Das Kopernikus-Projekt SynErgie

Mit den Kopernikus-Projekten startete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Jahr 2016 die bisher größte Forschungsinitiative zur Energiewende. Innerhalb einer Laufzeit von zehn Jahren werden technologische und wirtschaftliche Lösungen in den vier Schlüsselbereichen neue Netzstrukturen, Power-to-X, Industrieprozesse und Systemintegration entwickelt. Insgesamt stehen hierfür 400 Mio. Euro bereit.
Die Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH (FfE GmbH) beschäftigt sich im Projekt SynErgie mit der Flexibilisierung von Industrieprozessen. Das Projekt hat zum Ziel in Einklang mit rechtlichen und sozialen Aspekten, alle technischen und marktseitigen Voraussetzungen zu schaffen, um den Energiebedarf der deutschen Industrie maßgeblich mit dem volatilen Energieangebot zu synchronisieren.
SynErgie trägt damit zur gesellschaftlich akzeptierten sowie kosteneffizienten Realisierung der Energiewende auf Basis Erneuerbarer Energien bei. Die erzielten Erkenntnisse bilden zudem die Grundlage für Deutschland, sich zum internationalen Leitanbieter für flexible Industrieprozesse und Technologien zu entwickeln.


Die Themenfelder des Projektes SynErgie sind:
- Industriebranchen – Schlüsselproduktionsprozesse
- Produktionsinfrastruktur
- Informations- und Kommunkationstechnologie (IKT)
- Markt- und Stromsystem
- Potenzialanalyse und systemische Betrachtung
- Energieflexible Modellregion
Start in Phase 2 des Kopernikus-Projektes SynErgie
In Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsinstituten und Branchenvertretern wird die FfE bis August 2022 folgende Themengebiete bearbeiten:

Im Bereich Markt- und Stromsystem arbeitet die FfE zum einen an der evolutionären Weiterentwicklung von Entscheidungsunterstützungssystemen. Hierfür werden mit modellierten, stündlichen Preiszeitreihen Erlöspotenziale durch Flexibilität ermittelt. Anhand identifizierter Einflussfaktoren wird eine Funktion zur Überführung von Modellpreisen in reale Preise implementiert und die geänderte Preischarakteristik bewertet. Es wird ein Tool zur nachgelagerten Erstellung der Intradaycharakteristik auf simulierte Strompreiszeitreihen des FfE-Energiesystemmodells ISAaR entwickelt und die viertelstündliche Preischarakteristik ausgewertet.
Zum anderen wird das kurz- und langfristige Potenzial im Marktdesgin 2030-2050 sowie Auswirkungen alternativer Marktdesigns untersucht. In diesem Zusammenhang werden systemische Effekte und geänderten Erlöspotenziale von Flexibilitäten bei Nodalpreissystemen aufgezeigt,
Flexibilitäten im FfE-Energiesystemmodell ISAaR implementiert. Damit können sowohl eine einheitliche Strompreisbildung nach aktuellem Marktdesign als auch durch Nodalpreissysteme simuliert werden und Auswirkungen auf kurzfristige Strommärkte analysiert werden.
Im Rahmen der Potenzialanalyse und systemischen Betrachtung werden in SynErgie 2 folgende Arbeitsgebiete untersucht:
-
Für die Potenzialerhebung und Hochrechnung werden die aus der ersten Projektpahse umfangreich erhobenen Flexibilitätspotenziale und -perspektiven verschiedener Industriebranchen zum einen regelmäßig aktualisiert und zum anderen durch die Analyse weiterer Prozesse ergänzt. Dies ermöglicht, die Quantifizierung des industriellen Flexibilitätspotenzials in Deutschland weiter zu verfeinern. Gleichzeitig wird untersucht, wie wie Energieflexibilitätsaudits in klassische Energieaudits nach den Anforderungen des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) im Rahmen der DIN 16247 integriert werden können. Die Ergebnisse werden in einem Leitfaden aufbereitet.
-
Zur Regionalisierung werden die erhobenen Flexibilitätspotenziale mittels einer geeigneten Methodik geographisch und regional dargestellt. Diese Erkenntnisse fließen zum einen in die Analysen des Arbeitsgebiets Markt- und Stromsystem ein. Zum anderen werden die für die deutschen Standorte erhobenen Flexibilitätspotenziale auf andere Länder übertragen. Dadurch können die Flexibilitätspotenziale der in SynErgie betrachteten Industriebranchen im internationalen Vergleich besser eingeordnet werden.
