Dynamische Energie- und Materialflussanalyse zur Bewertung des Potenzials kreislaufwirtschaftlicher Ansätze zur Reduktion der Ressourcenkritikalität
Während die Energiewende den Bedarf an fossilen Brennstoffen reduziert, steigt die Nachfrage nach neuen Technologien, wie z. B. Batteriespeichern, von denen viele mit einem steigenden Bedarf an kritischen Rohstoffen wie beispielsweise Kobalt und Lithium einhergehen. Ein Rohstoff wird als kritisch bezeichnet, wenn seine Bereitstellung mit Versorgungs- und/oder Umweltrisiken verbunden ist. Um dem Auftreten neuer Rohstoffrisiken entgegenzuwirken, sind daher Maßnahmen erforderlich, um die Ressourcenkritikalität von Schlüsseltechnologien für die zukünftige Energieversorgung zu reduzieren. Die Kreislaufwirtschaft (engl. Circular Economy) wird oft als Lösung vorgeschlagen, um die Umweltbelastung von Rohstoffen zu reduzieren, Versorgungsrisiken zu mindern und neue Möglichkeiten der Wertschöpfung zu schaffen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit kreislaufwirtschaftliche Ansätze wie Recycling und Wiederverwendung tatsächlich zu einer Verringerung der Ressourcenkritikalität zukünftiger Energietechnologien führen und ob Zielkonflikte zwischen Versorgungs- und Umweltrisiken bestehen.
Eine statische Bewertung mithilfe von Methoden der Ökobilanzierung (engl. Life Cycle Assessment – LCA) und der Materialflussanalyse (MFA) hat gezeigt, dass Zeitverzögerungen, Substitutionseffekte, Rückkopplungen mit dem Energiesystem und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Kreislaufwirtschaftsansätzen eine prospektive und systemische Bewertung erforderlich machen. Daher wird als Methodik eine szenarienbasierte dynamische Energie- und Materialflussanalyse vorgeschlagen, um das Potenzial von kreislaufwirtschaftlichen Ansätzen zur Reduktion der Ressourcenkritikalität zu bewerten. In diesem Zuge werden MFA- und LCA-Methoden gekoppelt, um die kritische Rohstoffnachfrage und die energiebedingten Treibhausgasemissionen (THG) zu quantifizieren.
Der entwickelte methodische Ansatz wird anhand des Beispiels von Elektrofahrzeugbatterien erläutert. Ein „Stock and Flow“-Modell des deutschen Verkehrssektors mit einem Zeithorizont bis 2050 wird um die Energie- und Stoffströme erweitert, die mit den jährlich ein- und ausgehenden Elektrofahrzeugen verbunden sind. Für das Lebensende (engl. End-of-Life – EoL) werden verschiedene Szenarien definiert, um die Auswirkungen eines verstärkten Recyclings (rec) und einer Weiterverwendung (engl. Second-Life – SL) von Traktionsbatterien in stationären Anwendungen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Ansätzen aufzuzeigen. Im Falle von SL-Anwendungen werden auch die Substitutionseffekte in stationären Batteriemärkten berücksichtigt.
Der Vergleich der EoL-Szenarien zeigt, dass SL-Anwendungen je nach Rahmenbedingungen zu Konflikten zwischen den beiden Kritikalitätsindikatoren „kritische Rohstoffnachfrage“ und „energiebedingte THG-Emissionen“ führen können. Während im analysierten Fall die SL-Anwendung zu einer Reduktion der THG-Emissionen führt, ist ein Anstieg des Kobaltbedarfs zu beobachten (vgl. Abbildung). Dies ist auf den verzögerten Recyclingprozess und die Substitution einer weniger kobalthaltigen Technologie zurückzuführen.