05.07.2021

Beitragsreihe Wasserstoff: Wie wird Wasserstoff transportiert?

Spätestens seit der verabschiedeten nationalen Wasserstoffstrategie ist Wasserstoff in aller Munde. Auch an der FfE wird Forschung betrieben in Bezug auf den Beitrag von Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem. In aktuellen Projekten liegt der Fokus u. a. auf der nachhaltigen Erzeugung, dem Transport und dem Verbrauch von Wasserstoff. Daneben beschäftigt sich die FfE mit dem Markthochlauf sowie potenziellen Geschäftsmodellen.

Dieser Beitrag ist der vierte einer Reihe von sechs Beiträgen, die sukzessive in den kommenden Wochen erscheinen werden. In dieser Beitragsreihe werden die wichtigsten Aspekte zum Thema Wasserstoff kurz, verständlich und kompakt erläutert.

Übersicht über die Themen der Beitragsreihe Wasserstoff

  1. Historie des Wasserstoffs als Energieträger
  2. Wie wird Wasserstoff produziert?
  3. Wo soll Wasserstoff verwendet werden?
  4. Wie wird Wasserstoff transportiert?
  5. Welchen Beitrag kann Wasserstoff zur Energiewende liefern?
  6. Übersicht aktueller Wasserstoffprojekte

Distanzen zwischen Produktions- und Verbrauchsort von Wasserstoff

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wie Wasserstoff transportiert werden kann. Wasserstoff kann häufig dort nicht wirtschaftlich produziert werden, wo er benötigt wird. Zum Beispiel kann eine Gegend mit einem hohen Bedarf weniger geeignet für die günstige Erzeugung erneuerbarer Energie sein. Auch Wasserstofftankstellen werden wohl nicht ausreichende Flächen verfügbar haben, als dass es sich lohnen würde, vor Ort den benötigten Wasserstoff zu produzieren. Stattdessen ist es möglich, auch innerhalb von Deutschland produzierten Wasserstoff deutlich weiter als 100 km zu transportieren [1]. Wenn die Produktion in einem Land oder einem anderen Kontinent stattfindet, der Wasserstoff also importiert wird, muss dieser über deutlich weitere Distanzen transportiert werden.

Transporteigenschaften von Wasserstoff

Wasserstoff hat einige besondere Eigenschaften, die den Transport beeinflussen. Unter normalen Bedingungen ist er gasförmig und sehr leicht. Als sehr flüchtiges Gas entweicht er schnell und muss deswegen in besonders dichten Behältnissen gelagert werden. Wasserstoff hat eine dreimal höhere gravimetrische Energiedichte als Benzin. Das bedeutet, dass in einem Kilogramm Wasserstoff in etwa dreimal mehr Energie enthalten ist als in einem Kilogramm Benzin.

Gleichzeitig hat er wegen seiner geringen Dichte eine sehr niedrige volumetrische Energiedichte unter normalen Bedingungen. Das heißt in einem Liter Wasserstoff steckt nur sehr wenig Energie und der Transport benötigt sehr viel Raum. Um dies teilweise zu umgehen, kann der Wasserstoff komprimiert oder bei äußerst niedrigen Temperaturen verflüssigt werden. Vor allem Letzteres verursacht aber einen hohen Strombedarf [2].

Transport mit LKW

Mit LKWs kann Wasserstoff sowohl in komprimierter als auch in flüssiger Form transportiert werden. LKWs sind sehr flexibel und können Wasserstoff dorthin fahren, wo er gerade benötigt wird. Allerdings fallen hohe Kosten für jede einzelne Fahrt an. Deswegen eignen sie sich besonders für kleine Mengen. Für längere Strecken ist der Transport in flüssiger Form tendenziell günstiger [2].

Transport mit Schiffen

Ähnlich zu flüssigem Erdgas können große Schiffe auch flüssigen Wasserstoff über die Weltmeere transportieren. Damit eignet sich diese Transportform besonders für äußerst lange Strecken zwischen küstennahen Regionen. Gleichzeitig bleibt das Problem der hohen Verluste für die Verflüssigung bestehen [3].

Transport per Pipeline

Als Gas kann Wasserstoff durch Pipelines zu den Verbrauchern gebracht werden. In Deutschland bestehen bereits zwei größere Netze, im Ruhrgebiet und im mitteldeutschen Chemiedreieck [4]. Der Transport in Pipelines ist unflexibel, weil diese nur angeschlossene Nutzer versorgen können. Deren Bau sorgt außerdem für sehr hohe Investitionskosten. Danach sind die laufenden Kosten aber gering und der Transport von großen Mengen ist möglich. Ein weiterer großer Vorteil sind die geringen Energieverluste [1].

