EE-Wärmepotenzialstudie im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung Hamburg
Die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) Hamburg hat Averdung Ingenieure & Berater und die FfE mit der Potenzialanalyse verschiedener zentraler und dezentraler Wärmeerzeugungstechnologien für das Stadtgebiet Hamburg betraut. Dabei untersuchten wir die Potenziale für Umweltwärme aus Außenluft, Fließgewässern und U-Bahntunneln sowie für oberflächennahe Geothermie aus Erdwärmesonden.
Motivation
Deutschland steht vor der Herausforderung, bis 2045 eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu entwickeln. Mit dem im Januar 2024 in Kraft getretenen Wärmeplanungsgesetz sind Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohner:innen verpflichtet, bis zum 30. Juni 2026 einen Kommunalen Wärmeplan vorzulegen. Die Kommunale Wärmeplanung teilt sich grundsätzlich in die Schritte Bestandsanalyse, Potenzialanalyse, Zielszenario und Umsetzungsstrategie.
Zielsetzung
Im Rahmen der Potenzialanalyse einer Kommunalen Wärmeplanung werden Potenziale für verschiedene dezentrale und zentrale Technologien räumlich quantifiziert. Dezentrale Potenziale liefern Aussagen möglichst gebäudescharf, ob eine klimaneutrale Wärmeversorgung möglich ist oder nicht. Das ist insbesondere in denjenigen Gebieten wichtig, wo kein Anschluss der Gebäude an ein Wärmenetz geplant ist. Aus den Potenzialen für zentrale Wärmequellen sollen Aussagen abgeleitet werden können, welche Anteile erneuerbarer Technologien an der Fernwärmeerzeugung in Zukunft möglich sind. Die im Zuge der Potenzialanalyse gewonnen Daten und Erkenntnisse bilden gemeinsam mit der Bestandsanalyse die Grundlage für die Entwicklung des Zielszenarios der Kommunalen Wärmeplanung. Wir untersuchten im Rahmen des Projekts Potenziale für die folgenden Technologien / Wärmequellen:
- Dezentrale Luftwärmepumpen
- Erdwärmesonden (zur dezentralen und zentralen Wärmeversorgung)
- Flusswasser-Wärmepumpen
- Abwärme aus U-Bahntunnel
Darüber hinaus wurden von Averdung Ingenieure & Berater Potenziale für Biomasse, Abwasser und Solarthermie und von Consulaqua Potenziale für mitteltiefe und tiefe Geothermie ermittelt.
Methodik
Luftwärmepumpen
Luftwärmepumpen machen derzeit und voraussichtlich auch in Zukunft den größten Anteil an dezentralen Wärmepumpen in Deutschland aus. Ob eine Luftwärmepumpe installiert und betrieben werden kann, hängt neben dem bestehenden Heizungssystem (Heizkörper, Rohrsystem) vor allem davon ab, ob gesetzliche Grenzwerte zum Schallschutz eingehalten werden können. Die im Rahmen des Projekts Wärmepumpen-Ampel entwickelte Methodik zur Ermittlung von dezentralen Potenzialen für Luftwärmepumpen unter Berücksichtigung des Schallschutzes wurde weiterentwickelt und auf die Einzelgebäudedaten in Hamburg angewandt. Um das Potenzial quantifizieren zu können, ist die Beantwortung der folgenden drei Fragen erforderlich:
- Wie laut sind Luftwärmepumpen (Schallemissionen)?
- Wie laut darf das Geräusch der Luftwärmepumpen am Immissionsort (Nachbarwohngebäude) sein?
- Wo stehen Luftwärmepumpen und wie weit ist die Entfernung zum Immissionsort?
Die Schallemissionen von Luftwärmepumpen wurden einer Analyse von Herstellerdaten zu gut 100 Anlagen aus dem Projekt Wärmepumpen-Ampel entnommen. Über Geodaten zu Bebauungsplänen in Hamburg konnten den Gebäuden spezifische Immissionsgrenzwerte je nach Gebietskategorie (vgl. TA Lärm, BImSchG [1]) zugewiesen werden. Für jedes Einzelgebäude wurden potenzielle Aufstellorte und deren Abstand zu benachbarten Wohngebäuden mithilfe einer GIS-Analyse ermittelt. Das resultierende Wärmebereitstellungspotenzial wurde je Gebäude den Wärmebedarfen aus dem Hamburger Wärmekataster gegenübergestellt, um eine Aussage zu treffen, welche Gebäude potenziell mit Luftwärmepumpen versorgbar sind.
