24.09.2019

Einsatz von intelligenten Messsystemen in C/sells – Ausblick

Nach langer Vorbereitungszeit steht der Rollout von intelligenten Messsystemen in Deutschland bevor. In einer Serie von sechs Beiträgen wird das Themenfeld Smart Metering näher betrachtet und verschiedene Schwerpunkte aus den Bereichen Technik, rechtliche Grundlagen und Mehrwert vorgestellt. Im Rahmen des Forschungsprojektes C/sells[1] nutzt die FfE in Zusammenarbeit mit Bayernwerk die Architektur der intelligenten Messsysteme (iMSys) unter anderem dazu, neu entwickelte Methoden zur Umsetzung eines marktbasierten Engpassmanagements zu demonstrieren. Weitere Informationen zu dem Themenfeld „Smart Metering“ bzw. C/sells sind hier zu finden.

In den bisherigen Beiträgen erfolgte eine Übersicht über Komponenten des iMSys sowie die vom Rollout betroffenen Anlagen bzw. Endnutzer. Außerdem wurde die Frage behandelt, welche Mess- und Steuerfunktionen mit iMSys möglich sind und welche Aktivitäten unserer europäischen Nachbarn in Bezug auf Smart Metering verfolgen. Auch über die Erkenntnisse aus Feldversuchen am Altdorfer Flexmarkt (ALF) wurde bereits berichtet.

Für die Umsetzung der in C/sells entwickelten Ansätze und Methoden spielt die iMSys-Infrastruktur eine zentrale Rolle. Obwohl auch proprietäre Lösungen einsatzbar und technisch geeignet wären, besteht im Rahmen des SINTEG-Förderprogrammes die Vorgabe, die iMSys-Infrastruktur einzusetzen und zu testen. Für eine spätere Skalierung der Ansätze ist die Anwendung der interoperablen und durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende [1] vom Gesetzgeber forcierten Infrastruktur zu evaluieren.

Das methodische Konzept, welches die Anwendung der iMSys-Infrastruktur erfordert, ist der Altdorfer Flexmarkt (ALF). Dieser stellt ein Konzept zur Nutzung der im Verteilnetz vorhandenen Flexibilität dar. Netzbetreiber erhalten durch ALF ein Werkzeug, in ihrer Betriebsplanung flexibler auf Netzengpässe zu reagieren und somit seltener auf Notfallmaßnahmen (bspw. Abregelung von EE-Anlagen) zugreifen zu müssen. Der Altdorfer Flexmarkt dient dabei als methodische und funktionale Schnittstelle zwischen Netzbetreibern und Flexibilität im Netz. Für die Umsetzung der notwendigen technischen Schnittstellen wird die iMSys-Infrastruktur (Komponenten wie Prozesse bzw. Rollen) herangezogen. In Abbildung 1 ist die Systemlandschaft für die Beziehung zwischen Netzbetreiber-Prozessen, dem Altdorfer Flexmarkt sowie der iMSys-Infrastruktur dargestellt.

Abbildung 1: Systemlandschaft für die Umsetzung des Altdorfer Flexmarktes

Eine genaue Beschreibung der Plattformprozesse ist in dem Konzeptpapier des Altdorfer Flexmarktes zu finden. [2] Für die Einbindung der iMSys-Architektur ist die Rolle des aktiven externen Marktteilnehmers (aEMT) aus Sicht von ALF die zentrale Anlaufstelle. Der aEMT verfügt sowohl über das Recht, Messwerte abzurufen, als auch Schaltsignale zu übermitteln. Hierfür muss jedoch jeweils der Gateway Administrator (GWA) eingebunden werden, welcher u. a. die Zugriffsrechte des aEMT auf das jeweilige Smart-Meter-Gateway überprüft. Die Kommunikation mit dem GWA übernimmt in C/sells der aEMT. Der Altdorfer Flexmarkt interagiert mit der iMSys-Architektur ausschließlich über den aEMT Service.

Der Altdorfer Flexmarkt mündet in verschiedene Use-Cases, welche zugleich die Auswahl an potenziellen Anlagen zur Flexibilitätsbereitstellung bieten (siehe Abbildung 2). Die Auswahl begründet sich u.a. auf der derzeitigen Funktionalität der iMSys-Architektur. So werden in der Umsetzung bspw. keine Batteriespeicher berücksichtigt, da eine direkte Anlagensteuerung über die CLS-Schnittstelle des SMGW nicht vorgesehen ist. Planmäßig werden im zugehörigen Feldversuch Anlagen eingebunden, auf die heute schon über die Rundsteuerung zugegriffen werden kann. Dies sind in erster Linie stufenweise abregelbare EE-Anlagen (gemäß § 9 EEG), steuerbare Verbrauchseinrichtungen in der Niederspannung (gemäß § 14a EnWG) sowie zuschaltbare Lasten (bspw. Wärmepumpen mit Smart-Grid-Label [3]). Für den Abruf verschiedener Messwerte werden die Tarifanwendungsfälle (TAF) 7 (Messung des Zählerstandes), 9 (Abrufen der Ist-Einspeisung) und 10 (Abrufen der Netzzustandsdaten) eingebunden. Die sich in der Zertifizierung befindenden SMGW bieten die TAF 1, 2, 6 und 7 an [4]. Aus diesem Grund werden SMGW eingesetzt, die nicht zertifiziert sind und somit keine Abrechnungsprozesse erlauben. Neben dem Übertragen von Messwerten wird die iMSys-Infrastruktur für die Übermittlung von Schaltsignalen eingesetzt. Die Initiative für einen Schaltvorgang wird dabei extern generiert (ALF), wobei die für die Übermittlung notwendigen Kommunikationsschritte vom aEMT übernommen werden.

Abbildung 2: Technische Use-Cases und benötigte Funktionalitäten in der iMSys-Architektur

Der Einbau von SMGW bei den Probanden zur Demonstration des Altdorfer Flexmarktes ist für das Q4 2019 vorgesehen. Zusätzlich sollen an verschiedenen Stellen Prozessdaten (vgl. [5]) erhoben werden, um die iMSys-Infrastruktur hinsichtlich deren Eignung für Smart-Grid-Anwendungen zu evaluieren.

[1] Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Berlin: Bundesregierung, 2016
[2] Zeiselmair, Andreas et al.: Altdorfer Flexmarkt (ALF) – Konzeptbeschreibung, Zielsetzung, Funktionsweise und Prozesse des Altdorfer Flexmarkts. München: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V., 2018.
[3] SG Ready-Label in: http://www.waermepumpe.de/waermepumpe/qualitaetssicherung/sg-ready-label.html (Abrufdatum: 13.06.2013). Berlin: Bundesverband Wärmepumpe e. V., 2013
[4] Marktanalyse zur Feststellung der technischen Möglichkeit zum Einbau intelligenter Messsysteme nach § 30 MsbG. Bonn: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), 2019.
[5] Estermann, Thomas et al.: Steuerbox im Feldversuch – Umsetzung von Schalthandlungen mit der zukünftigen Smart-Grid-Infrastruktur bestehend aus intelligentem Messsystem und Steuerbox. München: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V., 2018.

 

[1] Die Bearbeitung der hier beschriebenen Inhalte erfolgt im Verbundprojekt C/sells durch die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. Die Aktivitäten im Verbundprojekt C/sells werden im Rahmen des Förderprogramms „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen: 03SIN121).