologisch gespeichert werden. Finanzieller Anreiz besteht hier in der Vermeidung von Kosten für ETS-Zertifikate (bei fossilen Quellen) oder in der Generierung freiwilliger Negativzertifikate, die zwischen Unternehmen gehandelt werden können (bei biogenem oder aus der Luft abgeschiedenem CO2). Mittelfristig soll der Markt für Negativzertifikate in den ETS-Markt integriert werden [1].

In jedem Fall muss das CO2 abgeschieden und der weiteren Nutzung zugeführt werden. Für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Anwendung müssen die dabei entstehenden Kosten durch die möglichen Einnahmepotenziale aus der Nachnutzung gedeckt werden. In diesem Projekt wurden die Kosten und Potenziale unterschiedlicher CO2-Quellen sowie die preisabhängige CO2-Nachfrage in unterschiedlichen Anwendungen analysiert und gegenübergestellt.

Abbildung 1: Gewähltes Vorgehen

CO2-Nachfrage

Vier verschiedene Optionen für die Verwertung von CO2 wurden analysiert: Neben der geologischen Speicherung von CO2 („CCS“) wurden die Nutzung als Rohstoff für die Produktion von eMethanol in der chemischen Industrie oder im Schiffsverkehr sowie für die Produktion von eSAF einbezogen. Dazu wurden zunächst Zahlungsbereitschaften und Nachfragemengen für Endprodukte (eMethanol oder eSAF) in den jeweiligen Sektoren ermittelt. Die Abschätzung der Zahlungsbereitschaften erfolgte basierend auf Vergleichspreisen für aktuelle fossile Produktion und biogene Alternativen sowie unter Einbezug der relevantesten regulatorischen Anreize und Strafen (ReFuelEU Aviation, FuelEU Maritime, ETS). Für die Mengen wurden die zutreffenden Quoten sowie Transformationspläne der Industrie mit prognostizierten Gesamtnachfragen verschnitten.

Die sich ergebenden Nachfragemengen und Zahlungsbereitschaften für die Endprodukte wurden dann auf Basis technoökonomischer Parameter und Annahmen für die Wasserstoffpreise in Nachfragemengen und Zahlungsbereitschaften für CO2 umgerechnet. Das Ergebnis steht als Nachfragekurve für CO2 zur Verfügung.

Eine nennenswerte Nachfrage nach CO2 entsteht vor allem aus dem Flugverkehr. Eine spezifische eSAF-Unterquote regt hier die Verwendung von CO2 zur Produktion von synthetischen Kraftstoffen an. Allerdings ist das in 2030 bestehende Nachfragevolumen noch vergleichsweise gering. Für den Schiffsverkehr bestehen zwar hohe monetäre Anreize für klimaneutrale Kraftstoffe, die aber nicht spezifisch für eMethanol gelten. Die Nutzung von günstigeren Biokraftstoffen ist daher eine relevante Opportunität, welche die Zahlungsbereitschaft für CO2 nach unten drückt. In der Industrie fehlen bislang nennenswerte Anreize, sodass hier kein Absatzmarkt für CO2 gesehen wird. Potenziell unbegrenzt ist die Abscheidung und Speicherung. Bei steigenden ETS-Preisen wird diese Option kostengünstiger als die Emission von fossilem CO2 und somit relevant für den Markt.

Abbildung 2: Ausschnitt der Nachfragekurve für CO₂ im Szenario niedriger Wasserstoffpreise.

CO2-Angebot

Der Nachfrage steht das zukünftige Angebot an CO2 in Deutschland gegenüber. Dabei unterscheiden sich die verschiedenen CO2 Quellen in der Menge des verfügbaren CO2, der CO2-Konzentration, den Kosten, der regionalen Verteilung und der Qualität des CO2 (biogen oder fossil). Neben CO2 aus Direct Air Capture Anlagen kann CO2 an fossilen Punktquellen oder an kleineren auf Biomasse basierten Anlagen abgeschieden werden. In diesen wird Biomasse entweder verbrannt oder vergärt, wobei das freigesetzte CO2 aktuell nicht genutzt wird. Für die Produktion von RFNBOs sind fossile Quellen zeitlich nur begrenzt relevant, weshalb großes Augenmerk auf den biogenen Quellen liegt.

Ein großes Angebot von biogenem CO2 stammt dabei aus Biomasseheizkraftwerken. Weitere biogene Quellen sind Bioethanol- und Biomethan-Anlagen. An diesen beiden Anlagentypen kann besonders günstig CO2 zur Verfügung gestellt werden, da das CO2 prozessbedingt  abgeschieden wird.

Abb. 3: Ausschnitt der 150 günstigsten biogenen CO₂ Quellen in Deutschland in 2030 im Vergleich zu den Kosten von Direct Air Capture

CO2 Markt-Analyse

Die Gegenüberstellung von CO2-Nachfrage und CO2-Angebot in Deutschland ermöglicht einen Ausblick auf das Marktpotenzial und die zukünftige Marktsituation von CO2. Bei niedrigen Wasserstoffpreisen bietet der eFuel-Bedarf des Flugverkehrssektors einen möglichen Business-Case für den CO2-Absatz. Der in 2030 in Deutschland durch eSAF-Produktion bestehende Bedarf an CO2 kann durch die günstigsten biogenen Quellen (Bioethanol und Biomethan) gedeckt werden. Eine relevante Erlösmöglichkeit stellt das aber nur bei stärkerer gesetzlicher Förderung, steigenden ETS-Preisen oder sehr niedrigen Wasserstoffpreisen dar. Bei niedrigen Einsatzquoten (etwa 2 % eSAF im Jahr 2030) stellt auch die Erhöhung des Endnutzerpreises eine Option dar. So würde eine Ticketpreiserhöhung um weniger als 5 % die wirtschaftliche Erfüllung der eSAF-Quote ermöglichen.

Schließlich besteht die Möglichkeit der CO2-Speicherung. Diese wird dann interessant, wenn ETS-Preise stärker als erwartet steigen. Für große (insbesondere fossile) Quellen kann sich die Investition bereits im Status quo lohnen.

Literatur

[1] Commission takes stock of how key pieces of climate legislation are operating, 15.05.2024, https://climate.ec.europa.eu/news-your-voice/news/commission-takes-stock-how-key-pieces-climate-legislation-are-operating-2024-05-15_en