Beitragsreihe Dynamische Stromtarife – Dynamische Stromtarife für Haushalte
Im Gegensatz zu einem klassischen Stromliefervertrag bei dem der Strompreis pro verbrauchter Kilowattstunde (kWh) immer gleich ist, ist der Preis bei dynamischen Stromtarifen flexibel – der Preis ändert sich also mit der Zeit. Dadurch können beispielsweise Endverbraucher:innen mit Elektroautos oder Wärmepumpen besonders von dynamischen Stromtarifen profitieren, indem sie ihren Strom in Zeiten mit niedrigen Preisen beziehen.
In Deutschland müssen alle Stromanbieter ab dem 01.01.2025 dynamische Stromtarife anbieten. Allerdings fühlen sich noch immer über 80 % der deutschen Haushalte zu dynamischen Stromtarifen eher schlecht oder überhaupt nicht informiert [1]. Aus diesen Gründen informiert unsere Beitragsreihe über dynamische Stromtarife für verschiedene Verbraucher-Gruppen. Wir erläutern, wer von welchen Tarifausgestaltungen besonders profitieren kann und wie dynamische Tarife ausgestaltet werden können.
Benötigen Sie Unterstützung bei der methodischen und prozessualen Entwicklung entsprechender dynamischer Stromtarife? Kontaktieren Sie gerne die unten genannten Expert:innen der FfE!
Die einzelnen Kapitel unserer Beitragsreihe zu dynamischen Stromtarifen:
- Welche Tarifarten gibt es, was sind ihre Vor- und Nachteile und was muss technisch gemacht werden?
- Dynamische Stromtarife für Haushalte
- Dynamische Stromtarife für Ladehubs und Logistik-Depots
- Energy Sharing – Lokale dynamische Tarife
Im ersten Beitrag unserer Beitragsreihe „Welche Tarifarten gibt es, was sind Vor- und Nachteile und was muss technisch gemacht werden?“ haben wir die drei Tarifarten konstanter Standard-Tarif, zeitvariabler Tarif und dynamischer Tarif verglichen. Im folgenden Beitrag werden die dynamischen Tarife für Haushaltskunden genauer betrachtet.
Die weiteren Beiträge der Beitragsreihe erscheinen nun sukzessive auf unserer Website.
Dynamische Stromtarife sind vor allem für sogenannte flexible Endverbraucher:innen interessant, also Haushalte mit großen Verbrauchern wie Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen. Genauso wie konstante Standard-Tarife enthalten dynamische Stromtarife einen Grund- und einen Arbeitspreis.
Der Grundpreis ist ein Festbetrag, der in der Regel monatlich gezahlt wird und unabhängig vom eigentlichen Stromverbrauch ist. Die Spannbreite an Grundpreisen ist bei dynamischen Stromtarifen ähnlich wie bei konstanten Standard-Tarifen und liegt laut Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. zwischen 6 € und 23 € [1].
Der Arbeitspreis wird mit jeder verbrauchten Kilowattstunde (kWh) abgerechnet und basiert auf den sogenannten Aufwandskosten des Stromversorgers, die sich aus den Kosten für den Strom an der Börse, Steuern, Abgaben und Umlagen zusammensetzen. Bei dynamischen Strom-Tarifen werden die schwankenden Strompreise an der Börse über den Arbeitspreis an die Kunden weitergegeben. Somit enthält der Arbeitspreis einen dynamischen (Strompreis) und einen fixen Anteil (Abgaben, Umlagen, Steuern, Netzentgelte).
Produktausgestaltung
Neben den klassischen Energieversorgern setzen vor allem vermehrt Start-Ups auf dynamische Stromtarife. Die Ausgestaltungen der dynamischen Stromtarife sind dabei vielfältig.
Der Großteil der Anbieter berechnet den variablen Teil des Arbeitspreises anhand der stündlichen Großhandelspreise an der EPEX Spot DE für die Lieferstunde des folgenden Tages (Day-Ahead). Die Endverbraucher:innen bekommen somit einen Tag im Voraus ihre geltenden stündlichen Strompreise basierend auf den Börsenpreisen mitgeteilt, die je nach Situation im Laufe des Tages unterschiedlich stark variieren. Zusätzlich erheben die Anbieter einen fixen Aufschlag auf die Großhandelspreise, wobei dieser je nach Anbieter unterschiedlich benannt wird und nicht immer transparent ist [1]. Andere veranschlagen einen gewissen Prozentsatz der Ersparnis, die sich verglichen mit dem Grundtarif ergibt. Anbieter können sich somit sowohl über den Grundpreis als auch über zusätzliche Aufschläge beim Arbeitspreis preislich absichern.
Aufgrund der beiden Optionen, sich aus Anbietersicht mehr über den Grundpreis oder den Arbeitspreis finanziell abzusichern, gibt es vielfältige Ausgestaltungsmöglichkeiten eines dynamische Stromtarifs. Zusätzlich gibt es bei manchen dynamischen Stromtarifen für die Endverbraucher:innen auch Preisobergrenzen oder Preisgarantien, wie zum Beispiel, dass die Preisgarantie nur für einen bestimmten Zeitraum gilt, erst nach einer gewissen Vertragslaufzeit greift und/oder nur auf einen bestimmten Anteil des verbrauchten Stroms (zum Beispiel den zum Laden des Elektroautos) angerechnet wird. Grundsätzlich stellt dies jedoch die Ausnahme bei den dynamischen Strom-Tarifen dar.
