24.01.2019

Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen – Potenziale der Kreislaufwirtschaft

Vortrag von Anika Regett auf der MTZ-Fachtagung „Der Antrieb von morgen 2019“

Vor zahlreichen Experten der Automobilbranche hat Frau Regett in Frankfurt die Ergebnisse der Analyse der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen vorgestellt und einen Ausblick gegeben, wie Ansätze aus der Kreislaufwirtschaft einen Beitrag zur Verbesserung der Umweltbilanz leisten können. Eine ausführliche Darstellung der Methodik, Modellierung und Ergebnisse folgt zeitnah im Rahmen der Veröffentlichung des englischsprachigen Papers im Tagungsband. Die Kernergebnisse werden im Folgenden kurz zusammengefasst und können zudem den Vortragsfolien im Download-Bereich entnommen werden.

Im Kontext der Energiewende nimmt auch die Transformation des Verkehrssektors an Fahrt auf. Während es unbestritten ist, dass elektrische Fahrzeuge effizienter sind als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, schmälert der hohe Energiebedarf und der Einsatz von kritischen Rohstoffen wie Lithium und Kobalt in der Batterieproduktion aktuell diesen Vorteil. Die Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy) wird oft als ein Lösungsvorschlag genannt, um die Primärrohstoffnachfrage und die Umweltwirkung zu reduzieren. Daraus ergibt sich die Fragestellung, inwiefern kreislaufwirtschaftliche Ansätze zu Emissions- und Ressourceneinsparungen für Lithium-Ionen-Batterien als eine Schlüsseltechnologie der Elektromobilität führen können.

Ausgehend von der Quantifizierung des Lithium- und Kobalt-Bedarfs sowie der energiebedingten Treibhausgas (THG)-Emissionen für die Batterieproduktion, wird die starke Abhängigkeit der Klimawirksamkeit der Batterie von der Energieeffizienz und der Herkunft des Stroms in der Batterieproduktion aufgezeigt. Für den Energiebedarf einer derzeitigen industriellen Anlage, belaufen sich die energiebedingten THG-Emissionen auf ca. 106 kg CO2-Äquivalente je kWh produzierter Batteriekapazität, wobei der Strombedarf in der Batteriefertigung mit ca. 40 % den größten Anteil ausmacht (vgl. Abbildung). Mithilfe einer Sensitivitätsanalyse wird aufgezeigt, dass die Gesamtemissionen der Batterieproduktion um 42 % reduziert werden können, wenn der Strom für die Batteriefertigung nicht durch den derzeitigen Batterieproduktionsmix, sondern durch erneuerbare Energien bereitgestellt wird.

Abbildung: CO2-Bilanz der Batterieproduktion - Energiebedingte Treibhausgasemissionen pro Prozess

Der Vergleich eines Elektrofahrzeugs mit einem Benzinfahrzeug zeigt, dass unter den getroffenen Annahmen in Abhängigkeit von der Herkunft des geladenen Stroms eine Amortisationsdauer von 1,6 bis 3,6 Jahren erreicht werden kann. Diese Amortisationsdauer verschlechtert sich im Falle eines Vergleichs mit einem Dieselfahrzeug sowie mit steigender Größe der Batterien. Jedoch bestehen, neben den gezeigten Verbesserungen der Klimabilanz durch den effizienten und erneuerbaren Energieeinsatz in der Batterieproduktion, weitere Verbesserungspotenziale durch den aktuell zu beobachtenden Trend der steigenden Energiedichte von Batterien.

Das Potenzial von Recycling und „Second-Life“-Ansätzen zur Reduktion des primären Lithium- und Kobaltbedarfs für die Batterieproduktion wird mithilfe eines dynamischen Materialflussmodels quantifiziert. Das entwickelte „Stock-and-Flow“-Modell bildet die Personenfahrzeuge sowie ausgewählte stationäre Batteriespeicheranwendungen in Deutschland bis 2050 ab. Durch diesen Ansatz werden Zeitabhängigkeiten und Verdrängungseffekte auf stationären Batteriespeichermärkten berücksichtigt. Es wird gezeigt, dass Recycling zu einer erheblichen Reduktion der Nachfrage nach Primärlithium und -kobalt führen kann. Jedoch beträgt unter den angesetzten Randbedingungen der Kobaltbedarf im Jahr 2050, selbst für ein konservatives Elektromobilitätsszenario, in etwa 2 % der derzeitigen globalen Kobaltproduktion. Die Einführung von „Second-Life“-Anwendungen führt zu kumulierten Einsparungen an Primärlithium von ca. 2-3 % über den betrachteten Zeitraum. Für Kobalt hingegen führen „Second-Life“-Konzepte kurz- bis mittelfristig zu einer Erhöhung der Primärrohstoffnachfrage, da kobalthaltige Traktionsbatterien weniger kobalthaltige stationäre Batteriespeicher verdrängen. Zudem führt die Verlängerung der Lebensdauer zu einer zeitlichen Verschiebung des Recyclingprozesses, sodass das Sekundärkobalt erst später zur Verfügung steht.

Da Elektrofahrzeuge (mit Batterien oder Brennstoffzelle) aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit sind, um erneuerbare Energien effizient und flächendeckend in den Verkehrssektor zu integrieren, ist die Verbesserung der Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen ein entscheidender Faktor zur Erreichung der Klimaziele. Die vorliegende Analyse zeigt, dass kreislaufwirtschaftliche Ansätze ein erhebliches Potenzial bieten, um den Ressourcenbedarf und die Emissionen in allen Phasen des Lebenszyklus eines Elektrofahrzeugs zu reduzieren.