-
Im dritten Arbeitspaket steht die volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Abschätzung im Fokus. Es werden Einsatzoptionen hinsichtlich der Bereitstellung von Flexibilität zur Stabilisierung des Stromnetzes identifiziert und technoökonomisch charakterisiert. Dadurch soll eine Rangfolge der Flexibilitätsoptionen in Bezug auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis erstellt werden. Darüber hinaus wird analysiert, welche Potenziale von Lastflexibilisierung in der Industrie zukünftig genutzt werden und ein zukünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis abgeschätzt werden kann.
- Das letzte Arbeitspaket behandelt die Analyse von Wechselwirkungen zwischen Flexibilität und CO2-Emissionen. Hierfür werden Auswirkungen infolge der Umsetzung von Treibhausgas-Verminderungsmaßnahmen auf die Energieflexibilität abgeleitet und mittels dem FfE-Sektormodell Industrie (SmInd) ausgewertet. Anhand unterschiedlicher Strommix-Szenarien wird abschließend eine Hochrechnung der möglichen CO2-Reduktion durch Ausschöpfen des Flexibilisierungspotenzials vorgenommen.
Erfolgreicher Abschluss der ersten Projektphase im Kopernikus-Projekt SynErgie

Im Rahmen der ersten Projektphase wurde das Buch „Energieflexibilität in der deutschen Industrie“ erarbeitet und beinhaltet zusammenfassend alle bis dato relevanten Ergebnisse und Erkenntnisse.
Für die FfE GmbH ist die erste Projektphase erfolgreich abgeschlossen. Im Rahmen des Projektes SynErgie entwickelte die FfE GmbH in Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsinstituten und Branchenvertretern eine Methodik zur Erhebung von Flexibilitätspotenzialen. Der Fokus lag zunächst auf folgenden Branchen der Grundstoffindustrie – Chemie, Feuerfest, Glas, Stahl und Zement. Gemeinsam mit Branchenvertretern wurden typische Prozesse der einzelnen Branchen identifiziert. Für Chlor-Alkali-Elektrolyse, Rohstoffschmelzanlage, Behälterglasherstellung, Elektrolichtbogenofen sowie Roh- und Zementmahlung wurden die Potenziale zur Lastflexibilisierung zunächst auf Prozessebene bestimmt.
Im Fokus stand dabei die Entwicklung eines Fragebogens zur Erhebung der Flexibilitätspotenziale und Identifikation bestehender Hemmnisse. Um die Hürden bei der Umsetzung näher zu analysieren, wurden zusätzlich vor-Ort-Termine bei Unternehmen durchgeführt.
Es zeigte sich, dass die Prozesse der Grundstoffindustrie aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Anschlussleistungen prinzipiell gut für den Einsatz zur Lastflexibilisierung geeignet sind. Allerdings ist die Auslastung in diesen Branchen besonders hoch, d.h. die Produktion läuft, mit Ausnahme notwendiger Wartungsintervalle, nahezu das gesamte Jahr über durch. Daher bleibt für Flexibilität oft wenig Spielraum. Die besondere Herausforderung besteht darin, eine Reduktion der Produktion aufgrund einer zeitweiligen Lastreduktion wieder auszugleichen, um einen Produktionsausfall zu vermeiden. Zusätzlich schränkt die hohe Auslastung die Möglichkeiten zur Lasterhöhung ein, da die Anlagen meist bereits nahezu bei Volllast betrieben werden. Nichtsdestotrotz könnten die betrachteten Branchen zukünftig einen wichtigen Beitrag zur Flexibilität leisten.
Ein erster Schritt in diese Richtung wurde im Projektverlauf bereits durch die Untersuchung zukünftiger Potenziale durch technische Eingriffe bzw. Veränderungen an Prozessen – sogenannte Flexibilitätsperspektiven – unternommen. Hierzu zählen vorrangig die Hybridisierung und Elektrifizierung von Prozessen sowie weitere Maßnahmen, die einen flexibleren Betrieb der Anlagen ermöglichen.