Erdwärmesonden
Das Potenzial für Erdwärmesonden hängt neben dem Platzangebot auf dem jeweiligen Grundstück vor allem von der möglichen Bohrtiefe sowie lokalen Einschränkungen zur Geothermienutzung (z. B. Wasserschutzgebiete und Brunnenstandorte) ab. Bzgl. letzterer wurden die Anforderungen gemäß dem Hamburger Leitfaden für Erdwärmenutzung [2] bei der Potenzialanalyse berücksichtigt. Weiterhin wurden durch das Geologische Landesamt der BUKEA spezifische Geodaten zu Bohrtiefen und Wärmeleitfähigkeiten bereitgestellt. Mithilfe einer GIS-Analyse wurde unter Berücksichtigung von Abstandsregelungen die maximal mögliche Anzahl an Bohrlöchern je Grundstück ermittelt. Durch die Verschneidung aller Daten lässt sich je Grundstück ein Wärmebereitstellungspotenzial anhand der VDI-Norm 4640 (2) [3] ermitteln, das mit den Wärmebedarfen der Gebäude aus dem Hamburger Wärmekataster auf dem Grundstück verglichen wurde. Auf unbebauten Grundstücken wurde ebenfalls das Wärmebereitstellungspotenzial erhoben und mit potenziellen Wärmenetzgebieten verschnitten.
Abwärme von U-Bahn-Tunnel
Züge und elektrische Systeme der U-Bahn erzeugen Abwärme, die sonst ungenutzt in die Umgebung abgegeben wird. Um das theoretische von Abwärme aus U-Bahntunneln Potential für Hamburg zu erhalten, wurde eine GIS-Analyse durchgeführt. Dabei wurde im ersten Schritt die Länge und Lage des zu betrachtenden Bahnnetzes ermittelt. In einem weiteren Schritt wurde anhand von Literaturwerten in Verbindung mit den zuvor ermittelten Streckenlängen ein theoretisches Potenzial je Stadtteil ausgewiesen.
Umweltwärme aus Fließgewässern
Im Rahmen der Potenzialanalyse für Fließgewässer wurde sich in Abstimmung mit der BUKEA auf die Elbe beschränkt. Weiterhin kamen nur Standorte an harten Uferkanten in Betracht. Diese wurden mithilfe einer GIS-Analyse identifiziert. Neben gewässerökologischen Aspekten, die im Rahmen einer Detailprüfung erhoben werden müssen, im Rahmen einer Potenzialanalyse aber nicht abgebildet werden können, ist vor allem die Frage zu beantworten, ob durch die Nutzung von Flusswasserwärmepumpen die Elbe um mehr als 3 Kelvin abgekühlt werden würde. Laut der FfE-Studie „Wärmepumpen an Fließgewässern“ ist eine Abkühlung grundsätzlich zu begrüßen. Die Elbe in Hamburg weist die Besonderheit auf, dass durch die Gezeiten der Nordsee einen Unterstrom und einen Oberstrom gibt, wobei sich der Frischwasserzustrom größtenteils auf den Oberstrom beschränkt, sodass der Temperaturaustausch grundsätzlich träger als in anderen Flüssen ist. Mit Unterstützung der Hamburg Port Authority (HPA) wurde für verschiedene Messstellen die Auswirkung von mehreren großen Flusswasserwärmepumpen auf die Gewässertemperaturen errechnet.
Ergebnisse
Die Ergebnisse unserer Potenzialanalyse für dezentrale Luftwärmepumpen und Erdwärmesonden wurden im Hamburger Geoportal in Form einer interaktiven Wärmepumpenpotenzialkarte veröffentlicht.
Projektpartner
Die FfE führte die Arbeiten im Unterauftrag von Averdung Ingenieure & Berater durch. Weiterer Partner im Projekt war Consulaqua.
Weitere Informationen
Literatur
[1] Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm). Ausgefertigt am 26.8.1998, Version vom 1.6.2017; Bonn: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, 2017.
[2] Leitfaden Erdwärmenutzung. 5. Auflage; Hamburg: Freie und Hansestadt Hamburg – Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA), 2021.
[3] Thermische Nutzung des Untergrunds – Erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen (VDI 4640, Blatt 2). Ausgefertigt 2019-6; Düsseldorf: VDI-Gesellschaft Energie und Umwelt, 2019.