04.12.2019

Allokation von CO₂ als Rohstoff: Im Spannungsfeld zwischen EU ETS Zertifikaten und Flottenemissionen

Wenn in der Ökobilanz Allokationsfragen diskutiert werden, so handelt es sich oftmals um die Frage, welchen Produkten bestimmte Umweltwirkungen zugerechnet werden. Dass sich dies allerdings auch in Form einer Gutschrift positiv auf das Produkt auswirken kann, zeigt uns das Beispiel der Verwendung von CO2 als Rohstoff zur Herstellung sogenannter eFuels. In der aktuellen Diskussion gelten eFuels, neben der Elektrifizierung und der Verwendung von Wasserstoff, als eine wichtige Möglichkeit zur Senkung der Emissionen im Verkehrssektor. Jedoch stellt sich zunächst die Frage, ob die Emissionen damit tatsächlich gesenkt werden.

Mögliche CO2-Quellen zur Herstellung von eFuels

Für die Herstellung von eFuels kann zwischen drei verschiedenen CO2-Quellen unterschieden werden:

  • Abscheidung aus der Luft
  • CO2-Abscheidung von energie- und prozessbedingten Emissionen in der Industrie
  • CO2-Abscheidung aus einem Abgasstrom bspw. im Bereitstellungssektor

Im Vergleich zu den anderen Quellen bietet die Luft mit 400 ppm die geringste Konzentration an CO2. Damit sind in diesem Zuge die größten Energieaufwände nötig, um CO2 bereitzustellen. Das vorhandene Potenzial wäre jedoch sehr groß. Dem gegenüber stehen Prozessemissionen, die beispielsweise bei der Herstellung von Stahl und Zement entstehen. Prozessemissionen sind somit Teil der Abgasströme in den jeweiligen Industriebetrieben. Abgasströme haben dabei sehr viel höhere Konzentrationen, wobei in diesen Fällen das CO2 sowohl aus biogenen als auch aus fossilen Quellen stammen kann. Neben der Allokationsfrage birgt die Nutzung von Abgasströmen fossilen Ursprungs, wie beispielsweise in Kohlekraftwerken, die Gefahr, weitere Abhängigkeiten zu schaffen, die es im Zuge der Energiewende zu vermeiden gilt. Im Folgenden wird zwischen biogenen und fossilen Abgasströmen unterschieden.

eFuels als CO2-neutrale Alternative zu konventionellen Kraftstoffen

Diese CO2-Quellen sollen nun zur Herstellung von eFuels eingesetzt werden. Dabei wird (in den meisten Prozessen) zunächst mittels Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, wobei erneuerbarer Strom zum Einsatz kommt. Anschließend wird dieser Wasserstoff in einem Syntheseschritt zusammen mit CO2 zu einem kohlenstoffhaltigen Brennstoff wie z. B. Diesel oder Kerosin weiterverarbeitet. Bei Verbrennung dieser Kraftstoffe wird in der Folge so viel CO2 ausgestoßen, wie im Herstellungsprozess gebunden wurde. Wenn dieses CO2 dann wiederum der Luft entnommen wird, entsteht ein Kreislauf.

Der Ausstoß von CO2 und damit einhergehende Kosten sollen gesenkt werden

Die Automobilhersteller unterliegen starken CO2-Regulierungen. So darf in 2021 die Neuwagenflotte der Hersteller einen mittleren CO2-Ausstoß von 95 g CO2/km aufweisen. Bis 2025 sinkt dieser Wert auf 81 g CO2/km und bis 2030 auf 59 g CO2/km [1]. Diese Werte sind auch trotz Super-Credits (Mehrfach-Anrechnung von besonders sparsamen Fahrzeugen) und Anrechnung von Öko-Innovationen (z. B. Nutzung der Motorabwärme) für deutsche Automobilhersteller nur sehr schwer zu erreichen und würden bei Nichterreichung mit Strafzahlungen einhergehen. Deswegen spricht sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) für eine Anrechnung von eFuels auf die Flottenemissionen aus [2].

Auf der anderen Seite müssen bereits heute Industrie- und Energieversorgungsunternehmen im Zuge des Emissionshandels EU ETS für ausgestoßenes CO2 Emissionszertifikate kaufen. Während diese Zertifikate über einen langen Zeitraum sehr günstig zu bekommen waren, sind die Preise in den Jahren 2018 und 2019 stark angestiegen und liegen nun zwischen 20 und 30 €/t CO2 [3]. Die Gründe für den Anstieg wurden bereits in unserem Beitrag „Preise für CO2-Zertifikate legen innerhalb eines Jahres um 250 % zu“ beleuchtet. Zusammenfassend handelt es sich dabei um die ab diesem Jahr greifende Marktstabilitätsreserve sowie weitere durchgeführte Anpassungen am EU ETS mit der Folge einer stärkeren Verringerung der Zertifikate.

Unter dem Druck von steigenden CO2-Preisen kann es für Unternehmen zunehmend sinnvoll werden, CO2 abzuscheiden, statt dieses in die Atmosphäre auszustoßen. Eine weitere Möglichkeit wäre es, auch die Abscheidung von CO2 aus der Luft in den Emissionshandel zu integrieren [4].

Die Abscheidung von CO2 darf dem System nur einmal gutgeschrieben werden

Damit wird das in der Ökobilanz bekannte Problem der Allokation deutlich: Wird das Nicht-Emittieren von CO2 bei anschließender Verwendung des Moleküls als Basis für eFuels der CO2-Quelle oder dem Kraftstoff gutgeschrieben?

Diese Frage ist aktuell noch nicht geklärt. Sie muss jedoch beantwortet werden, bevor eine Entscheidung über die Anrechnung von eFuels auf die Flottenemissionen erfolgen kann. Da die Allokationsfrage aus wissenschaftlicher Sicht nicht eindeutig beantwortet werden kann, ist dies die Aufgabe der Politik. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Anrechnung des abgeschiedenen CO2 im Gesamtsystem nur einmal geschieht.