Die Anbieter weisen explizit auf ihren jeweiligen Websites darauf hin, dass ohne Preisgarantien durch die schwankenden Strompreise ein erhöhtes Risiko besteht. Auch bei der Mindestvertragslaufzeit und Kündigungsfrist gibt es Unterschiede. In der Regel haben die meisten Verträge keine Mindestvertragslaufzeit und eine Kündigungsfrist von einem Monat.
(Preis-)Transparenz
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass über 80 % der deutschen Haushalte zu dynamischen Stromtarifen eher schlecht oder überhaupt nicht informiert sind, sollten Anbieter bei der Darstellung der dynamischen Stromtarife besonders darauf achten, dass sie umfassend über die Vor- und Nachteile der Tarife informieren. [2] Ein großer Nachteil vieler Tarife ist die für den Verbraucher mangelnde Transparenz der Preisbildung und die komplizierten Tarifstrukturen. Zum einen erschwert das den Vergleich mit anderen Tarifen, zum anderen werden potenzielle Kund:innen abgeschreckt, da z. B. der Tarif nicht richtig verstanden wird oder der Kostenvorteil nicht direkt ersichtlich ist.
Zusätzlich besteht das Risiko, dass Kund:innen sich für einen Tarif entscheiden, ohne die genaue Ausgestaltung verstanden zu haben und womöglich unerwartet hohe Rechnungen erhalten. Eingängige Informationen und (Preis-)Transparenz können somit für Anbieter zum Wettbewerbsvorteil werden.
Eine Möglichkeit, Endverbraucher:innen über dynamische Stromtarife aufzuklären, ist mit einer einfachen Vergleichsrechnung von beispielweise drei typischen Haushalten mit und ohne flexible Verbraucher (z. B. Elektrofahrzeuge, Wärmepumpe), um aufzuzeigen, welcher Tarif sich für welche Kund:innen lohnt, wie beispielsweise in dieser Studie geschehen [1]
Anbieter von dynamischen Stromtarifen stellen die Strompreise auf ihren Websites oder ihren Apps zur Verfügung. Dabei werden z. B. die durchschnittlichen monatlichen und täglichen Preise sowie die Stundenpreise für den Folgetag in grafischer Form dargestellt. Die Preise für den Folgetag werden in der Regel gegen Nachmittag veröffentlich. Bei der Darstellung unterscheiden sich die Anbieter jedoch, manche zeigen nur die dynamischen Börsenpreise, andere integrieren bereits den fixen Anteil. Zusätzlich haben viele Anbieter einen Preisalarm, der Kund:innen frühzeitig vor extrem hohen Preisen warnt, wie beispielsweise Ende Juni 2024 aufgrund eines technischen Defekts oder Anfang November 2024 aufgrund geringer Produktion aus Erneuerbaren Energien geschehen [3, 4].
Zusammenfassung: Gegenseitige Anforderungen
- Anbieter: Müssen wettbewerbsfähige, transparente Tarife entwickeln, technische Infrastruktur bereitstellen und regulatorische Vorgaben erfüllen, ohne die eigene Profitabilität zu gefährden.
- Kund:innen: Wünschen sich Tarife, die Kosten sparen, einfach zu verstehen sind, Komfort bieten und gleichzeitig Umweltbewusstsein fördern – bei minimalem Risiko und technischen Hürden.
Ein Gleichgewicht zwischen den Interessen beider Seiten ist essenziell, um dynamische Stromtarife erfolgreich am Markt zu etablieren.
Unsere Leistung
Die FfE unterstützt Energieanbieter bei der methodischen und strategischen Entwicklung dynamischer Stromtarife und deren Ausgestaltung. Unsere Leistungen umfassen
- die Analyse von Zielgruppen und Verbrauchsverhalten, bspw. zur Erstellung synthetischer Verbrauchsprofile je Zielgruppe,
- die Ausarbeitung von flexiblen Tarifmodellen, bspw. spezifisch auf Zielgruppen ausgerichtet und
- die Integration regulatorischer Vorgaben sowie die Konzeption technischer Anforderungen, wie z.B. Smart-Meter-Lösungen.
Zudem bieten wir Prozessoptimierungen für die Einführung dynamischer Tarife und entwickeln Tools zur Preisberechnung, kurz und langfristige Preisprognosen sowie Aufbereitung von Inhalten für die Unternehmenskommunikation.
Durch maßgeschneiderte Beratung helfen wir Anbietern, attraktive und wettbewerbsfähige dynamische Tarife zu gestalten und erfolgreich am Markt zu positionieren.
Literatur:
[1] Marie Wettingfeld, Simon Meemken, Florian Zerzawy unter Mitarbeit von Hana von Loock und Selina Surek: „WIE VERBRAUCHERFREUNDLICH SIND DYNAMISCHE UND VARIABLE STROMTARIFE?“, Gutachten des Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft e.V. im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., 30.10.2024. Link:2024_VZBV Dynamische Tarife_final_0.pdf
[2] Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., “Dynamische Stromtarife: 19 Millionen Haushalte im Dunkeln“ 30.10.2024. Link: Dynamische Stromtarife: 19 Millionen Haushalte im Dunkeln | Verbraucherzentrale Bundesverband
[3] Scarlet Schmitz „Technische Panne an der Strombörse: Preis im Day-ahead-Markt steigt auf bis zu 2,33 Euro pro Kilowattstunde“, pv magazin, 28.06.2024, Link: Technische Panne an der Strombörse: Preis im Day-ahead-Markt steigt auf bis zu 2,33 Euro pro Kilowattstunde – pv magazine Deutschland
[4] Sandra Enkhardt „Dunkelflaute lässt Börsenstrompreise im November steigen“, pv magazin, 03.12.2024, Link: Dunkelflaute lässt Börsenstrompreise im November steigen – pv magazine Deutschland