07.01.2021

Stadt-Land-Ausgleich in Bayern

Eine Analyse im Projekt C/sells

Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien gehen zwei gegensätzliche Entwicklungen einher: Einerseits erfolgt durch den Ausbau dezentraler Erzeugung, wie z. B. Photovoltaik, eine noch nie dagewesene Dezentralisierung. Andererseits bedeutet der Ausbau der Offshore-Windenergie eine zunehmende Konzentration und Aggregation von Erzeugungsanlagen in Norddeutschland. Belastet Ersteres insbesondere die Verteilnetze, die historisch auf den Verbrauchsfall ausgelegt waren, steigen durch die Offshore-Windenergie die Distanzen zwischen Erzeugungs- und Verbrauchszentren, was wiederum zusätzliche Transportkapazitäten bei den Übertragungsnetzen (v. a. von Nord nach Süd) benötigt.

Um diesen Ausbau zu vermeiden, steht der verstärkte lokalen Ausbau erneuerbarer Energien in Bayern immer wieder in der Diskussion. Entsprechend ist ein Ziel vieler Gemeinden und Landkreise, die energetische Unabhängigkeit und eine möglichst hohe Eigendeckung durch Erzeugung aus der eigenen Region zu erreichen. [1] Dies ist in Landkreisen mit großem Flächenanteil, Windpotenzialen und Flächen für Solarenergie und Biomasse ein erreichbares Ziel, kreisfreie Städte hingegen sind auf das Umland angewiesen. Eine Analyse der FfE zeigt mittels einer linearen Optimierung, inwiefern die Städte in Bayern durch ihr Umland mitversorgt werden können.

Die Ergebnisse der Berechnung zeigen jedoch, dass insbesondere bei eher konservativeren Ausbauszenarien die Versorgung der Landkreise mit rein „bayerischem Strom“ nicht möglich ist. Dies liegt auch an den aktuell geringen Ausbauquoten von erneuerbaren Energien sowie deren zeitlicher Verfügbarkeit. Abbildung 1 (links) zeigt, dass die EE-Erzeugung in den meisten Landkreisen auch 2030 noch so gering ist, dass der Strom dort zum Großteil selbst verbraucht werden kann, es jedoch nicht für einen größeren Anteil der Eigendeckung reicht (s. Abbildung 1 rechts).

Abbildung 1: Eigenverbrauch und Eigenerzeugung bayerischer Landkreise im Jahr 2030

Nur wenige Landkreise sind überhaupt in der Lage, größere Strommengen zur Verfügung zu stellen, wie in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung 2: EE-Überschuss in Bayern in MWh/km2 für 2016 und 2030 aggregiert über Nieder- bis Hochspannung

Insbesondere zeigt diese Darstellung, dass die kreisfreien Städte als Verbraucher auftreten und im Verhältnis zu den Landkreisen nur sehr geringe Strommengen selbst erzeugen.

Entsprechend sind im Jahr 2030 noch ca. 80 % des Residualstromes nicht mit bayerischen Quellen zu decken, sondern werden auch weiterhin durch Importe aus anderen Bundesländern und Nachbarstaaten gedeckt. Auch im Jahr 2050 ist Bayern bei eher geringeren Ausbauquoten (Status Quo) noch auf Strom aus diesen Quellen angewiesen – auch wenn die Residuallast als solches deutlich abnimmt.

Abbildung 3: Jahresdauerlinie der Residuallast im Jahr 2030 und 200 im Vergleich (Summe über alle Landkreise je Stunde)

Abschließend lässt sich konstatieren, dass Bayern den Ausbau erneuerbarer Energien – im Gegensatz zu den angesetzten (eher konservativen) Szenarien – deutlich vorantreiben müsste, um die Eigendeckung der Landkreise zu erhöhen. Eine Versorgung der Städte ist dann zwar bilanziell denkbar, wie [2] zeigt. Um diese jedoch auch tatsächlich zu gewährleisten, sind große Mengen an Flexibilität erforderlich, die heute nur in sehr geringem Umfang vorliegen.

 

Literatur:

[1] Senkspiel, Charlotte et al.: Concept of Evaluating Chances and Risks of Grid Autarky. Freiburg: Fraunhofer Institute for Solar Energy Systems (Fraunhofer ISE), 2016.

[2] Schuster, Henning et al.: Das Zukunftsbild der Energielandschaft in Bayern – Regionale Versorgung in einem „Flower.Power-Energiekonzept“. Regensburg: E-Bridge Consulting GmbH, 2019.