01.08.2019

Neues Ausschreibungsverfahren für Primärregelleistung seit dem 1. Juli 2019 – eine erste Zwischenbilanz

Zum 01. Juli ist das Ausschreibungsverfahren für Primärregelleistung (PRL) der internationalen PRL-Kooperation(1) von dessen Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) angepasst worden. Die Umstellung umfasst im Wesentlichen drei wichtige Neuerungen ([1] und [2]). Für die Anbieter von Primärregelleistung sind insbesondere die beiden folgenden zu beachten:

  • Tägliche Ausschreibung:

Bis Mitte dieses Jahres erfolgte die Ausschreibung von PRL wöchentlich. Ab 01.07.2019 verkürzt sich der Zeitraum des Produktes von einer Woche auf einen Tag, wobei die Ausschreibung werktäglich d-2 um 15 Uhr erfolgt. Im Zuge einer weiterführenden Harmonisierung des europäischen PRL-Handels sollen die Ausschreibungen ab Juli 2020 d-1 um 8 Uhr durchgeführt werden und zudem die Produktdauer auf vier Stunden weiter verkürzt werden.

  • Marginal Pricing:

Bisher unterschied sich die Preisbestimmung auf dem Regelenergiemarkt in Deutschland von der des Spotmarkts. Während auf dem Spotmarkt alle Angebote nach dem Einheitspreisverfahren vergütet werden, galt bis zum 01. Juli auf den Regelenergiemärkten das Pay-as-bid-Verfahren, also eine Vergütung des tatsächlich gebotenen Preises. Anfang Juli ist nun auf dem Primärregelleistungsmarkt das Einheitspreisverfahren (Marginal Pricing) eingeführt wurden. Folglich werden alle Akteure der PRL-Kooperation mit dem gleichen Preis vergütet, sofern maximale Import- und Exportrestriktionen zwischen den Ländern in Kombination mit den Kernanteilen der Länder (minimale eigene PRL-Erbringung) nicht eine Entkopplung der Märkte bewirken.

Abbildung 1 analysiert die Entwicklung der PRL-Preise im Jahr 2019. Vor dem 01. Juli und damit der Ausschreibung nach dem alten PRL-Verfahren ist vereinfacht der leistungsgewichtete, mittlere wöchentliche PRL-Preis in der PRL-Kooperation auf die sieben Tage einer Woche gleich aufgeteilt worden. Nach dem 01. Juli ist der lokale Grenzpreis in Deutschland nach dem neuen PRL-Verfahren dargestellt. Vergleichend ist der Basepreis des deutschen Day-Ahead-Marktes aufgetragen, der allerdings keine große Korrelation zum PRL-Preis vermuten lässt. Es ist erkennbar, dass seit Anfang Juli der PRL-Preis eine wesentlich höhere Volatilität besitzt, und im Mittel um gut 20 €/MW/Tag angestiegen ist. Hier stehen die Effekte des neuen Einheitspreis-Verfahrens den verkürzten Produktdauern gegenüber. Ein Monat nach Einführung des neuen Verfahrens ist es allerdings deutlich zu früh, fundierte Rückschlüsse auf das Preisniveau zu ziehen. Die verkürzten Ausschreibedauern ermöglichen es Anbietern jedoch definitiv, ihr Portfolio flexibler an den Strommärkten zu vermarkten.

Abbildung 1: PRL Preis im Jahr 2019 nach altem Verfahren (vor 01.07) und neuem Verfahren (nach 01.07) basierend auf [3] und [4]

Weitergehende Informationen:

Tabelle 1 gibt einen Überblick über aktuelle länderspezifische Charakteristika der Kernanteile und der maximalen Import- bzw. Exportkapazitäten. Im Falle einer Entkopplung treten lokale Grenzpreise für die jeweiligen Länder auf, die sich auf die Vergütung der Akteure auswirken.

Tabelle 1: Charakteristik der PRL-Kooperation nach Ländern (basierend auf PRL-Ausschreibungsdaten für den 31.07.2019 [3])

Die dritte wesentliche Änderung betrifft die Abrechnung zwischen den Übertragungsnetzbetreibern:

  • ÜNB-ÜNB Abrechnungsmodell

Bis Ende Juni deckten die Übertragungsnetzbetreiber zunächst den nationalen PRL-Bedarf mit den günstigsten nationalen Angeboten und vergüteten diese entsprechend. Zusätzliche Angebote wurden mit einem durchschnittlichen Angebotspreis exportiert. Ab 01.07.2019 gilt das ÜNB-ÜNB-Abrechnungsmodell. Exportierende ÜNBs erhalten den ermittelten Grenzpreis von importierenden ÜNBs. Falls die Importkapazitäten ausgeschöpft sind, werden nationale Angebote mit einem lokalen Grenzpreis (folglich meist ein höherer Preis) vergütet, während Importe mit dem länderübergreifenden Grenzpreis vergütet werden. Ebenso werden bei ausgeschöpften Exportkapazitäten nationale Angebote mit einem lokalen Grenzpreis (folglich meist ein niedrigerer Preis) vergütet. Die Differenz der Zahlungen, die sich beispielsweise durch eine höhere Exportvergütung gegenüber dem lokalen zu vergütenden Grenzpreis ergibt, wird in der PRL-Kooperation aufsummiert und entsprechend der Nettoposition der ÜNBs (Bezuschlagtes Angebot – Nachfrage) proportional aufgeteilt.

[1] „Analyse und Bewertung von Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Regelenergiemarktes Strom“, Berlin: bdew, Juli 2019

[2] „TSOs’ proposal for the establishment of common and harmonised rules and processes for the exchange and procurement of Balancing Capacity for Frequency Containment Reserves (FCR) in accordance with Article 33 of Commission Regulation (EU) 2017/2195 establishing a guideline on electricity balancing“, Brüssel: entso-e, Oktober 2018

[3] „Regelleistung.net – Datencenter“, https://www.regelleistung.net/apps/datacenter/tenders/, Berlin, Pulheim, Bayreuth, Stuttgart: 50Hertz, Amprion, TenneT, TransnetBW

[4] „Market data – Day-Ahead Auction“, https://www.epexspot.com/en/market-data/dayaheadauction, Paris: EPEX SPOT

 

(1) Die PRL-Kooperation umfasst die Märkte von Deutschland, Belgien, Niederlande, Frankreich, Schweiz und Österreich