Darüber hinaus beteiligte sich die FfE GmbH an der Entwicklung von Anforderungsprofilen. Diese beschreiben charakteristische energiewirtschaftliche Situationen für die Bereitstellung von Flexibilität:
- Das Profil „Kurzfristige Anpassung der Last“ wurde in Anlehnung an die Minutenreserve definiert. Es beschreibt kurzfristige Lastreduktionen oder erhöhungen, welche zum Ausgleich kurzfristiger Schwankungen von Erzeugung und Verbrauch notwendig sind.
- Das Profil „Anpassung der Last über mehrere Stunden“ umfasst Strompreisschwankungen aufgrund der fluktuierenden Einspeisung aus Photovoltaik und Windenergie im Tagesverlauf. Durch eine Anpassung des Verbrauchs, können so die Kosten für den Strombezug reduziert werden.
- Die „Dunkelflaute“ erfordert eine Reduktion der Last über mehrere Tage. Im Winter können durch die schwächere Sonneneinstrahlung und mehrere aufeinanderfolgende windstille und bewölkte Tage sehr ungünstige Situationen für die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien und damit extreme Preisspitzen auftreten. Durch eine Lastreduktion in diesem Zeitraum und den Wiederverkauf des bereits kontrahierten Strombezugs, können erhebliche Erlöse generiert werden.
Steckbriefe und exemplarische Auswertungen zu den Anforderungsprofilen finden Sie im Downloadbereich.
Erweiterung der FfE-Arbeitspakete in der ersten Projektphase
Bis 08/2019 wurden die Ergebnisse der Flexibilitätspotenziale durch die Zusammenarbeit mit je einem Industriebetrieb der fünf Branchen vertieft. Darüber hinaus beteiligte sich die FfE GmbH an der energiewirtschaftlichen Charakterisierung der Pilotregion Augsburg. Mit Hilfe des FfE-Regionenmodells (FREM) wurden typische Erzeugungs- und Verbrauchscharakteristiken der Pilotregion Augsburg erstellt, die als Grundlage für die Analyse der Integration industrieller Flexibilität dienten. Anschließend wurde untersucht, inwiefern sich die Pilotregion Augsburg von anderen Regionen in Deutschland aus energiewirtschaftlicher Sicht unterscheidet und welche Bedeutung dies für die Übertragbarkeit der Ergebnisse hat. Außerdem wurde die Vermarktung industrieller Flexibilität weiter untersucht. Zum einen wurden hier die Anforderungsprofile nochmals weiterentwickelt und um Auswertungen zu Erlösmöglichkeiten ergänzt. Zum anderen wurde die Rolle von Aggregatoren untersucht. Hier standen insbesondere folgende Fragestellungen im Fokus: die Einschätzung der Aggregatoren zur heutigen und zukünftigen Praxisrelevanz der Anforderungsprofile sowie mögliche Hemmnisse bei der Vermarktung industrieller Flexibilität, welche durch Aggregatoren gelöst werden können.
Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie – Methodik, Potenziale, Hemmnisse“
In Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsinstituten und Branchenvertretern hat die FfE eine umfassende Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie – Methodik, Potenziale, Hemmnisse“ veröffentlicht. Diese steht hier zum Download zur Verfügung.
Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie II – Analysen, Technologien, Beispiele“
In Zusammenarbeit mit weiteren Forschungsinstituten und Branchenvertretern hat die FfE eine umfassende Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie II – Analysen, Technologien, Beispiele“ veröffentlicht. Diese steht hier zum Download zur Verfügung.
Weitere Informationen:
-
- So stark könnte die Industrie das deutsche Stromnetz entlasten
- The role of aggregators in facilitating industrial demand response: Evidence from Germany
- Zwischenbericht aus dem Kopernikus-Projekt SynErgie
- Pressemitteilung: Umfassende Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie – Methodik, Potenziale, Hemmnisse“ erschienen
- Aggregatoren in Deutschland und deren Einschätzung der Anforderungsprofile
- Anforderungsprofile für den Einsatz von Lastflexibilisierung – Einschätzung der Aggregatoren und Erlösmöglichkeiten
- Die Gasversorgung im Wandel – Vor welche Herausforderungen Power-to-Gas die Industrie stellt
- Pressemittleitung: Studie „Flexibilitätsoptionen in der Grundstoffindustrie II – Analysen, Technologien, Beispiele“ erschienen
- Flexibilitätspotenzial industrieller Wärmenetze durch Hybridisierung
- Potenzialanalyse zur Hybridisierung von Prozessen in der Grundstoffindustrie
- Electrical flexibility potential of hybrid industrial heat networks in Germany