Beitragsreihe Interoperabilität: Bewertung der Interoperabilität in der Praxis
Die Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen in das Energiesystem der Zukunft ist eines der aktuellen Themen in der Energiewirtschaft. Vor allem das intelligente Laden von Elektrofahrzeugen ist dabei von besonderer Bedeutung und bringt gleichzeitig neue Herausforderungen mit sich. Um intelligentes Laden mit unterschiedlichen Komponenten zu ermöglichen, spielt das Thema Interoperabilität eine zentrale Rolle. Diese wurde an der FfE im Rahmen des Forschungsprojektes unIT-e² untersucht.
Im ersten Teil dieser Beitragsreihe wurde der Begriff der Interoperabilität definiert, bestehende Hürden identifiziert und potenzielle Vorteile bei der Umsetzung analysiert. der zweite Teil der Beitragsreihe befasste sich mit einer eingehenden Untersuchung der Methoden zur Messung von Interoperabilität. Die Bewertung der Interoperabilität ist von entscheidender Bedeutung, um das Ausmaß der Kooperation und Vernetzung zwischen verschiedenen Systemen zu bestimmen. Dies ermöglicht es, die Effizienz und Effektivität der genutzten Technologien zu verbessern und eine nahtlose Integration sicherzustellen.
Im dritten und letzten Teil dieser Beitragsreihe widmen wir uns der Frage, wie Hard- und Softwarekomponenten nahtlos zusammenarbeiten können, um intelligentes Laden von Elektrofahrzeugen an unterschiedlichen Standorten zu ermöglichen.
Die dreiteilige Beitragsreihe beschäftigt sich mit den zentralen Fragen nach den theoretischen Grundlagen, dem Ziel und Zweck von Interoperabilität, Methoden zur Messbarkeit von Interoperabilität und der Bewertung von Interoperabilität in der Praxis.
- Was ist Interoperabilität, welche Hemmnisse bestehen bei der Umsetzung und welcher Nutzen lässt sich erwarten?
- Interoperabilität und wie sie gemessen wird
- Bewertung der Interoperabilität in der Praxis
Messung der Interoperabilität im Bereich der E-Mobilität an der FfE
Für die Beurteilung der Interoperabilität beim intelligenten Laden von Elektrofahrzeugen müssen insbesondere die Schnittstellen entlang der Wirkkette Elektrofahrzeug (EV), Ladestation (EVSE), (Heim-) Energiemanagementsystem ((H)EMS), intelligentes Messsystem (iMSys) sowie Messstellenbetreiber (MSB) System analysiert werden (s. Abbildung). Relevant ist, welche Standards entlang der Wirkkette implementiert sind und ob Komponenten in der Praxis auch bei Änderungen in der Wirkkette funktionieren.
Im Rahmen des Forschungsprojekts unIT-e² wurde die Interoperabilität der entwickelten Systeme genauer untersucht. Dazu wurde ein Mixed Methods Ansatz gewählt, wobei der Grad der Interoperabilität nach dem in Teil zwei dieser Beitragsreihe beschriebenen LCIM-Modell bewertet wird.
Die angewandte Methodik zur Bewertung der Interoperabilität variierte je nach den Stufen des Levels of Conceptual Interoperability Model (LCIM). Für die Erhebung der Daten auf den Stufen 1 bis 3 wurden mithilfe eines Fragebogens relevante Informationen von Experten aus zehn Unternehmen gesammelt. Das primäre Ziel bestand darin, zu ermitteln, ob die Hersteller einheitliche Referenzmodelle oder Protokolle für die Kommunikation an den Schnittstellen ihrer Produkte verwenden.
Die Untersuchung der Stufen 4 und 5 erfolgte durch ein praktisches Plugfest. Im Rahmen dieses Plugfests hatten verschiedene Hersteller die Möglichkeit, die Interoperabilität ihrer Komponenten unter kontrollierten Laborbedingungen zu testen. Die Tests wurden gemäß eines strukturierten Testplans durchgeführt, wobei zusätzlich Raum für freie Tests eingeplant wurde, um eine umfassendere Analyse zu ermöglichen. Der Schwerpunkt lag auf den drei Anwendungsfällen Leistungslimitierung, Smart Charging und Meter Values Acquisition.
Die Untersuchung der Interoperabilität erfolgte durch das Testen der in den Projektclustern etablierten Komponenten sowie durch den Austausch einzelner Komponenten zwischen verschiedenen Clustern. Auf diese Weise konnten spezifische Schnittstellen identifiziert werden, an denen es zu Problemen kam. Die Ergebnisse lieferten wichtige Einblicke in bestehende Herausforderungen und bildeten die Grundlage für die weitere Optimierung der Interoperabilität in der Praxis.
Ergebnisse aus Expertenbefragung
Die Ergebnisse der Expertenbefragung mit Fragebögen zeigen, dass Interoperabilität bis zur semantischen Ebene (LCIM Stufe 3) gegeben ist. Eine Ausnahme gilt hier nur für das Cluster Heav-E. Informationsaustausch zwischen den Komponenten ist grundsätzlich gewährleistet, da einheitliche Standards Anwendung finden. Probleme entstehen an dieser Stelle nur unter anderem durch Anpassung von Standards in der Entwicklung, wenn diese unzureichend definiert sind. Daher ist innerhalb der Cluster semantische Interoperabilität gegeben, allerdings keine dynamische Interoperabilität.
Ergebnisse Plugfest
Die Ergebnisse der Tests während des Plugfests zeigen, dass Interoperabilität zu einem hohen Maß gegeben ist, allerdings noch nicht vollständig funktioniert. So sind Systeme in einer in den Clustern etablierten Kombination interoperabel. Auch der Austausch der Fahrzeuge zwischen Clustern funktioniert und entspricht daher dynamischer Interoperabilität. Werden allerdings Komponenten hinter der EVSE ausgetauscht, treten mitunter Fehler auf und in keinem Fall funktionierte der Austausch von EVSE und (H)EMS.
Insofern ist für die gesamte Wirkkette im etablierten Rahmen pragmatische Interoperabilität (LCIM Level 4) gegeben. Die Systeme sind allerdings nur begrenzt anpassungsfähig an neue Situationen und erfüllen somit nicht die Bedingungen der dynamischen Interoperabilität (LCIM Level 5). Nur an der Schnittstelle zwischen EV und EVSE kann von dynamischer Interoperabilität gesprochen werden. In der Praxis erhoffen sich Experten eine Verbesserung durch die Etablierung der ISO 15118-20 an der Schnittstelle zwischen EV und EVSE. Die bisher angewandte ISO 15118-2 sei noch nicht ausgereift für die breite Anwendung.
Für die vollständige Interoperabilität der E-Mobilität ist in Zukunft die Kooperation der verschiedenen Hersteller ausschlaggebend. Die bestehenden Standards müssen gemeinsam weiterentwickelt werden. Wichtig sind dabei insbesondere EEBUS, OCPP 1.6 und Modbus TCP, die für Interoperabilität teils hoch relevant und gleichzeitig noch nicht ausgereift sind.
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