Eine Möglichkeit, die Investitionskosten in neue Leitungen zu verringern, ist der Umbau von bestehenden und nicht mehr benötigten Erdgasleitungen. Angesichts eines langfristig wohl sinkenden Erdgasverbrauchs ergibt sich die Chance, von dieser gut ausgebauten Infrastruktur zu profitieren [5].

Transport der Energie im Stromnetz

Wenn Wasserstoff aus Elektrolyse verwendet wird, kann der Energietransport auch über das Stromnetz erfolgen. Dabei speisen Stromerzeuger den Strom ins Netz ein und Verbraucher produzieren lokal die jeweils benötigte Menge Wasserstoff mittels Elektrolyse. Damit ist dieses System sehr flexibel, da das Stromnetz in vielen Gegenden der Welt bereits sehr gut ausgebaut ist. Sollten aber große Strommengen zur Versorgung von Elektrolyseuren benötigt werden, wären neue Stromleitungen nötig. Diese sind deutlich teurer als Wasserstoffpipelines [6]. Damit ist dieser Transportweg eher für die Anfangszeit einer Wasserstoffwirtschaft geeignet.

Transport in Speicherverbindungen

Um das Problem der geringen Energiedichte zu umgehen, kann Wasserstoff in andere chemische Verbindungen eingebracht werden. Dies ist sinnvoll, wenn die neue Chemikalie leichter zu verflüssigen ist. Dafür nutzbare Stoffe sind besonders die flüssigen organischen Wasserstoffträger (engl. liquid organic hydrogen carriers, LOHC). Außerdem kann Wasserstoff auch zu Ammoniak verarbeitet werden. Ähnlich wie bei der Verflüssigung von Wasserstoff geht bei der Einbringung und Auslösung von Wasserstoff aus diesen Verbindungen Energie verloren. Die Kosten der Anlagen sind außerdem beträchtlich. Damit ist diese Transportoption eher für sehr lange Strecken geeignet [3].

Gegenwärtige Pläne der Bundesregierung

Die Bundesregierung legte in der „Nationalen Wasserstoffstrategie“ ihre eigenen Pläne vor, wie der Staat den Aufbau einer Transportinfrastruktur unterstützen kann. Im Inland liegt ihr Fokus dabei auf Pipelines [7]. Um geeignete Standards für den Wasserstofftransport zu entwickeln, fördert die Bundesregierung die Forschung in diesem Bereich in den Projekten Trans4ReaL und TransHyDE, an denen die FfE mit vielen anderen Partnern beteiligt ist.

Außerdem ermittelt die Bundesnetzagentur in einem Konsultationsverfahren, in welcher Form Wasserstoffnetze reguliert werden sollten [8].

Pläne der Gasnetzbetreiber

Auch die Erdgasnetzbetreiber beschäftigen sich bereits mit dem Thema Neu- und Umbau von Wasserstoffleitungen. In ihrem aktuellen Netzentwicklungsplan spezifizieren sie, dass bereits bis 2025 mit knapp 500 km zusätzlichen Wasserstoffleitungen zu rechnen sein könnte. Dieser erste Ausbau wird vor allem in Niedersachsen und Nordrhein-Westphalen stattfinden [9].

Außerdem stellten die Netzbetreiber in einer Karte dar, welche Gegenden ein gut ausgebautes Wasserstofftransportnetz in Zukunft beliefern könnte [9].

Abbildung 2: Mögliche Form des ausgebauten Wasserstoffnetzes

Weitere Informationen:

 

Literatur:

[1] D. Krieg, Konzept und Kosten eines Pipelinesystems zur Versorgung des deutschen Straßenverkehrs mit Wasserstoff, Jülich: Forschungszentrum Jülich, 2012.
[2] C. Yang und J. Ogden, „Determining the lowest-cost hydrogen delivery mode,“ International Journal of Hydrogen Energy, Bd. 32, Nr. 2, pp. 268 – 286, 2007.
[3] International Energy Agency, „The Future of Hydrogen,“ Paris, 2019.
[4] K. Ganz, T. Kern, T. Hübner und S. Pichlmaier, „Studie zur Regionalisierung von PtG-Leistungen für den Szenariorahmen NEP Gas 2020-2030,“ Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft, München, 2019.
[5] A. Wang, K. van der Leun, D. Peters und M. Buseman, „European Hydrogen Backbone,“ Guidehouse, Utrecht, 2020.
[6] Deutsche Energie-Agentur; ewi Energy Research & Scenarios, „dena-Leitstudie: Integrierte Energiewende,“ Deutsche Energie-Agentur, Berlin, 2018.
[7] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, „Die Nationale Wasserstoffstrategie,“ Berlin, 2020.
[8] Bundesnetzagentur, „Regulierung von Wasserstoffnetzen – Ergebnisse der Marktkonsultation (Stand: November 2020),“ Bonn, 2020.
[9] Fernleitungsnetzbetreiber Gas e. V., „Netzentwicklungsplan Gas 2020–2030,“ Berlin, 2021.