10.2022 - 07.2023

Wasserstoffstudie für die Metropolregion Rhein-Neckar

Im Auftrag der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH und der Staatlichen Rhein-Neckar-Hafengesellschaft mbH führt die FfE im Rahmen des Projektes H2Rivers die Wasserstoffstudie für die Metropolregion Rhein Neckar durch. Ziel des Projektes ist es, die Ausmaße einer zukünftigen Wasserstoffinfrastruktur in der Metropolregion Rhein-Neckar zu untersuchen. Neben der Ermittlung des Bedarfs, des Erzeugungspotenzials und der Infrastruktur wird eine wirtschaftliche Abschätzung zu zukünftigen Gestehungskosten lokal und beim Import betrachtet.

Motivation & Zielsetzung

Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende ist die Basis für die Abwendung der drohenden Klimakrise. Neben dem ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien wird es in den nächsten Jahren verstärkt darum gehen, fossile Energieträger in Industrie, Verkehr und Wärmeversorgung mit klimaneutralen Energieträgern zu ersetzen. Wasserstoff aus erneuerbaren Energien kann hier eines der zentralen Bindeglieder darstellen und zugleich ein hohes Wertschöpfungspotenzial bieten.

Als Ziel des Projektes untersucht die FfE die Voraussetzungen für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in der Metropolregion Rhein-Neckar und die notwendigen Mengen zur Versorgung der Region mit Wasserstoff. Dabei wird auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen der sinnvolle Einsatz von Wasserstoff in den Sektoren Industrie und Verkehr sowie der Umwandlung betrachtet.

Die Projektziele sind in vier Arbeitspaketen unterteilt:

  • Ermittlung der Wasserstoffbedarfe in den Sektoren Industrie, Verkehr und Umwandlung sowie Identifizierung der größten Standorte in der Metropolregion Rhein-Neckar.
  • Berechnung des Potenzials für grünen Wasserstoff in der Metropolregion Rhein-Neckar basierend auf der zukünftigen Überproduktion der erneuerbaren Energien.
  • Entwicklung von drei Versorgungskonzepten zur Deckung der ermittelten Wasserstoffbedarfe, wobei verschiedene Ansätze für den leitungsgebundenen Import und den Import via Binnenschifffahrt in die Häfen der Metropolregion Rhein-Neckar berücksichtigt werden.
  • Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsanalyse, welche lokale Wasserstoffgestehungskosten und Importkosten abschätzt.

Methodik

Mithilfe eines an der FfE entwickelten Szenarioprozesses wird in Zusammenarbeit mit den Auftraggebern ein moderates Wasserstoffszenario für die Metropolregion Rhein-Neckar entwickelt. Zuerst wird auf Basis bereits bestehender Projekterfahrungen und wissenschaftlichen Metastudien ein erstes Grundgerüst für das Szenario aufgebaut. Dabei sollen das Narrativ und die Parametrierung durch die langjährige Erfahrung der FfE möglichst praxisnah gestaltet werden. Anschließend hat der Auftraggeber im gemeinsamen Diskurs die Annahmen auf den Prüfstand zu stellen und durch Expertenmeinungen aus der Region zu unterfüttern.

Auf Grundlage des Szenarios werden mithilfe der an der FfE entwickelten Transformationstools die Fortschreibung des Endenergieverbrauchs nach Energieträger in den Sektoren Industrie, Verkehr und Umwandlung berechnet. Daraus lassen sich im nächsten Schritt durch die Regionalisierungslogik der FfE standortscharf der energetische und stoffliche Wasserstoffbedarf für die im Projekt betrachteten Verbraucher bis 2045 berechnen.

Zur Ermittlung des Wasserstofferzeugungspotenzials in der Metropolregion Rhein-Neckar werden auf Basis einer bereits bestehenden Studie des Fraunhofer ISE die landkreisscharfen Erneuerbaren Energien Potenziale für die Stützjahre bis 2045 ermittelt. Mithilfe des landkreisscharfen Strombedarfs aller Sektoren lässt sich im Anschluss der theoretische Stromüberschuss zur Produktion von Wasserstoff durch lokale Elektrolyse berechnen. Hierbei werden in diesem Projekt einige Vereinfachungen getroffen, wodurch die Potenziale in den richtigen Kontext zu setzen sind.

