05.2024 - 01.2025

Vorabstudie für eine Direct Air Capture (DAC) Pilotanlage: Technologiescreening, Standortanforderungen, Kostenentwicklung

Im Auftrag von E.ON Research & Technology hat sich die FfE gemeinsam mit den Partnern RWTH FCN und TUM CTV mit Möglichkeiten für eine Direct Air Capture (DAC) Pilotanlage in Deutschland befasst. Durch Interviews mit diversen DAC-Startups wurden zunächst Vor- & Nachteile verschiedener Technologien analysiert. Die dabei gewonnenen Kenntnisse flossen anschließend in Analysen zu möglichen Wärmebereitstellungen, Kosten und denkbaren Standorten ein. Diese zeigten, dass

  • die Anforderungen an geeignete DAC-Standorte stark abhängig von der jeweiligen DAC-Technologie sind,
  • für DAC-Technologien mit thermischen Regenerationsprozessen industrielle Abwärme eine kostengünstige Wärmequelle darstellt und
  • bei elektro-chemischen Verfahren derzeit die niedrigsten Kosten für die CO₂-Entnahme erwartet werden.

Motivation

Der IPCC Bericht zeigt, dass Negativemissionen durch CO₂-Entnahme aus der Atmosphäre (CDR, Carbon Dioxide Removal) aufgrund un- oder nur sehr schwer vermeidbarer Restemissionen sowie wahrscheinlicher „Overshoot“-Szenarien essenziell sind, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen [1]. Neben natürlichen CO₂-Entnahmemethoden, die z. B. auf Biomassenutzung, Aufforstung oder veränderte Landnutzung basieren, sollen diese teilweise auch technisch z. B. durch Direct Air Capture (DAC) erzeugt werden. Aufgrund der flexibleren Standortwahl und der Unabhängigkeit von Biomasseverfügbarkeit weist DAC trotz seiner derzeit noch höheren Kosten auch Vorteile gegenüber den anderen Methoden auf.

Zielsetzung

Die verschiedenen Technologien und Kosten von DAC sollten umfassend betrachtet werden, um fundierte Geschäftsmodellentscheidungen zu ermöglichen. Dies beinhaltet u. a. eine Bewertung von Standortfaktoren sowie verschiedener Wärmequellen für DAC-Anlagen. Ziel ist eine abschließende  Kostenanalyse und mikroökonomische Bewertung.

Projektstruktur

Im Rahmen des Projekts wurden vier Arbeitspakete (AP) bearbeitet (siehe Abbildung 1). AP1 stellt die Marktanalyse inkl. Interviews mit verschiedenen Startups und ein Tool zur Standortanalyse aus der Akteursperspektive dar. In AP2 wurden anhand verschiedener Möglichkeiten zur Wärmebereitstellung (industrielle Abwärme, Solarthermie und Hydrothermie) einzelne Standorte mikroökonomisch bewertet. Die verschiedenen DAC-Verfahrensrouten wurden in AP3 parallel hinsichtlich ihrer techno-ökonomischen Parameter verglichen. Die Synthese in AP4 zeigt abschließend drei mögliche Pfade für die Entwicklung eines DAC-Portfolios auf.

Abbildung 1: Struktur und Inhalte der Arbeitspakete inkl. Projektpartner

FfE-Inhalte im Projekt

Neben der Projektkoordination bearbeitete die FfE die folgenden inhaltlichen Schwerpunkte.

Im Rahmen von AP1 verantwortete die FfE die Interviews mit den DAC-Startups (AP 1.1) und entwickelte ein Tool zur Bewertung der Eignung deutscher Landkreise als DAC-Standort (AP 1.3). Die folgende Standortanalyse (AP 1.4) rundet das Arbeitspaket ab. Die Bearbeitung von AP4 erfolgte gemeinsam mit dem FCN der RWTH Aachen. Dabei wurden mögliche Use Cases ausgewählt und bewertet.

Methodik

Die Interviews wurden mit DAC-Startups, die verschiedene technologische Ansätze verfolgen, durchgeführt. Die Marktrecherche und Auswahl erfolgte gemeinsam mit dem TUM CTV mit Fokus auf deutschen und europäischen Firmen. Die Interviews orientierten sich an einem Interviewleitfaden, der technologische und unternehmerische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.

Um mögliche geeignete Standorte für eine DAC-Pilotanlage auszuwählen, wurde ein datenbasiertes Tool zur Standortanalyse auf Landkreisebene entwickelt. Anhand der Interviews wurden dafür unternehmensspezifisch relevante energiewirtschaftliche, ökologische und sozio-ökonomische Faktoren abgeleitet und quantitativ hinterlegt. Die einzelnen Faktoren können dabei variabel gewichtet werden. Basierend auf den Ergebnissen der Standortanalyse konnten anschließend mögliche geeignete Standorte für DAC-Anlagen der verschiedenen Technologien auf Landkreiseben identifiziert werden, wie beispielhaft in Abbildung 2 gezeigt.

Abbildung 2: Ergebnisdarstellung für eine beispielhafte DAC-Technologie

Die Auswahl der möglichen Use Cases erfolgte durch Synthese der Ergebnisse von AP1 bis 3 gemeinsam mit den Projektpartnern und E.ON.

Ergebnisse

Zu Projektbeginn wurde dem Thema Wärme(-verfügbarkeit) eine hohe Bedeutung zugemessen. In der DAC-Marktanalyse zeigte sich jedoch, dass mittlerweile elektro-chemische Verfahren ohne oder mit nur geringem Wärmeeintrag ebenfalls in der fortgeschrittenen Entwicklung sind und niedrigere spezifische Energiebedarfe aufweisen.

Die Marktanalyse hat außerdem gezeigt, dass DAC nur bei günstigen Energiepreisen konkurrenzfähig zu anderen technischen Negativemissionstechnologien sein kann. Am besten eignen sich dafür Regionen mit hohem Potenzial für erneuerbare Energien. Unter Berücksichtigung der vergleichsweise hohen Energiepreise wurden dennoch mögliche Pfade identifiziert, wie in Deutschland Negativemissionen aus DAC erzeugt werden könnten und welche Chancen es auf einen wirtschaftlichen Business Case gibt:

  • Pfad 1: Flexibler Strombezug aus erneuerbaren Energien durch dynamische Stromtarife bei elektro-chemischen Verfahren für DAC.
  • Pfad 2: Nutzung preiswerter Wärmequellen, wie z.B. industrieller Abwärme bei thermischen Verfahren für DAC

Die Standortanalyse hat ergeben, dass für die elektrochemischen Prozesse die Regionen an der Nordsee aufgrund des hohen EE-Potenzials und der Nähe zu möglichen Offshore-CCS-Kapazitäten deutschlandweit am vielversprechendsten sind. Für wärmebasierte DAC-Technologien, die ein Temperaturlevel von bis zu 100°C benötigen und industrielle Abwärme nutzen wollen, besitzt der Landkreis Duisburg das höchste Potenzial.

Projektpartner

  • EON Research & Technology
  • TUM, Professur Chemische und Thermische Verfahrenstechnik
  • RWTH, Institute for Future Energy Consumer Needs and Behavior

Literaturverzeichnis

[1] Cross-sectoral Perspectives – Climate Change 2022: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Sixth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC, 2022.