Aus den standortscharfen Wasserstoffbedarfen und dem landkreisscharfen Erzeugungspotenzial werden die Importbedarfe für Wasserstoff und dessen Derivate ermittelt. Weiterführend lässt sich daraus ein Versorgungskonzept erstellen. Hierfür wird die bereits bestehende Fernleitungsinfrastruktur für Gas, die Straßeninfrastruktur sowie die Häfen in der Metropolregion Rhein-Neckar nachgebildet und anhand technischer Restriktion der Transportoptionen Pipeline, Trailer und Schiff ein schematisches Konzept aufgebaut.

Abschließend lassen sich aus den Transportwegen und -mengen sowie wirtschaftlichen Faktoren die Gestehungskosten aus verschiedenen Ländern der Welt für Wasserstoff und dessen Derivaten in der Metropolregion Rhein-Neckar berechnen. Dabei wird ein von der FfE entwickeltes Modell zur Berechnung der weltweiten Gestehungskosten für Wasserstoff eingesetzt.

Ergebnisse

Die H2-Bedarfsuntersuchung zeigt, dass in der Metropolregion bereits große Mengen Wasserstoffderivaten in der chemischen Industrie verwendet werden. Dieser Bedarf, der derzeit auf konventionellen Energieträgern basiert, muss in Zukunft durch CO2-neutrale Energieträger ersetzt werden, unabhängig von der Erzeugungsmethode. Zusätzlich wird der Wasserstoffbedarf in den Sektoren Industrie, Verkehr und Umwandlung bis 2045 weiter steigen. Die Herausforderung besteht darin, diese Mengen durch Import oder regionale Produktion sicherzustellen. In Abbildung 1 ist die Entwicklung des energetischen Wasserstoffbedarfs in der Industrie dargestellt.

Abbildung 1: Flächenspezischer industrieller Bedarf an Wasserstoff für die energetische Nutzung (Standorte ohne Kreiskartogramm zur Chemieindustrie in Ludwigshafen)

Die Metropolregion hat einen überdurchschnittlich hohen Bedarf an Wasserstoff und spielt durch die große chemische Industrie eine wichtige Rolle in Deutschland. Eine Leitungsinfrastruktur ist entscheidend, um die kontinuierliche Versorgung von Wasserstoff sicherzustellen. Für dezentrale Verbraucher mit geringem Bedarf sind sowohl Eigenerzeugung als auch Trailerlieferungen eine Option. Die Nutzung des bestehenden Erdgasverteilnetzes für Wasserstoff hängt von dessen Erschließung und Umwidmung ab. Der European Hydrogen Backbone ist auf Fernleitungsebene der erste Schritt in Richtung einer Wasserstoffinfrastruktur und ist in Abbildung 2 das zentrale Versorgungselement. Binnenhäfen können vor dem Anschluss an den European Hydrogen Backbone als Wasserstoffimporteure dienen und danach als Depots und Umschlagstellen für Trailer-Belieferungen fungieren. Dabei wird in einem Exkurs die zukünftig mögliche Rolle der Hafengesellschaft Mannheim im Kontext der Wasserstoffinfrastruktur detailliert untersucht.

Abbildung 2: Versorgungsoption für das Jahr 2040 mit dem Fokus auf der Versorgung über den European Hydrogen Backbone

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist entscheidend für Transformation unseres Energiesystems und kann dazu beitragen dezentrale Verbraucher ohne Leitungsanschluss mit Wasserstoff zu versorgen. Insgesamt zeigt sich, dass Deutschland und die Region bis 2045 weitgehend klimaneutral werden können, wobei Wasserstoff in verschiedenen Sektoren eine wichtige Rolle spielt. Die Transformation erfordert jedoch erhebliche Anstrengungen, und je länger sie dauert, desto höher sind die Kosten für Industrie und Gesellschaft.